Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufung. Zulässigkeit. Rechtsschutzbedürfnis. Beschwer

 

Leitsatz (redaktionell)

Über den Wortlaut des § 158 Abs. 1 S. 1 SGG hinaus darf das Landessozialgericht eine Berufung auch dann in der Rechtsform eines Beschlusses verwerfen, wenn der Berufung das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlt.

 

Normenkette

GG Art. 19 Abs. 4; SGG § 54 Abs. 1 S. 2, §§ 96, 98, 153 Abs. 1, § 158 Abs. 1 S. 1

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 06. Oktober 2006 wird verworfen.

II. Die Beklagte hat dem Kläger für das Berufungsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte wirksam eine Forderung der Beigeladenen mit dem gezahlten Arbeitslosengeld (Alg) verrechnet hat.

Der 1944 geborene Kläger bezog von der Beklagten Leistungen, zunächst Alg und im Anschluss daran Arbeitslosenhilfe (Alhi); ab dem 19.09.2001 erhielt er diese Leistung in Höhe von 505,67 DM wöchentlich.

Auf das Ersuchen der Beigeladenen (AOK Sachsen-Anhalt, die Gesundheitskasse), rückständige Gesamtsozialversicherungsbeiträge aus der Zeit von 1/96 bis 5/96 in Höhe von 4836,82 Euro einschließlich Säumniszuschläge, Gebühren und Kosten zu verrechnen, bekundete die Beklagte gegenüber dem Kläger ihre Absicht einer Verrechnung mit dessen Anspruch auf Alhi. Mit als "Bescheid" mitgeteilter Verfügung vom 21.02.2002 erklärte die Beklagte, dass sie in Ausübung ihres Ermessens von der Ermächtigung der Beigeladenen Gebrauch mache und die Forderung dieses Leistungsträgers in Höhe von 4836,82 Euro ab dem 01.02.2002 mit täglich 18,48 Euro verrechne.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, den die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 16.04.2002 als unzulässig verwarf, weil es sich bei der Verrechnung im Monat Februar 2002 in Höhe von 517,44 Euro um keinen Verwaltungsakt handle.

Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben mit dem Antrag, bis zur Bestandskraft des Bescheides vom 27.07.2001 die Verrechnung zu unterlassen.

Durch Urteil vom 06.10.2006 hat das SG den Bescheid vom 21.02.2002 sowie den Widerspruchsbescheid vom 16.04.2002 aufgehoben. Zwar sei die Verrechnungserklärung kein Verwaltungsakt. Jedoch habe die Beklagte mit der gewählten Form als "Bescheid" den Anschein erweckt, sie regle verbindlich einen Einzelfall auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts. Diesen Eindruck habe sie auch durch ihren Hinweis in der Rechtsbehelfsbelehrung, der Bescheid könne mit Widerspruch angefochten werden, aufrechterhalten. Allein durch die Existenz eines formellen Verwaltungsaktes sei der Kläger dem Risiko ausgesetzt, dass ihm in Zukunft unter Umständen ein insoweit bestandskräftiger Verwaltungsakt entgegen gehalten werden könnte. Im Übrigen sei die Verrechnung auch inhaltlich nicht korrekt durchgeführt worden. So sei die Forderung der Beigeladenen im "Bescheid" vom 21.02.2002 nicht hinreichend bestimmt worden. Art und Umfang der Forderung seien nicht angegeben, auch der Rechtsgrund der Forderung sei nicht genannt. Des weiteren sei nicht angegeben, ob die Forderung bestands- oder rechtskräftig festgestellt worden sei, was aber für eine zulässige Verrechnung der Fall sein müsste (vgl. Urt. d. BSG v. 24.07.2003, Az.: B 4 RA 60/02 R).

Hiergegen hat der Kläger rechtzeitig beim SG Berufung eingelegt, welche am 12.01.2007 an das Bayerische Landessozialgericht (LSG) weitergeleitet worden ist. Zur Begründung hat der Kläger alle seine Rechtsverhältnisse mit den Trägern der Grundsicherung sowie der Beklagten dargelegt.

Die Beigeladene hat sich dahingehend geäußert, dass der Kläger durch die positive Entscheidung des SG nicht mehr beschwert sei. Die Beklagte hat ausdrücklich eine Verwerfung des Rechtsmittels beantragt.

Der Kläger beantragt,

unter Wiederaufnahme des Verfahrens L 8 AL 224/04 (Az.: S 35 AL 1015/01) des Bayer. Landessozialgerichts und Teilaufhebung des Urteiles S 35 AL 382/02 des Sozialgerichts München vom 06.10.2006 und in Verbindung beider Verfahren mit dem Verfahren S 35 AL 964/03 gemäß Berufungseinlegung 03.01.2007 erfolgt die zwischenfeststellende Verurteilung der Beklagten zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch des Klägers in Form von Folgenersatz und Schmerzensgeld insbesondere aus verspäteter Alhi-Bewilligung 30.11.2001 und den Alhi-Vorenthaltungen im März 2002 und im Jahre 2003.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung als unzulässig zu verwerfen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

II.

Die Berufung des Klägers ist unzulässig und zu verwerfen.

Ist die Berufung nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Frist oder nicht schriftlich oder nicht zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu...

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