Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren: Zulässigkeit einer Nichtigkeitsfeststellungsklage

 

Orientierungssatz

Eine Nichtigkeitsfeststellungsklage ist mangels Vorliegens eines Feststellungsinteresses unzulässig, wenn der Kläger zur Geltendmachung seiner vermeintlichen Ansprüche auf Zahlung von Arbeitslosenhilfe bereits Klage erhoben und verloren hat, so dass diesbezüglich zwischen den Beteiligten bindend feststeht, dass die Entziehung der Leistungen zu Recht erfolgt ist (§ 77 SGG).

 

Tenor

I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 08.09.2014 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist ein Entziehungsbescheid vom 21.01.2004 hinsichtlich der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit ab 01.11.2003 bis 22.12.2003.

Die Beklagte bewilligte der Klägerin auf ihren Antrag vom 18.12.2002 Alhi für die Zeit vom 18.12.2002 bis 03.08.2003 (Bescheid vom 30.01.2003 idF des Bescheides vom 02.07.2003). Für die Zeit vom 10.06.2003 bis 27.06.2003 meldete sich die Klägerin wegen einer beantragten, aber nicht genehmigten Ortsabwesenheit aus dem Leistungsbezug ab. Am 30.06.2003 meldete sie sich erneut persönlich arbeitslos. Die Beklagte bewilligte mit Unterbrechung Alhi für die Zeit ab 28.06.2003 (zuletzt mit Bescheid vom 15.09.2003 für die Zeit ab 02.09.2003). Mit formlosen Schreiben vom 20.11.2003 informierte die Beklagte die Klägerin, dass wegen des Fehlens von Unterlagen und Angaben die Leistung ab 01.11.2003 vorläufig eingestellt werde. Es seien Belege vorzulegen, aus denen sich der Verkehrswert der ausländischen Immobilie ergebe, wie diese finanziert worden sei und wie diese genutzt werde bzw. seit Besitz genutzt worden sei. Bei Unterlassen der geforderten Mitwirkung bis spätestens 12.12.2003 werde die Leistung ganz entzogen. Die Klägerin teilte der Beklagten mit, sie ziehe zum 22.12.2003 nach Polen um. Mangels Mitwirkung entzog die Beklagte die bewilligte Alhi rückwirkend zum 01.11.2003 gemäß § 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) mit Bescheid vom 21.01.2004.

U.a. hiergegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben und die Zahlung von Alhi vom 01.11.2003 bis 22.12.2003 begehrt (S 13 AL 101/05). Nachdem das SG nur über einen weiteren Streitgegenstand des Verfahrens entschieden hatte (Urteil vom 09.12.2008), hat der Senat im anschließenden Berufungsverfahren (L 10 AL 64/09) - nachdem die Beteiligten mit einem entsprechenden Heraufholen von Prozessresten (konkludent) einverstanden waren - die Klage der Klägerin gegen den Bescheid vom 21.01.2004 abgewiesen (Ziffer II. des rechtskräftigen Urteils vom 24.11.2011). Die Anfechtungsklage, die insofern nach der Konkretisierung durch die Klägerin alleiniges (zulässiges) Klagebegehren sei, sei unzulässig, da der Bescheid mangels Widerspruchseinlegung bestandskräftig geworden sei.

Am 23.04.2012 hat die Klägerin beim SG "Feststellungs-, Untätigkeits- und Verpflichtungsklage wegen des Entziehungsbescheides der Beklagten vom 21.01.2004" erhoben. Sie sei am 23.12.2003 in ihre Heimat zurückgezogen. Der Beklagten sei bekannt gewesen, dass sie dort ein angemessenes Haus besitze. Im Berufungsverfahren L 10 AL 64/09 habe sie mit einer Bescheinigung ihre Eintragung in das Grundbuch nachgewiesen. Aus weiteren vorgelegten Unterlagen folge die Wohnfläche des Hauses mit 100,1 qm. Es werde eigengenutzt. Das Haus sei nicht verwertbar, unabhängig davon, dass für Staatsangehörige aus Nicht-EU-Ländern ihre Wohnhäuser in ihren Heimatländern im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht hätten verwertet werden dürfen. Sie habe alle notwendigen Angaben gemacht, so dass die Beklagte ihren Bescheid ändern und ihren Verpflichtungen nach § 67 SGB I nachkommen müsse. Der angefochtene Bescheid sei abzuändern und Alhi für die Zeit vom 01.11.2003 bis 22.12.2003 zu zahlen. Es handele sich in erster Linie um eine nicht fristgebundene Feststellungsklage und im Anschluss daran um eine Verpflichtungsklage. Die Untätigkeit der Beklagten und die Nichtigkeit des Bescheides vom 21.01.2004 seien festzustellen.

Mit Gerichtsbescheid vom 08.09.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Untätigkeitsklage sei unzulässig, da es insofern an einem offenen Antrag der Klägerin bei der Beklagten fehle. Das Verwaltungsverfahren betreffend die Leistung von Alhi für den Zeitraum 01.11.2003 bis 22.12.2003 sei durch die Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts rechtskräftig abgeschlossen. Die Feststellungsklage sei ebenso unzulässig, da das vorliegende Begehren mit einer Leistungsklage verfolgt werden könne. Für eine zulässige Verpflichtungsklage fehle es an der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens.

Dagegen hat die Klägerin Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Die Feststellungsklage sei zulässig, da das Begehren nicht innerhalb einer Leistungsklage verfolgt werden könne. Unabhängig davon sei sie ihren Mitwirkungspflichten nachgekommen und die Beklagte ...

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