Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufrechnung. Verwaltungsakt. Öffentlich-rechtliche Willenserklärung. Ermessen. Prozesskostenhilfe. Hinreichende Aussicht auf Erfolg. Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Behörde ist befugt, eine Aufrechnung nach § 51 SGB I durch Verwaltungsakt vorzunehmen.
2. Ob und in welchem Umfang die Behörde eine Aufrechnung vornimmt steht in ihrem Ermessen. Der Betroffene hat einen Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens.
3. Auch wer Sozialhilfe bezieht muss für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abgeben und hierfür den amtlichen Vordruck verwenden.
Normenkette
SGB I § 39 Abs. 1 S. 1, § 51; SGB X § 31; SGG § 73a; ZPO §§ 114, 117
Tenor
Die Beschwerdeverfahren L 28 B 7/07 SO PKH und L 8 B 180/07 SO PKH werden unter dem Aktenzeichen L 8 B 7/07 SO PKH zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
Der Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 17. November 2006 wird aufgehoben.
Dem Kläger wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht Augsburg S 15 SO 68/05 ab 28. November 2006 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt B., B-Straße, B-Stadt, bewilligt.
Gründe
I.
Im vorliegenden Verfahren ist zwischen den Beteiligten die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt B. streitig.
Im Hauptsacheverfahren ist zu klären, ob der Beklagte berechtigt war, einen Teil der ihm vor dem 1. Januar 2005 gewährten Leistungen nach dem Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (GSiG) zur Befriedigung eines Rückforderungsanspruchs einzubehalten sowie die Höhe der dem Kläger zustehenden Leistungen nach dem GSiG.
Mit Bescheid vom 10. April 2001 forderte der Beklagte vom Kläger zu Unrecht gewährte Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von 29.500, 24 € zurück. Mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts Augsburg vom 10. Juni 2002 wurde der Kläger wegen Sozialhilfebetrugs, den er durch Empfang rechtswidrig gewährter Sozialhilfeleistungen begangen hatte, zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. In den Bewährungsauflagen wurde der Kläger verpflichtet den verursachten Schaden nach Kräften auszugleichen.
Am 27. Dezember 2002 beantragte der Kläger Grundsicherungsleistungen ab 1. Januar 2003. Bis zu diesem Zeitpunkt erhielt er laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz. Mit Bescheid vom 1. September 2003 gewährte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis 30. Juni 2003 Grundsicherungsleistungen in Höhe von 550,07 € monatlich und vom 1. Juli 2003 bis 30. Juni 2005 in Höhe von 551,64 € monatlich (einschließlich Heizkosten). Dabei wurde die Erwerbsunfähigkeitsrente des Klägers in Höhe von 158,96 € monatlich bei der Leistungsberechnung als Einkommen angerechnet. Gleichzeitig erfolgte eine Aufrechnung mit den mit Bescheid vom 10. April 2001 zurückgeforderten Leistungen in Höhe von 29.500,24 €. Es wurde bestimmt, dass von der jeweiligen Monatsleistung ein Betrag in Höhe von 42,60 € ab 1. April 2003 und in Höhe von 43,05 € ab 1. Juli 2003 einbehalten und an das Landratsamt A-Stadt überwiesen werde. Da lediglich der 15-prozentige Zuschlag einbehalten wurde, entstehe beim Kläger keine Hilfebedürftigkeit.
In einer Anlage zum Bescheid vom 1. September 2003 wurde ausgeführt, der Beklagte habe dem Kläger bis zur Entscheidung über den Grundsicherungsanspruch im Zeitraum vom 1. Januar bis 30. September 2003 Hilfe zum Lebensunterhalt gewährt. Der Gesamtbetrag in Höhe von insgesamt 4292,22 € an laufender Hilfe zum Lebensunterhalt wurde mit den bewilligten Ansprüchen nach dem GSiG in Höhe von 4698,39 € aus demselben Zeitraum verrechnet. Auch zu einer Auszahlung eines Differenzbetrages in Höhe von 406,17 € komme es nicht, weil dem Kläger in der vorgenannten Abrechnungsperiode zusätzlich zu den laufenden Leistungen zur Hilfe zum Lebensunterhalt auch noch zwei einmalige Beihilfen für Kleidung in Höhe von 256,00 € und Brennstoffbeschaffungen in Höhe von 380,00 Euro gewährt worden seien, die rechnerisch bereits in den Grundsicherungsleistungen enthalten seien.
Hiergegen wendete sich der Kläger mit seinem Widerspruch vom 4. September 2003 mit der Begründung, die Verrechnung (Aufrechnung) des Rückforderungsanspruches mit den Grundsicherungsleistungen sei rechtswidrig, weil dieser bereits aufgrund einer vollständigen Schadensregulierung durch die Bayerische Versicherungskammer erloschen sei. Zudem sei für den Abrechnungszeitraum die Hilfe zum Lebensunterhalt bereits um 71 € gekürzt worden.
Der Kläger beantragte am 30. Oktober 2003 eine Erhöhung der Leistungen wegen einer Mieterhöhung zum 1. Januar 2004. Mit Bescheid vom 20. November 2003 setzte die Beklagte die Grundsicherungsleistungen für den Zeitraum Januar bis Juni 2004 neu fest. Es wurden weiterhin 43,05 € monatlich an das Landratsamt A-Stadt überwiesen. Hiergegen erhob der Kläger am...