Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweiliger Rechtsschutz. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Eingliederungsleistungen. Förderung der beruflichen Weiterbildung. Ermessensentscheidung. keine Ermessensreduzierung auf Null. keine Durchsetzbarkeit im Eilverfahren. Effektiver Rechtsschutz
Leitsatz (amtlich)
1. Leistungen, die im Ermessen einer Behörde stehen, können regelmäßig nicht im Wege eines Eilverfahrens zugesprochen werden. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung zugunsten eines Antragstellers setzt voraus, dass das Ermessen der Behörde auf Null reduziert ist.
2. Eine Weiterbildungsmaßnahme nach § 16 SGB 2 ist grundsätzlich nicht im Wege einer einstweiligen Anordnung durchsetzbar.
Normenkette
SGB II § 16 Abs. 1 S. 2; SGB III § 81 Abs. 1; SGB I § 39; SGG § 86b Abs. 2
Tenor
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 20. Januar 2014 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Bf) begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vom Beschwerdegegner und Beklagten (Bg) die Übernahme von Weiterbildungskosten.
Mit Schreiben vom 22.11.2013 beantragte der Bf beim Bg einen Bildungsgutschein für die Teilnahme an einem Lehrgang als Betreuungs- und Pflegeassistent. Der Kurs startete am 13.01.2014, er dauert sechs Monate und kostet insgesamt 2.480 €.
Mit Bescheid vom 13.01.2014 lehnte der Bg den Antrag ab. Die Anspruchsvoraussetzungen für eine Förderung lägen nicht vor, da unter Berücksichtigung der Gesamtumstände (Berufsverlauf, bisherige erfolglose Eingliederungsmaßnahmen, Alter des Bf und Belastbarkeit des Bf) nicht davon auszugehen sei, dass die angestrebte berufliche Qualifizierung die fast 30-jährige Arbeitslosigkeit des Bf beendet werde.
Am 08.01.2014 stellte der Bf Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Regensburg. Der Lehrgang beginne am 13.01.2014 und er benötige bis dahin die Zusicherung der Kostenübernahme.
Mit Beschluss vom 20.01.2014 lehnte das Sozialgericht Regensburg den Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Der Bf habe keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 SGB II iVm § 81 Abs. 1 SGB III könnten Kosten der beruflichen Weiterbildung nur dann gefördert werden, wenn die Weiterbildung notwendig sei, um einen Arbeitslosen oder Leistungsberechtigten beruflich einzugliedern. Es handle sich bei der Entscheidung des Beklagten um eine Ermessensentscheidung. Eine einstweilige Anordnung käme in den Fällen, in denen der Verwaltung ein Ermessen zustehe nur in Betracht, wenn das Ermessen aufgrund besonderer Umstände auf Null reduziert ist. Gründe, die eine solche Ermessenreduzierung auf Null rechtfertigen könnten, seien vom Bf weder vorgetragen noch für das Gericht ersichtlich.
Hiergegen hat der Bf Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Es bestehe ein Anordnungsgrund, da die Weiterbildungsmaßnahme lediglich bis Ende Januar 2014 aufgenommen werden könne, so dass er nicht auf das reguläre Klageverfahren verwiesen werden könne. Darüber hinaus habe der Bg seine Ablehnung damit begründet, dass die Förderung einer beruflichen Qualifikation nur noch in Verbindung mit einer Einstellungszusage eines Arbeitgebers erfolgen könne. Eine Einstellungszusage als Voraussetzung für jegliche Weiterbildungsmaßnahmen vorauszusetzen, sei ermessensfehlerhaft. Betreuungs- und Pflegehilfskräfte würden dringend gesucht. Auch das Alter des Bf spiele keine Rolle, da Pflegehilfskräfte eine der wenigen Möglichkeiten darstelle, wieder beruflich im Alter eingegliedert zu werden. Da der Bg auch mitgeteilt habe, dass andere Eingliederungsmaßnahmen für den Bf nicht angeboten werden können, bedeute dies letztlich, dass der Bf von jeglicher Weiterbildung ausgeschlossen sei.
Der Bg hat sich bislang im Beschwerdeverfahren noch nicht geäußert.
II.
Die zulässige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Bf zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt noch an der gewünschten Weiterbildungsmaßnahme teilnehmen könnte und sich sein Begehren nicht zwischenzeitlich durch Zeitablauf erledigt hat, § 39 SGB X.
Denn zutreffend ist das Sozialgericht davon ausgegangen, dass es an einem Anordnungsanspruch zugunsten des Bf fehlt.
Nach § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II iVm § 81 Abs. 1 SGB III "kann" der Bg Weiterbildungsmaßnahmen fördern, wenn dies für die berufliche Eingliederung eines Leistungsberechtigten notwendig ist. Die Leistung steht mithin im Ermessen des Bg. Auch bei Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 81 Abs. 1 SGB III gibt das Gesetz daher keine bestimmte Rechtsfolge vor. Der Bf hat insofern lediglich einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung nach § 39 SGB I, nicht aber auf eine bestimmte Leistung.
Nur wenn das Ermessen ausschließlich in einem bestimmten Sinne rechtmäßig ausgeübt werden kann und jede andere Entscheidung rechtswidrig wäre, besteht ein Anspruch auf diese einzig mögliche rechtmäßige Entscheidung, nämlich hier die begehrte Zusicherung der Kostenübernahme. Nur im...