Entscheidungsstichwort (Thema)

einstweiliger Anordnung. Vollstreckung. Leistungsbescheid. Zahlungsaufforderung. Rückzahlung eines Darlehens. Widerspruchsfrist. Pfändungs- und Einziehungsverfügung

 

Leitsatz (redaktionell)

Hat ein Vollstreckungsschuldner gegen einen Leistungsbescheid im Sinne des § 3 Abs. 2 VwVG nicht fristgerecht Widerspruch eingelegt, scheidet einstweiliger Rechtsschutz vor dem Sozialgericht aus.

 

Normenkette

VwVG § 3 Abs. 2; SGB X § 66 Abs. 1; SGB II § 40 Abs. 6; SGG § 77

 

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 22.02.2014 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Streitig ist eine monatliche Aufrechnung eines Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) mit einer Darlehensrückforderung sowie die einstweilige Einstellung einer Vollstreckung.

Der Antragsteller (ASt) bezieht seit 01.01.2005 Alg II vom Antragsgegner (Ag). Im Hinblick auf 17 landwirtschaftliche Grundstücke in A-Stadt und B-Stadt, die der Ag mit einem Gesamtwert von 19.622,50 € veranschlagte, wurden dem ASt für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2010 darlehensweise Alg II gewährt (Bescheid vom 18.12.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2009, Bescheid vom 04.06.2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.10.2009, Bescheid vom 07.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.08.2010 und Bescheid vom 14.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.01.2011). Die Klage gegen die Bewilligung als Darlehen hat das Sozialgericht Würzburg (SG) mit Gerichtsbescheid vom 20.01.2011 abgewiesen (S 9 AS 195/09). Sowohl das dagegen gerichtete Berufungsverfahren beim Bayerischen Landessozialgericht (Urteil vom 02.02.2012 - L 11 AS 162/11) als auch die anschließende Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beim Bundessozialgericht (Beschluss vom 10.05.2012 - B 4 AS 64/12 B) waren ohne Erfolg.

Am 03.12.2010 verkaufte der ASt acht seiner Grundstücke (Wald- und Landwirtschaftsflächen) für insgesamt 6.224,09 €. Mit "Zahlungsaufforderung" vom 05.07.2012 stellte der Ag die Darlehenssumme aus der Leistungsbewilligung für die Zeit von Januar 2009 bis einschließlich Dezember 2010 iHv 11.870,04 € gegenüber dem ASt fällig und verfügte mit Bescheid vom 23.07.2012 eine monatliche Aufrechnung der Forderung mit dem laufenden Alg II im Umfang von 10% des jeweils maßgebenden Regelbedarfs. Mit Schreiben vom 07.08.2012 erhob der ASt bei der Bundesagentur für Arbeit - Regionaldirektion Bayern - Forderungsmanagement in Bogen (BA) Widerspruch "gegen diesen Bescheid" und beantragte die Niederschlagung der gesamten Darlehensforderung. Der Ag wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18.09.2012 zurück. Die dagegen vom ASt erhobene Klage hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 20.12.2013 (S 18 AS 665/12) abgewiesen. Über die dagegen beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegte Berufung (L 11 AS 152/14) ist bislang nicht entschieden.

Nachdem der Ag zwischenzeitlich die Aufrechnung ausgesetzt hatte, teilte er mit Schreiben vom 09.01.2014 mit, dass ab Februar 2014 wieder in monatlichen Raten zu 39,10 € (10% des maßgebenden Regelbedarfs) aufgerechnet werde. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Ag mit Widerspruchsbescheid vom 20.01.2014 zurück. Es handele sich bei dem angefochtenen Bescheid nicht um einen Verwaltungsakt, da im Hinblick auf den Bescheid vom 23.07.2012 keine neue Entscheidung getroffen worden sei. Wegen des diesbezüglichen Klageverfahrens sei nur der Vollzug der Aufrechnung durch die aufschiebende Wirkung ausgesetzt gewesen. Mit Abschluss des Gerichtsverfahrens (S 18 AS 665/12) sei die aufschiebende Wirkung entfallen und die Aufrechnung ab dem nächstmöglichen Zeitpunkt fortzusetzen.

Nachdem das B. - Vollstreckungsstelle - (HZA) die Vollstreckung der Forderungen aus dem Darlehen für die BA mit Schreiben vom 29.10.2013 angekündigt hatte, erlies dieses am 02.01.2014 eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung, die der V-Bank als Drittschuldner am 08.01.2014 zugestellt wurde. Über den dagegen vom ASt eingelegten Einspruch ist bislang nicht entschieden.

Am 29.01.2014 hat sich der ASt mit einer "Eil Antrags Klage" gegen die Aufrechnung ab 01.02.2014 und die Pfändung ab 08.01.2014 an das SG gewandt. Das SG hat mit Beschluss vom 22.02.2014 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen den Ag abgelehnt. Dem Antrag hinsichtlich der Aufrechnung fehle ein Rechtsschutzbedürfnis. Der Ag werde die aufschiebende Wirkung der dagegen eingelegten Klage nach eigenen Angaben von Amts wegen berücksichtigen. Auch hinsichtlich des Antrages bezüglich der einstweiligen Einstellung der Vollstreckung fehle es an einem Rechtsschutzbedürfnis. Vor der Inanspruchnahme des Gerichts hätte der Ag einen entsprechenden einstweiligen Aussetzungsantrag beim HZA stellen müssen.

Dagegen hat der ASt Beschwerde ...

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