Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren: Entschädigung einer Partei wegen Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung. zeitlicher Maßstab für die Bemessung eines Verdienstausfalls. Fahrtkostenersatz bei Nutzung einer Wochenkarte
Leitsatz (amtlich)
1. Zu entschädigen ist die nach objektiven Maßstäben zu ermittelnde gesamte Dauer der Heranziehung einschließlich notwendiger Reise und Wartezeiten, nicht mehr wie früher unter Geltung des ZuSEG die versäumte Arbeitszeit. Die konkret ausgefallene Arbeitszeit ist daher nicht zu ermitteln und für die Entschädigung ohne Bedeutung.
2. Kosten einer Wochenkarte können im Rahmen der Fahrtkostenerstattung für das Erscheinen bei einem Gerichtstermin weder voll noch anteilig erstattet werden.
Orientierungssatz
1. Für die Geltendmachung eines Verdienstausfall einer Klagepartei für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung muss im Vollbeweis lediglich der Nachweis erbracht werden, dass tatsächlich ein Ausfall entstanden ist. Auf die genaue Höhe kommt es insoweit nicht an.
2. Bei der Ermittlung des zu entschädigenden Verdienstausfalls ist nur die Zeit zu berücksichtigen, die tatsächlich für die Teilnahme an der Sitzung, einschließlich der Reise und Wartezeiten, aufgewendet wurde. Ein darüber hinausgehender Verdienstausfall erfolgt dagegen nicht, auch wenn die Tätigkeit am Tag des Gerichtstermins insgesamt nicht mehr ausgeübt und somit auch kein Verdienst erzielt wurde (hier: wegen unbezahlten Urlaubs).
Tenor
Die Entschädigung des Antragstellers wegen des Gerichtstermins am 14.04.2015 wird auf 38,78 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt eine Entschädigung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) wegen der Teilnahme an einem Gerichtstermin.
In dem am Bayer. Landessozialgericht (LSG) unter dem Aktenzeichen L 16 AS 155/14 geführten Berufungsverfahren des dortigen Klägers und jetzigen Antragstellers (im Folgenden: Antragsteller) fand am 14.04.2015 eine mündliche Verhandlung statt, zu der das persönliche Erscheinen des Antragsteller angeordnet war. Der Antragsteller nahm am vorgenannten und auf 11.30 Uhr geladenen Gerichtstermin teil, der von 11.50 Uhr bis 12.00 Uhr dauerte.
Mit Entschädigungsantrag vom 02.05.2015 beantragte der Antragsteller die Entschädigung wegen seines Erscheinens beim Gerichtstermin vom 14.04.2015. Er gab, vom Arbeitgeber bestätigt, an, am Tag der Gerichtsverhandlung einen Verdienstausfall für 7,5 ausgefallene Arbeitsstunden zu je 12,41 € erlitten zu haben. Bezahlter Urlaub oder Gleitzeit sei nicht genommen worden. Es seien ihm Auslagen für eine Fahrtstrecke von 6,2 km entstanden. Zudem ist im Antrag der (wieder gestrichene?) Hinweis darauf enthalten, dass er (auch) mit der U-Bahn gefahren sei, wobei er dafür eine Wochenkarte zu einem Preis von 17,- € in Kopie vorlegte. Nachdem die Kostenbeamtin zunächst mit Schreiben vom 08.05.2015 von einem Verdienstausfall für 8 Stunden ausgegangen war und daher eine Entschädigung in Höhe von 100,83 € festgesetzt hatte, wurde nach erneuter Überprüfung mit Schreiben der Kostenbeamtin vom 12.06.2015 die Entschädigung auf 38,78 € (Verdienstausfall für 3 Stunden zu je 12,41 €, Fahrtkosten für 6,2 km in Höhe von 1,55 €) festgesetzt. Die Entschädigung für Verdienstausfall für nur 3 Stunden wurde damit begründet, dass nur die Dauer der Heranziehung zu entschädigen sei. Dafür sei von einem Zeitraum von 10.00 Uhr bis 13.00 Uhr auszugehen.
Mit Schreiben vom 07.07.2015 hat der Antragsteller die gerichtliche Festsetzung der Entschädigung beantragt. Er hat vorgetragen, dass er für den ganzen Tag der Gerichtsverhandlung unbezahlten Urlaub nehmen habe müssen. Da er als Leiharbeiter bei einer Zeitarbeitsfirma arbeite und wechselnde Arbeitsstätten habe, könne er nicht einfach nach dem Gerichtstermin an den Schreibtisch zurückkehren und weiterarbeiten. Die Arbeitsvermittlung erfolge morgens und sei für den gesamten Tag bindend. Wenn er morgens nicht anwesend sei, verfalle daraufhin der gesamte Tag und er habe keine Arbeit. Diese Angaben habe auch der Arbeitgeber bestätigt. Deshalb sei die ursprüngliche Abrechnung mit einem Verdienstausfall in Höhe von 100,83 € angemessen.
Mit Schreiben vom 07.09.2015 und nochmals vom 22.10.2015 hat der Kostensenat dem Antragsteller erläutert, dass aufgrund der zwingenden gesetzlichen Vorgaben nur eine Entschädigung für die Dauer der gerichtsterminsbedingten Abwesenheit gewährt werden könne, nicht aber für die Zeit, in der keine Arbeitsleistung möglich gewesen sei. Dass dadurch dem Antragsteller ein finanzieller Schaden entstanden sei, werde vom Gesetzgeber in Kauf genommen.
Der Senat hat die Akten des Hauptsacheverfahrens beigezogen.
II.
Die Festsetzung der Entschädigung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier der Berechtigte mit Schreiben vom 07.07.2015 die gerichtliche Festsetzung der Entschädigung beantragt.
Die Entschädigung für die Wahrnehmung des Gerichtstermins am 14.04.2015 ist auf 38,78 € festzusetzen.
Beteiligte eines gerichtli...