Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren: Zulässigkeit der Beschwerde gegen einen Ruhensbeschluss. Voraussetzungen einer Ruhensanordnung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts, das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, ist unzulässig. Dem Beschwerdeführer fehlt das Rechtsschutzinteresse, da er sein Begehren durch einen Antrag auf Aufnahme dieses Verfahrens verfolgen kann.
2. Nach § 251 S 1 ZPO hat das Gericht das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, wenn beide Parteien dies beantragen. Ohne Einverständnis beider Hauptbeteiligter kann das Gericht das Ruhen nicht anordnen.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 17.01.2014 wird als unzulässig verworfen.
Gründe
I.
Streitig ist die Aufhebung einer Ruhensanordnung.
In dem beim Sozialgericht (SG) Bayreuth unter dem Az. S 3 R 347/11 anhängigen Klageverfahren erging in dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 12.12.2013 der Beschluss, die mündliche Verhandlung zu vertagen. Die Beklagte erhalte Gelegenheit zur Klärung der Frage, wann bei der Klägerin die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen letztmalig erfüllt waren.
Die Beklagte verwies mit Schreiben vom 15.01.2014 auf die Notwendigkeit, ein Kontenklärungsverfahren durchzuführen. Dieses Schreiben ist beim Sozialgericht am 16.01.2014 eingegangen.
Am 17.01.2014 hat das Sozialgericht wie folgt ohne Begründung durch Beschluss entschieden: Das Ruhen des Verfahrens wird angeordnet bis zur Klärung der rechtlich vorgreiflichen Frage, ob und wann die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind (§ 114 Abs 2 S 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Hiergegen hat die Beklagte am 07.02.2014 Beschwerde erhoben. Sie beantragt, den Beschluss vom 17.01.2014 aufzuheben oder insoweit abzuändern, als das Ruhen des Verfahrens bis zum Abschluss des Kontenklärungsverfahrens angeordnet wird.
Die Klägerin schließt sich dem Antrag der Beklagten an, das sozialgerichtliche Verfahren bis zum Abschluss des Kontenklärungsverfahrens ruhen zu lassen.
Zur Ergänzung wird auf die Gerichtsaktenakten beider Instanzen Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist unzulässig und daher zu verwerfen.
Die Beschwerde ist bereits wegen fehlendem Rechtsschutzinteresse unstatthaft. Die Beklagte kann ihr Fortsetzungsbegehren durch einen Antrag auf Aufnahme des durch den angefochtenen Beschluss ruhend gestellten Verfahrens beim Sozialgericht nach § 202 SGG i.V.m. §§ 251, 250 Zivilprozessordnung (ZPO) verfolgen. Ein (Haupt-) Beteiligter kann nämlich jederzeit durch diesen einseitigen Antrag die Fortsetzung ruhend gestellter Verfahren beantragen. Das Sozialgericht hat über diesen Antrag durch rechtsbehelfsfähigen Beschluss zu befinden (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 21.06.2012 - L 6 AS 940/12 B - juris, mwN)
Der Senat weist darauf hin, dass bei Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens dem Sozialgericht nur die Entscheidungsmöglichkeit bleibt, den Beschluss vom 17.01.2014 aufzuheben. Denn der Beschluss ist ohne Zweifel rechtswidrig, da das Sozialgericht das Ruhen des Verfahrens ohne Zustimmung der Beteiligten angeordnet hatte. Nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung des § 251 S 1 ZPO hat das Gericht das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, wenn beide Parteien dies beantragen. Ein Antrag des Klägers und des Beklagten ist notwendig; ohne Einverständnis beider Hauptbeteiligter kann das Gericht das Ruhen nicht anordnen (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., Vor § 114 Rz 4; BSG Beschluss vom 08.09.1976 - 11 RK 10/76 - SozR 1750 § 251 Nr 1).
Eine inhaltliche Abänderung der beanstandeten Ruhensentscheidung kann durch das Beschwerdegericht nicht erfolgen. Zwar haben die Beteiligten nunmehr im Beschwerdeverfahren ihr Einverständnis zum Ruhen des Klageverfahrens nach bestimmter Maßgabe erteilt. Die Prozesserklärungen können jedoch nicht nachträglich abgegeben werden. Auch ist die Beschwerde bereits unstatthaft, so dass nicht zu prüfen ist, ob die Rechtswidrigkeit der Ruhensanordnung durch eine Entscheidung des Beschwerdegerichts in der Sache geheilt werden kann.
Abschließend ist noch auszuführen, dass der angefochtene Beschluss nicht als Aussetzungsbeschluss zu verstehen ist. Es wurde ausdrücklich das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Eine Begründung des Beschlusses fehlt (§ 142 Abs 2 S 1 SGG), so dass nicht auf eine gewollte Aussetzung geschlossen werden kann. Im Übrigen wären bei einer Aussetzung des Verfahrens zumindest die vorherige Anhörung der Beteiligten und eine erkennbare Ermessensausübung zu fordern.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da es sich es sich vorliegend um eine Beschwerde gegen eine Zwischenentscheidung in einem anhängigen Rechtsstreit handelt.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Fundstellen