Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Ablehnung eines Sachverständigen. Rechtzeitigkeit des Ablehnungsgesuchs. Begründung des Ablehnungsgesuchs. Mängel des schriftlich abgefassten Gutachtens
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Rechtzeitigkeit eines Gesuchs auf Ablehnung eines Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit.
2. Unzulässigkeiten, Fehlerhaftigkeit, Unvollständigkeit des Gutachtens und mangelnde Sachkunde des Sachverständigen begründen ein solches Gesuch nicht.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München 07.03.2008 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Besorgnis der Befangenheit gegenüber dem Sachverständigen Dr. B. begründet ist.
Im Ausgangsverfahren (S 30 V 17/07) begehrt der 1926 geborene Beschwerdeführer die Feststellung weiterer Gesundheitsstörungen als Folge seiner Kriegsverletzung, eines Lungensteckschusses, und Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 v.H. statt wie bisher um 40 v.H.
Mit Beweisanordnung vom 30.11.2007 ernannte das Sozialgericht (SG) den Lungen- und Bronchialarzt, Internisten Dr. B. zum Sachverständigen und beauftragte ihn, zur Frage, ob weitere Gesundheitsstörungen, als im Bescheid vom 30.04.2003 anerkannt, Folgen der Schädigung seien und wie hoch die MdE einzuschätzen sei, Stellung zu nehmen. Dies wurde dem Beschwerdeführer am 30.11.2007 bekannt gegeben. Am 02.01.2008 ging das Gutachten des Dr. B. vom 17.11.2007 ein. Darin wurden keine weiteren Gesundheitsstörungen als Schädigungsfolgen festgestellt, und die Gesamt-MdE wurde mit 40 v.H. bestätigt. Das Gutachten wurde dem Beschwerdeführer am 07.01.2008 zur Kenntnis gegeben mit Frist zur Stellungnahme innerhalb eines Monats.
Mit Schreiben vom 09.02.2008, eingegangen bei Gericht am 22.02.2008, lehnte der Beschwerdeführer den Sachverständigen Dr. B. wegen Befangenheit ab. Er vermute, neuere ärztliche Befunde hätten dem Sachverständigen nicht vorgelegen, was sein Gutachten unglaubwürdig erscheinen lasse. Auch hätte der Sachverständige erwähnen müssen, dass frühere Gutachter und Operateure wider besseres Wissen ein falsches ärztliches Zeugnis ausgestellt hätten. Dr. B. habe den Umfang der seinerzeit nach dem Lungensteckschuss eingetretenen Entzündung bagatellisiert. Er habe seine Psyche als leidensfixiert bezeichnet, was darauf schließen lasse, dass der Gutachter voreingenommen sei. Er habe sich unlauterer Mittel bedient. Im Übrigen rügte er ein seiner Meinung nach gesetzwidriges Verhalten der Beklagten und der Gerichte.
Mit Beschluss vom 07.03.2008 wies das SG das Befangenheitsgesuch ab. Der Antrag sei unbegründet. Der Vorwurf des Beschwerdeführers, im Gutachten seien bedeutsame Fakten und Informationen übersehen oder falsch bewertet worden, betreffe die Beanstandung des Inhalts und bekunde keine persönlich geprägte negative Haltung des Sachverständigen gerade gegenüber dem Beschwerdeführer. Der Beschluss wurde dem Kläger am 27.03.2008 zugestellt.
Mit am 27.04.2008 bei Gericht per Fax eingegangener Beschwerde wiederholte der Beschwerdeführer, er habe Unstimmigkeiten und Mängel im Gutachten festgestellt. Das Gutachten dürfe nicht zur Grundlage eines Urteils gemacht werden. Wie schon in zahlreichen früheren Gutachten verwende auch Dr. B. die Formulierung, er habe ausschließlich nach dem jetzigen Stand der medizinischen Wissenschaft entschieden. Mitwirkende Stoffe mit Einfluss auf die Entwicklung einer bei ihm bestehenden Pneumonie seien nicht richtig bewertet worden. Befunde, die zu seinen Gunsten sprächen, habe der Sachverständige nicht verwertet. Der einzig wahre Befund sei im Operationsbericht vom 27.08.1956 und im histologischen Befund des Prof. Dr. S. enthalten. Darüber hinaus lehnte der Beschwerdeführer den Vorsitzenden der 30. Kammer des SG ab.
Der Beklage erklärte, er sehe von einer Stellungnahme zur Beschwerde ab.
Der Kläger beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts München vom 07.03.2008 aufzuheben und seinem Gesuch auf Ablehnung des Sachverständigen Dr. B. wegen Besorgnis der Befangenheit stattzugeben.
II.
Die statthafte und zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist unbegründet. Ob § 172 in der Fassung des Art.29 des Sozialgerichtsgesetz- und Arbeitsgerichtsgesetz-Änderungsgesetzes vom 26.03.2008 gilt, weil der Beschluss noch vor dem In-Kraft-treten zum 01.04.2008 zugestellt worden ist, kann dahinstehen, weil auch die Neufassung gegenüber der bisherigen Fassung keine Änderung hinsichtlich des hier zu entscheidenden Streites enthält.
Nach § 118 Abs.1 SGG sind im sozialgerichtlichen Verfahren über die Ablehnung eines Sachverständigen die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) anzuwenden. Nach §§ 406 Abs.2 Satz 1, 411 Abs.1 ZPO ist der Ablehnungsantrag bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung zu stellen und zu einem späteren Zeitpunkt nach § 406 Abs.2 Satz 2 ZPO nur dann, wenn der Antragsteller Gründe ...