Leitsatz (amtlich)

Die vorsätzliche Vereitelung des Erfolgs der grundsätzlich eine Entschädigung oder Vergütung auslösenden Maßnahme durch den Berechtigten führt dazu, dass der Berechtigte seinen Entschädigungs- oder Vergütungsanspruch verliert.

 

Tenor

Dem Antragsteller steht im Zusammenhang mit dem Begutachtungstermin am 02.07.2013 keine Entschädigung zu.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt eine Entschädigung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) im Zusammenhang mit einem Begutachtungstermin.

In einem am Bayerischen Landessozialgericht (LSG) geführten unfallversicherungsrechtlichen Rechtsstreit wurde mit Beweisanordnung des Gerichts vom 12.03.2013 gemäß § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eine Begutachtung des Antragstellers, der eine Fraktur des linken Fußgelenks erlitten hatte, angeordnet.

Nach Terminsverschiebungen lud die beauftragte neurologische Sachverständige am 20.06.2013 den Antragsteller nach Abklärung des Termins mit diesem für den 02.07.2013, 11.30 Uhr, zur gutachterlichen Untersuchung. Von der Gutachterin war - so ihre Angaben im Schreiben vom 05.07.2013 an das Gericht - geplant, zunächst durch das Praxispersonal neurophysiologische Untersuchungen durchführen und dem Kläger eine psychometrische Testbatterie samt Fragebögen zur Bearbeitung aushändigen zu lassen. Dafür sei ein Zeitbedarf von 2,5 bis 3 Stunden anzusetzen. Anschließend, ab ca. 14.00 Uhr, habe sie die Anamnese, körperliche Untersuchung und restliche neurophysiologische Diagnostik selbst durchführen wollen. Grund für das geplante Prozedere sei gewesen, dass sie wegen der kurzfristigen Terminsfestlegung nicht alle bereits eingeplanten Sprechstundentermine in ihrer weiteren Zweigpraxis habe verschieben können.

Der Antragsteller erschien am Untersuchungstag bereits um 10.35 Uhr in der Praxis der Sachverständigen, die zu diesem Zeitpunkt nicht anwesend war. Es wurde eine neurophysiologische Untersuchung mit einem Zeitaufwand nach Angaben des Antragstellers von 15 Minuten durchgeführt. Den weiteren Tests, die der Antragsteller teilweise als "Idiotentest" (Gedächtnisprotokoll des Antragstellers über die Untersuchung am 02.07.2013) bezeichnete, unterzog er sich nur teilweise, da er die Verfahren als "Unsinn" ansehe, mit denen nur die Zeit bis zum Eintreffen der Sachverständigen überbrückt habe werden sollen (Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 11.07.2013). Nachdem die Sachverständige bis 13.00 Uhr nicht erschienen war, teilte der Antragsteller der Gutachterin, mit der er vom Praxispersonal telefonisch verbunden worden war, mit, dass er beabsichtige, die Praxis zu verlassen. Der Bitte der Sachverständigen, noch ca. 20 Minuten bis zu ihrem Eintreffen zu warten, kam der Antragsteller nicht nach, sondern verließ unmittelbar nach dem Telefonat die Praxis.

Mit Antrag vom 03.07.2013 begehrte er eine Entschädigung für den Termin am 02.07.2013 (Verdienstausfall in Höhe von 369,45 €; Fahrtkosten für insgesamt 360 km).

Mit Schreiben vom 16.07.2013 lehnte die Kostenbeamtin des Bayer. LSG eine Entschädigung ab, da der Antragsteller die Erstellung des Gutachtens durch sein unangemessenes Verhalten vereitelt habe; er habe die Praxis vorzeitig verlassen.

Dagegen haben sich die Bevollmächtigten des Antragstellers mit Schreiben vom 01.08.2013 mit der Begründung gewandt, dass von einer Vereitelung des Termins durch den Antragsteller nicht die Rede sein könne. Wenn der Antragsteller - so die Bevollmächtigten - zu früh zum Termin gekommen sei, sei dies mit Blick auf die einkalkulierte Polsterfahrzeit erfolgt. Er habe auch über den Termin um 11.30 Uhr noch eineinhalb Stunden unnötig gewartet. Die Sachverständige habe sich nicht entschuldigt. Die Ablehnung einer weiteren Teilnahme am Gutachten werde auch dadurch begründet, dass "völlig unnötige psychiatrische Untersuchungen" in die Wege geleitet worden seien, die "mit dem Sachverhalt nichts zu tun haben und auf psychiatrischem Fachgebiet liegen, die der Kläger nicht zu dulden braucht und nicht dulden will". Die Sachverständige "betrachtete es offenbar als selbstverständlich, dass der gewaltunterworfene Bürger zu warten hat, bis sie geruht, zu erscheinen." Psychiatrische Überprüfungen seien "völlig verfehlt", da die Sachverständige "nur Neurologin" sei und ein neurologisches Gutachten angefordert worden sei.

II.

Die Festsetzung der Entschädigung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier der Berechtigte mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 01.08.2013 sinngemäß die gerichtliche Festsetzung beantragt.

Dem Antragsteller steht eine Entschädigung für die Wahrnehmung des Termins am 02.07.2013 nicht zu.

Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der von der Kostenbeamtin vorgenommenen Berechnung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Kostenfestsetzung durch die Kostenbeamtin handelt es sich um eine lediglich vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung hinfällig wird (vgl. Bundesg...

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