Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren: Entschädigung von Verfahrensbeteiligten für die Teilnahme an gerichtlichen Terminen. Höhe der Entschädigung bei mehrtägigem Verdienstausfall wegen einer eintägigen Abwesenheit. Erforderlichkeit der Kosten bei der Entschädigung von Fahrtkosten
Leitsatz (amtlich)
1. Zu entschädigen ist die nach objektiven Maßstäben zu ermittelnde gesamte Dauer der Heranziehung einschließlich notwendiger Reise und Wartezeiten, nicht mehr wie früher unter Geltung des ZuSEG die versäumte Arbeitszeit. Die konkret ausgefallene Arbeitszeit ist daher nicht zu ermitteln.
2. Für die Entschädigung wegen Verdienstausfalls ist es ohne Bedeutung, wenn der Antragsteller infolge des eintägigen Gerichtstermins an mehreren Tagen keinen Verdienst erzielen konnte.
Orientierungssatz
1. Bei der Entschädigung der erforderlichen Fahrtkosten eines Verfahrensbeteiligten zur Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung im sozialgerichtlichen Verfahren werden nicht nur die Kosten für die kürzeste Strecke, sondern alternativ auch diejenigen für die schnellste Strecke berücksichtigt und auf Antrag erstattet.
2. Auch wenn ein Verfahrensbeteiligter im sozialgerichtlichen Verfahren wegen der Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung einen Dienstleistungsauftrag im Rahmen seiner selbständigen Tätigkeit nicht übernehmen kann, der sich über mehrere Tage erstreckt hätte, wird die Entschädigung für Verdienstausfall nur für denjenigen Zeitraum gewährt, den der Betroffene für die Teilnahme am Gerichtstermin, einschließlich Reisezeiten, tatsächlich aufwenden musste. Denn der Verdienstausfall ist nicht nach dem Modell eines echten Schadensersatzanspruches konstruiert (entgegen LSG Chemnitz, Beschluss vom 15. Februar 2011, Az.: L 6 SF 47/09 ERI).
Tenor
Die Entschädigung des Antragstellers für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung am 15.01.2014 wird auf 293,50 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt eine Entschädigung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) wegen der Teilnahme an einem Gerichtstermin. Insbesondere geht es um die Frage, ob wie hoch die Entschädigung für Verdienstausfall ist.
In dem am Bayerischen Landessozialgericht (LSG) unter dem Aktenzeichen L 4 KR 329/1 geführten Rechtsstreit fand am 15.01.2014 eine mündliche Verhandlung statt, an der der Antragsteller als Beigeladener nach Anordnung des persönlichen Erscheinens teilnahm. Die auf 12.30 Uhr terminierte mündliche Verhandlung dauerte von 13.25 Uhr bis 17.20 Uhr.
Mit bei Gericht am 10.04.2014 eingegangenem Entschädigungsantrag beantragte der Antragsteller die Entschädigung für das Erscheinen bei der mündlichen Verhandlung. Zum einen beantragte er die Entschädigung für Verdienstausfall als selbstständiger Spediteur. Er gab an, dass er am 14.01.2014 nach Portugal fahren hätte sollen. Durch den Gerichtstermin sei ihm ein Verdienstausfall von ca. 2.500,- € entstanden; den Transportauftrag legte er bei. Zum anderen beantragte er Fahrtkostenersatz und Ersatz von Parkgebühren, ohne dass er letztere beziffert oder belegt hätte. Er gab an, um 9.30 Uhr von zu Hause weggefahren und um 20.30 Uhr wieder daheim gewesen zu sein. Die Fahrtstrecke mit dem PKW habe einfach 167 km betragen.
Als Entschädigung wurde dem Antragsteller mit Schreiben der Kostenbeamtin vom 23.05.2014 ein Betrag von 293,50 € bewilligt. Der Entschädigungsbetrag setzte sich aus 83,50 € für 334 km Fahrtstrecke und 210,- € für Verdienstausfall (10 Stunden zum Höchstsatz von 21,- € je Stunde) zusammen.
Dagegen hat sich der Antragsteller mit Schreiben vom 11.06.2014 gewandt. Wegen des Gerichtstermins habe er einen Auftrag seiner Firma absagen müssen. Der Ausfall sei weit höher als die angebotene Entschädigung.
Der Senat hat den Antragsteller mit Schreiben vom 03.07.2014 ausführlich erläutert, warum eine Entschädigung für Verdienstausfall nicht in Betracht komme. Eine Reaktion des Antragstellers darauf ist nicht erfolgt.
II.
Die Festsetzung der Entschädigung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier der Berechtigte mit Schreiben vom 11.06.2014 sinngemäß die gerichtliche Festsetzung dadurch beantragt, dass er sich gegen die Höhe der von der Kostenbeamtin gewährten Entschädigung wendet.
Die Entschädigung für die Wahrnehmung des Gerichtstermins am 15.01.2014 ist auf 293,50 € festzusetzen, wie dies bereits durch die Kostenbeamtin erfolgt ist. Ein Anspruch auf eine höhere Entschädigung für Verdienstausfall besteht nicht.
Beteiligte eines gerichtlichen Verfahrens sind gemäß § 191 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wie Zeugen zu entschädigen, sofern es sich wie hier um ein gerichtskostenfreies Verfahren im Sinn des § 183 SGG handelt. Die Entschädigung ergibt sich aus dem JVEG. Die Entschädigungstatbestände (für einen Zeugen) sind in § 19 JVEG aufgelistet.
1. Prüfungsumfang im Verfahren der gerichtlichen Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG
Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Berechnun...