Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren: Zulässigkeit einer Nichtigkeitsfeststellungsklage

 

Orientierungssatz

Eine Nichtigkeitsfeststellungsklage ist mangels Vorliegens eines Feststellungsinteresses unzulässig, wenn der Kläger zur Geltendmachung seiner vermeintlichen Ansprüche auf Zahlung von Arbeitslosenhilfe bereits Klage erhoben und verloren hat, so dass diesbezüglich zwischen den Beteiligten bindend feststeht, dass die Entziehung der Leistungen zu Recht erfolgt ist (§ 77 SGG).

 

Tenor

I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 26.08.2014 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Versagung der Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab dem 01.11.2003 bis 14.03.2004 streitig.

Der 1961 geborene Kläger ist polnischer Staatsangehöriger und bezog zunächst bis 29.11.1995 Arbeitslosengeld und im Anschluss daran Alhi bzw. Unterhaltsgeld. In seinem Fortzahlungsantrag auf Alhi vom 01.11.2003 - eingegangen am 03.11.2003 - verneinte der Kläger die Frage danach, ob er oder seine Ehefrau Eigentümer bebauter Grundstücke seien.

Auf Anfrage der Beklagten teilte der Kläger am 12.12.2003 erneut mit, er besitze keine Immobilie im Ausland. Die Beklagte versagte darauf mit Bescheid vom 21.01.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2004 die Leistungen ab dem 01.11.2003. Der Kläger habe Nachweise über Immobilien in Polen, an denen er nach Kenntnis der Beklagten zumindest Miteigentum habe, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht vorgelegt. Damit sei er seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen und habe die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert. Die Entscheidung beruhe auf §§ 60, 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I).

Eine dagegen gerichtete Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 17.07.2007 abgewiesen (S 10 AL 259/07 WA). Die dagegen eingelegte Berufung hat der Senat mit Urteil vom 24.11.2011 (L 10 AL 233/08) mangels Einhaltens der Berufungsfrist als unzulässig verworfen.

Am 02.03.2012 hat der Kläger beim SG "Feststellungs-, Untätigkeits- und Verpflichtungsklage wegen des Bescheides der Beklagten vom 21.01.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2004" erhoben. Er habe wahrheitsgemäß angegeben, nicht Besitzer einer Immobilie im Ausland zu sein. Insofern beziehe er sich auf diverse Beweise. Obwohl er seinen Mitwirkungspflichten nachgekommen sei, warte die Beklagte weiter ab und ändere ihre Bescheide nicht. Hierzu sei sie nach § 67 SGB I verpflichtet. Unabhängig davon sei bei Staatsangehörigen aus Nicht-EU-Ländern ein Wohnhaus im Heimatland nicht zu verwerten. Die angefochtenen Bescheide seien aufzuheben und die Alhi auszuzahlen. Eine Feststellungsklage sei nicht an eine Frist gebunden. Die Beklagte sei zu verpflichten, ihren Verpflichtungen nachzukommen.

Mit Gerichtsbescheid vom 26.08.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Untätigkeitsklage sei unzulässig, da es insofern an einem offenen Antrag des Klägers bei der Beklagten fehle. Das Verwaltungsverfahren betreffend die Leistung von Alhi für den Zeitraum 01.11.2003 bis 14.03.2004 sei durch die Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts rechtskräftig abgeschlossen. Die Feststellungsklage sei ebenso unzulässig, da das vorliegende Begehren mit einer Leistungsklage verfolgt werden könne. Für eine zulässige Verpflichtungsklage fehle es an der Durchführung eines Vorverfahrens.

Dagegen hat der Kläger mit Schreiben vom 20.11.2014 Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Er habe in erster Linie eine Feststellungsklage hinsichtlich der Nichtigkeit des Bescheides der Beklagten vom 21.01.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2004 erhoben. Sein Begehren könne er nicht mit einer Leistungsklage verfolgen. Er habe sich zwischenzeitlich auch direkt an die Beklagte gewandt, den Bescheid abzuändern und die Alhi auszuzahlen bzw. nach § 67 SGB I zu entscheiden. Dies habe sie mit Schreiben vom 09.10.2014 abgelehnt. Obwohl sie sich der Fehlerhaftigkeit ihrer Entscheidung bewusst sei, bleibe die Beklagte untätig. Dies sei festzustellen und sie anschließend zu verpflichten, ihrer Verpflichtung nachzukommen.

Der Kläger beantragt:

1. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 26.08.2014 wird aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass der angefochtene Bescheid vom 21.01.2004 und der Widerspruchsbescheid vom 11.03.2004 nichtig sind.

3. Die Beklagte wird unter für nichtig erklärtem bzw. Aufhebung des angefochtenen Bescheides vom 21.01.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2004 verurteilt, dem Kläger die Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 01.11.2003 bis 14.03.2004 samt 4% Zinsen ab 01.11.2003 zu bewilligen und auszuzahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung hat sie auf die Ausführungen im Gerichtsbescheid des SG verwiesen. Mit einer Klageänderung bzw. -erweiterung in Bezug auf ihr Schreibe...

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