Leitsatz (amtlich)

Die Verhängung eines Ordnungsbeschlusses erfolgt durch Beschluss. Der Beschluss ist zu begründen.

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 13. Januar 2011 aufgehoben.

II. Die Staatskasse hat der Beschwerdeführerin die im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden Bf.) hat in dem Klageverfahren vor dem Sozialgericht Bayreuth eine Ausgleichsrente für Witwen gemäß § 41 Bundesversorgungsgesetz (BVG) begehrt. Die Beklagte hat dies mit Bescheid vom 19.02.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.06.2008 abgelehnt.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 13.01.2011 hat der Kammervorsitzende darauf hingewiesen, dass die Klage keine Aussicht auf Erfolg habe, da der Bescheid vom 19.02.2008 zu großzügig berechnet worden sei. Des Weiteren hat er darauf hingewiesen, dass der Bf. die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise nach § 192 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auferlegt werden können, wenn sie gleichwohl an der Klage festhalte. Weiter heißt es in der Niederschrift, dass die Klägerin während des Diktats des Protokolls, trotz vorheriger Mahnung, den Vorsitzenden dreimal durch laute Zwischenrufe unterbrochen habe.

Laut Protokoll habe die Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Dann hat der Vorsitzende mit Beschluss gegen die Bf. wegen ungebührlichen Verhaltens ein Ordnungsgeld in Höhe von 150,00 EUR verhängt. Der Beschluss samt Rechtsmittelbelehrung ist Inhalt des Protokolls. Dieses wurde dem Bevollmächtigten der Bf. am 21.01.2011 zugestellt.

Zur Begründung der hiergegen eingelegten Beschwerde hat die Bf. eine Verletzung ihres Rechts auf Anhörung gerügt, da sie hinsichtlich ihres Verhaltens nicht hinreichend Gelegenheit gehabt habe, sich zu äußern. Die im Protokoll erwähnte Gelegenheit zur Stellungnahme habe sich lediglich auf den Inhalt der Klage bezogen. Im Übrigen habe die Bf. ihrer Ansicht nach mehrfach kund getan, dass sie aufgrund ihres Alters ziemlich durcheinander sei. Sie sei deshalb auch in Tränen ausgebrochen. Sie habe nicht nachvollziehen können, dass ihr Verhalten tatsächlich mit Ordnungsgeld geahndet werden könnte.

II.

Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 172, 173 SGG). Der Beschluss wurde am 21.01.2011 zugestellt und am gleichen Tag Beschwerde eingelegt.

Die Beschwerde ist auch begründet, da sich die Bf. zwar ungebührlich verhalten hat, der Beschluss jedoch nicht begründet ist. Die Verhängung eines Ordnungsgeldes erfolgt durch Beschluss. Der Beschluss ist gemäß § 142 Abs.2 Satz 1 SGG zu begründen, da hiergegen das Rechtsmittel der Beschwerde eröffnet ist. Das Fehlen der Begründung ist ein wesentlicher Verfahrensmangel (so z.B. auch LSG Rheinland-Pfalz, Breithaupt 1983, 840; zum Ordnungsgeldbeschluss: Thüringisches LSG, Beschluss vom 03.11.2005, Az.: L 6 B 64/05 R), der zur Aufhebung des Beschlusses führt. Dies gilt vorliegend um so mehr, als es sich bei der Verhängung von Ordnungsgeld hinsichtlich des "Ob" um eine Ermessensentscheidung handelt. Die Begründung muss deshalb Ausführungen zum Grund der Festsetzung und zur Höhe des Ordnungsgeldes enthalten (so z.B. auch Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer a.a.O. § 111 Rdnr.6b mit weiteren Nachweisen). Vorliegend enthält der Beschluss jedoch keine Begründung, so dass er bereits aus diesem Grunde aufzuheben war.

Offen bleiben kann deshalb, ob der Bf. vor Erlass des Ordnungsgeldbeschlusses rechtliches Gehör (Art.103 Abs.1 Grundgesetz, § 62 SGG) gewährt wurde. Dies ist jedoch grundsätzlich vor der Festsetzung von Ordnungsgeld notwendig (BVerfG, Kammerbeschluss vom 02.06.2010, Az.: 1 BvR 448/06; s. auch Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer a.a.O. § 61 Rdnr.6 und § 62 Rdnr.3a).

Der Beschluss des Sozialgerichts war deshalb aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG) und ergeht kostenfrei (§ 183 SGG).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2708174

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