Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende: Hausbesuche durch das Jobcenter

 

Leitsatz (amtlich)

1. Hausbesuche durch das Jobcenter sind Leistungsberechtigten grundsätzlich zumutbar.

2. Wird ein Hausbesuch verweigert, kann das Jobcenter im Rahmen der Beweiswürdigung zum Ergebnis kommen, dass Leistungen nicht bewilligt werden.

 

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 2. September 2016, S 54 AS 1799/16 ER wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Bf) wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen Hausbesuche durch den Antragsgegner und Beschwerdegegner (Bg) im Rahmen des Vollzugs des SGB II.

Die Bf steht im laufenden Leistungsbezug nach dem SGB II beim Bg, zuletzt als Auszubildende nur noch wegen eines Zuschusses zu den Kosten für Unterkunft und Heizung (KdUH) nach § 27 SGB II. Die Bf führte und führt während des Bezugs von SGB II-Leistungen zahlreiche Verfahren gegen den Bg.

Aus dem Jahr 2014 ist beim Sozialgericht München noch ein Verfahren anhängig, bei dem es u.a. um die Übernahme von Wasserschäden in der Küche der Bf geht. Nachdem der Bg zur Klärung der Küchenschäden am 18.04.2016 erfolglos einen unangemeldeten Hausbesuch bei der Bf durchführen wollte, kündigte der Bg mit Schreiben vom 18.04.2016 einen Hausbesuch bei der Bf für den 20.04.2016 an.

Hiergegen erhob die Bf am 20.04.2016 Widerspruch, den der Bg mit Widerspruchsbescheid vom 12.07.2016 als unzulässig verwarf; die Ankündigung eines Hausbesuchs sei kein anfechtbarer Verwaltungsakt.

Mit ihrer am 22.07.2016 zum Sozialgericht erhobenen Klage begehrt die Bf die Verpflichtung der Bg, künftig unangekündigte bzw. angekündigte Hausbesuche zu unterlassen. Hilfsweise begehrt die Bf die Aufhebung des Widerspruchsbescheides sowie Aufhebung des Bescheides vom 18.04.2016 bzw. die Feststellung, dass die Durchführung von Außenermittlungen, insbesondere der unangekündigte Hausbesuch am 18.04.2016 und der für den 20.04.2016 angekündigte Hausbesuch, rechtswidrig gewesen seien.

Gleichzeitig mit Klageerhebung beantragte die Bf. einstweiligen Rechtsschutz zu diesem Hauptverfahren.

Den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz lehnte das Sozialgericht München mit Beschluss vom 02.09.2016 ab.

Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz sei unzulässig. In der Hauptsache sei statthaft eine vorbeugende Unterlassungsklage, die als Prozessvoraussetzung ein besonderes Rechtsschutzinteresse einschließlich einer Wiederholungsgefahr bedürfe. Eine Wiederholungsgefahr sei hier nicht ersichtlich. Der Bg halte einen weiteren Hausbesuch bei der Bf für nicht erforderlich, wie dieser auch im Eilverfahren bestätigt habe. Auch aus dem Versuch der Bg vom 18.04.2016, einen Hausbesuch durchzuführen, ergebe sich keine Wiederholungsgefahr, da der Bg keinen weiteren Ermittlungsbedarf sehe; der Hausbesuch sei lediglich zur Klärung der Küchenschäden versucht worden. Da die Klage in der Hauptsache unzulässig sei, sei auch der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz unzulässig.

Hiergegen hat die Bf Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt, ohne diese zu begründen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

In der Sache sind zwei Begehren der Bf ersichtlich, nämlich erstens vorbeugender Rechtsschutz gegen Hausbesuche im allgemeinen, entweder über eine vorbeugende Unterlassungsklage oder eine Feststellungsklage (vgl. etwa BSG, Urteil vom 24.04.2015, B 4 AS 39/14 R, zur Unterlassungsklage und BSG, Urteil vom 15.06.2015, B 4 AS 36/15 R, zur Feststellungsklage sowie Urteile des BSG vom 28.03.2013, B 4 AS 42/12 R, und vom 25.06.2015, B 14 AS 30/14 R), und zweitens die Feststellung, dass der am 18.04.2016 (gescheiterte) Hausbesuch bzw. der für den 20.04.2016 angekündigte und dann nicht durchgeführte Hausbesuch rechtswidrig waren (als Feststellungsklagen bzw. als Fortsetzungsfeststellungsklagen, soweit es sich um Verwaltungsakte gehandelt haben sollte, vgl. BSG, Beschluss vom 19.12.2011, B 14 AS 146/ 11 B Rz 6 zur Verwaltungsaktqualität der Aufforderung zur Mitwirkung durch Meldung).

1. Ein Anordnungsgrund ist für beide Begehren nicht ersichtlich.

a) Eilbedürftigkeit ist im Hinblick auf mögliche künftige Hausbesuche bzw Ankündigungen von Hausbesuchen nicht ersichtlich.

Denn der Bg hat im Rahmen des Verfahrens vor dem Sozialgericht versichert, dass der Hausbesuch lediglich zur Klärung des Küchenschadens dienen sollte und weitere Hausbesuche nicht geplant sind. Die Bf. hat nicht dargelegt, dass entgegen dieser Einlassung des Bg die Gefahr eines Hausbesuches bestünde, nachdem auch nicht ersichtlich ist, weshalb für einen Zuschuss nach § 27 SGB II - anders als zur Feststellung eines Küchenschadens - ein Hausbesuch notwendig sein sollte.

b) Eilbedürftigkeit ist auch für die inzwischen erledigten Hausbesuchsversuche vom 18.04.2016 und vom 20.04.2016 weder glaubhaft vorgetragen noch ersichtlich.

Zur Klärung der Rechtmäßigkeit des unangekündigten Hausbesuchs bzw der Ankündigung...

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