Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Ablehnung eines Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit. Rechtzeitigkeit des Ablehnungsgesuchs bei sich erst aus der Untersuchungssituation ergebenden Ablehnungsgründen
Leitsatz (amtlich)
Wird ein Befangenheitsgrund geltend gemacht, der sich aus der Untersuchungssituation ergebe, so ist das Gesuch unverzüglich und nicht erst nach Bekanntgabe des schriftlichen Gutachtens anzubringen.
Tenor
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 12. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Besorgnis der Befangenheit gegenüber der Sachverständigen Dr. P. begründet ist.
Im Ausgangsverfahren vor dem Sozialgericht München macht der Beschwerdeführer eine Wehrdienstbeschädigung geltend. Eine psychische Erkrankung führt er auf den von ihm in der Zeit vom 01.07.1985 bis 30.09.1986 abgeleisteten Grundwehrdienst zurück. Die von den behandelnden Ärzten ab 2001 gestellten Diagnosen lauten zusammengefasst: Psychovegetatives Syndrom, depressives Syndrom, Mayor-Depression, Angstsymptomatik, paranoide Psychose, neurotische Entwicklung mit narzistischen und hypochondrischen sowie zwanghaften Zügen. Seinen Antrag vom 29.11.2005 auf Beschädigtenversorgung verbeschied der Beklagte mit Verwaltungsakt vom 13.10.2006 negativ. Die in Erscheinung getretenen Gesundheitsstörungen seien nicht Folge einer Wehrdienstbeschädigung sondern auf die Persönlichkeitsstruktur zurückzuführen. Den Widerspruch wies der Beklagte zurück.
Im dagegen gerichteten Klageverfahren ernannte das Sozialgericht mit Beweisanordnung vom 08.06.2009 die Neurologin und Psychiaterin Dr. P. zur Sachverständigen. Es beauftragte sie insbesondere die Frage zu beantworten, ob die geltend gemachten Gesundheitsstörungen durch schädigende Ereignisse des Wehrdienstes hervorgerufen oder verschlimmert worden seien. Die Beweisanordnung gab das Sozialgericht dem Beschwerdeführer am 08.06.2009 zur Kenntnis.
Am 14.08.2009 ging das Gutachten aufgrund einer ambulanten Untersuchung des Beschwerdeführers am 04.08.2009 beim Sozialgericht ein. Am 18.08.2009 teilte das Sozialgericht dem Bevollmächtigten des Beschwerdeführers lediglich das Ergebnis mit, dass die Erkrankung weder ursächlich noch teilursächlich auf Vorkommnisse aus der Wehrdienstzeit zurückzuführen sei. Es empfahl, dem Beschwerdeführer das Gutachten durch einen Arzt oder Psychotherapeuten eröffnen zu lassen. Der Bevollmächtigte des Beschwerdeführers bat am 23.08.2009, ihm das Gutachten zur Kenntnis zu geben unter der Versicherung, es nicht dem Beschwerdeführer zu überlassen. Vorab äußerte er, er bezweifle, dass eine Frau wie die Gutachterin, die selbst nicht gedient habe, eine Vorstellung von wehrdiensteigentümlichen Verhältnissen habe.
Das Gutachten wurde ihm am 09.09.2009 mit Frist zur Stellungnahme bis 09.10.2009 übersandt. Mit Schriftsatz vom 01.10.2009, eingegangen am 07.10.2009, lehnte der Beschwerdeführer die Sachverständige wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Die Gutachterin habe ihre Aufgabe einseitig umformuliert und die Kausalitätsprüfung im eigentlichen Sinne überhaupt nicht durchgeführt. Sie habe das Thema verfehlt. Denn sie habe nur die Schizophrenie beleuchtet aber nicht die Depression und deren Ursachen. Sie habe den Sachverhalt nicht erfasst und habe selbst bei der körperlichen Untersuchung von ihrem vorgefassten Meinungsbild nicht abweichen können und sich gegenüber dem Beschwerdeführer herablassend gebärdet. Ihre Ausführungen und Schlussfolgerungen zeigten völlige Unkenntnis wehrdiensteigentümlicher Verhältnisse wie auch des Versorgungsrechts. Das Gutachten sei insgesamt unbrauchbar.
Mit Beschluss vom 12.10.2009 wies das Sozialgericht das Gesuch auf Ablehnung der Sachverständigen Dr. P. wegen Besorgnis der Befangenheit zurück. Sofern Gründe genannt würden, die sich aus der Untersuchungssituation ergäben, sei das Gesuch verspätet. Solche Gründe müssten unverzüglich geltend gemacht werden, seien aber nicht einmal im Schriftsatz vom 18.08.2009 bzw. innerhalb der bis 25.09.2009 eingeräumten Frist zur Stellungnahme vorgebracht worden. Ablehnungsgründe im Zusammenhang mit dem schriftlichen Gutachten seien nicht glaubhaft gemacht worden. Die Sachverständige habe sich an das Beweisthema gehalten und sich zum Kausalitätszusammenhang geäußert. Eine Parteilichkeit zu Ungunsten des Beschwerdeführers sei nicht zu erkennen.
Gegen den Beschluss legte der Beschwerdeführer am 30.10.2009 Beschwerde ein. Er wiederholte im Wesentlichen sein Vorbringen zur Begründung des Befangenheitsantrags. Ergänzend führte er an, er habe die Untersuchungssituation sehr enttäuschend empfunden und sei aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht in der Lage gewesen, die 14-tägige Frist für den Befangenheitsantrag einzuhalten. Die herablassende Behandlung durch die Gutachterin habe ein Übriges getan, um ihn in einen Gemütszustand zu versetzen, der einer objekti...