Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Aussetzung des Verfahrens. Verfahrens- oder Formfehler in einem für den zu entscheidenden Rechtsstreit vorgreiflichen Verwaltungsverfahren. Statthaftigkeit der Beschwerde gegen Aussetzungsbeschluss. Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Dritten im Verwaltungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Die Aussetzungsmöglichkeit des § 114 Abs 2 S 2 SGG bezieht sich nur auf Verfahrens- und Formfehler, die im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens geschehen sind, das zu dem angefochtenen Bescheid geführt hat und nicht auf eventuelle Verfahrens- oder Formfehler in anderen, für den zu entscheidenden Rechtsstreit vorgreiflichen Verfahren.
Orientierungssatz
1. Die Beschwerde gegen einen Aussetzungsbeschluss richtet sich nicht gegen eine prozessleitende Verfügung und ist daher nicht gem § 172 Abs 2 SGG ausgeschlossen.
2. Nach der Rechtsprechung des BSG ist ein Dritter in einem Verwaltungsverfahren auch dann als Beteiligter gem § 12 Abs 2 S 2 SGB 10 hinzuzuziehen, wenn das Verfahren den Erlass eines feststellenden Verwaltungsaktes zum Ziel hat und der Verwaltungsakt die Rechtsstellung des Dritten derart berührt, dass dieser in einem anschließenden Gerichtsverfahren nach § 75 Abs 2 SGG notwendig beizuladen wäre (vgl BSG vom 22.6.1983 - 12 RK 73/82 = BSGE 55, 160 = SozR 1300 § 12 Nr 1).
Tenor
Auf die Beschwerde der Beklagten hin wird der Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 6. Mai 2010 aufgehoben.
Gründe
I.
In dem vor dem Sozialgericht Regensburg SG) anhängigen Rechtsstreit ist streitig, ob die Beschwerdegegnerin und Klägerin (Klägerin) verpflichtet ist, Rente in Höhe von 32.370,25 Euro aufgrund einer Überschreitung der Hinzuverdienstgrenzen im Zeitraum 1. Juli 2003 bis 31. Oktober 2006 zu erstatten.
Mit Bescheid vom 5. Juni 2003 gewährte die Beschwerdeführerin und Beklagte (Beklagte) der Klägerin Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 1. Juli 2003 mit einem anfänglichen monatlichen Zahlbetrag von 816,10 €.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung gemäß § 28 p Abs. 1 SGB IV erhob der Prüfdienst der DRV Bayern Süd - Prüfzentrum A-Stadt - eine Nachforderung an Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von insgesamt 19.455,29 Euro durch Bescheid vom 8. Juni 2007, abgeändert durch einen Bescheid ohne Datum, gegen die Erbengemeinschaft D./ P.. Grundlage hierfür war die Feststellung, dass die Klägerin vom März 2003 bis 8. November 2006 bei dem am 8. November 2006 verstorbenen Herrn D. mit einem Entgelt von 1000.- € brutto/monatlich ohne Beitragszahlung beschäftigt gewesen ist. An der Betriebsprüfung war die Klägerin nicht beteiligt.
Mit Schreiben vom 21. September 2007 hörte die Beklagte die Klägerin zu einer beabsichtigten Rücknahme des Bescheids vom 5. Juni 2003 gemäß § 45 SGB X ab 1. Juli 2003 und einer Rückzahlung überzahlter Rente in Höhe von 32.370,25 Euro an. Im Rahmen einer Betriebsprüfung sei festgestellt worden, dass in der Zeit vom 1. Juli 2003 bis 31. Oktober 2006 ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis bestanden habe, aus der die Klägerin einen monatlichen Verdienst in Höhe von 1000 € erzielt habe. Damit würden die zulässigen Hinzuverdienstgrenzen einer Altersrente überschritten. Ein Rentenanspruch bestehe für diesen Zeitraum nicht.
Hiergegen wandte die Klägerin insbesondere ein, in dem genannten Zeitraum habe sie zeitweise kein Arbeitsentgelt, zeitweise Arbeitsentgelt in geringerer Höhe (265.- Euro bis 600.- Euro) erhalten. Es gebe keinen schriftlichen Arbeitsvertrag. Es seien auch keine Vereinbarungen des Inhalts getroffen worden, dass monatlich 1000.- Euro zu zahlen seien.
Mit angefochtenem Bescheid vom 20. November 2007 nahm die Beklagte den Rentenbescheid vom 20. November 2007 zurück und forderte eine Überzahlung in Höhe von 32.370.- Euro zurück. Bei einem monatlichen Entgelt von 1000.- Euro seien sämtliche Hinzuverdienstgrenzen für eine Vollrente überschritten, so dass kein Anspruch auf Altersrente mehr bestehe. Die vorgetragenen Einwendungen seien nicht geeignet, von der Bescheidrücknahme abzusehen. Maßgebend sei das Gesamtergebnis der Betriebsprüfung, das als Grundlage für die Überprüfung des bisherigen Rentenanspruchs herangezogen worden und an das die Beklagte gebunden sei. Danach sei eine Beschäftigung ausgeübt worden, mit deren Entgelt die Klägerin die zulässigen Hinzuverdienstgrenzen überschritten habe.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin u.a. geltend, dass sie bei der Betriebsprüfung nicht angehört worden sei. Auch sei es rechtsfehlerhaft, dass die Beklagte sich darauf stütze, an das Gesamtergebnis der Betriebsprüfung gebunden zu sein. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 2008 zurückgewiesen.
Mit der hiergegen zum Sozialgericht Regensburg (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Die Erben des Herrn D. hätten wahrheitswidrig behauptet, sie habe von Beginn an 1000.- Euro verdient. Die Beklagte habe diese wahrheitswidrigen Angaben ungeprüft übernommen. Im Rahmen der Betriebsprüfung sei die Kläge...