Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine wiederholte Geltendmachung nachträglicher Entschuldigung bei der Verhängung eines Ordnungsgeldes

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Antrag nach § 381 Abs. 1 Satz 3 ZPO ist zumindest ab der Entscheidung des Beschwerdegerichts über eine Ordnungsgeldbeschwerde nicht mehr zulässig, sofern sich das Ausgangsgericht oder das Beschwerdegericht im zuvor ergangenen (ersten) Beschwerdebeschluss auch mit den Voraussetzungen des § 381 Abs. 1 ZPO auseinandergesetzt hat.

 

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 20.12.2021 - S 10 KR 15/20 - wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beschwerde richtet sich gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg (im Folgenden: SG) vom 20.12.2021, mit welchem das SG den Antrag des Beschwerdeführers (im Folgenden: Bf.) vom 09.04.2021 auf Aufhebung des Ordnungsgeldbeschlusses des SG vom 18.06.2020 abgelehnt hat.

Streitgegenstand in dem Klageverfahren unter dem Az. S 10 KR 15/20 ist der Anspruch des Bf. auf Zahlung von Krankengeld gegen die AOK Bayern (Beklagte) gewesen, welchen die Beklagte mit Bescheid vom 03.05.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.09.2016 abgelehnt hatte.

Das SG hat den Bf. mit Schreiben vom 28.04.2020 unter Anordnung des persönlichen Erscheinens für den Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 25.05.2020 um 11:30 Uhr geladen.

Der Bf. ist zum Erörterungstermin am 25.05.2020 nicht erschienen. Der Vorsitzende hat im Sitzungsprotokoll insbesondere festgehalten, dass das SG in Ermangelung einer Entschuldigung für die Säumnis beabsichtige, ein Ordnungsgeld festzusetzen. Das SG hat dem Bf. eine Frist zur Stellungnahme von 3 Wochen gesetzt und den Rechtsstreit vertagt.

Nachdem sich der Bf. innerhalb der Frist nicht geäußert hatte, hat das SG mit Beschluss vom 18.06.2020 durch den Kammervorsitzenden gegen den Bf. ein Ordnungsgeld i.H.v. 150 Euro festgesetzt, weil er trotz ordnungsgemäßer Ladung und Anordnung des persönlichen Erscheinens zum Termin unentschuldigt nicht erschienen sei. Auch nachträglich habe sich der Bf. trotz entsprechender Gelegenheit zur Stellungnahme nicht geäußert.

Mit seinem beim SG am 15.07.2020 eingegangenen Schreiben vom 09.07.2020 hat der Bf. um "Aufhebung der Geldstrafe" gebeten und dazu Folgendes ausgeführt:

"Tut mir leid, das ich der Ladung nicht nachgekommen bin. Da ich die Ladung (v. 30.04.2020) und den Brief (v. 7.5.2020) erst jetzt gefunden habe.

Mein Bruder, der ab und zu da ist, ärgert mich, er lässt Briefe von mir verschwinden. So das ich sie nicht bekomme. Das geht auch schon jahrelang so. Deshalb konnte ich den Termin bei Gericht nicht wahrnehmen.

Deshalb bitte ich Sie, die Strafe von 150,00 € aufzuheben. Ich lege Ihnen auch die Original verschlossenen Briefe bei.

Ich hätte den Termin eingehalten, hätte ich die Briefe erhalten.

Bitte heben Sie die Strafe von 150,00 € auf."

Dem Schreiben vom 09.07.2020 lagen - jeweils verschlossen - ein Kuvert der Deutschen Post über die förmliche Zustellung eines Schreibens des SG sowie ein am 07.05.2020 gestempeltes Kuvert mit einem weiteren Schreiben des SG bei.

Das SG hat mit Schreiben vom 21.07.2020 (eingegangen beim Bayerischen Landessozialgericht - LSG - am 24.07.2020) das Schreiben des Bf. vom 09.07.2020 nebst Anlagen übermittelt.

Mit Beschluss vom 05.10.2020 unter dem Az. L 2 KR 306/20 B hat das LSG die Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 18.06.2020 zurückgewiesen und dies insbesondere damit begründet, dass der Bf. sein Ausbleiben im Termin zur mündlichen Verhandlung am 29.01.2020 weder rechtzeitig vorher noch nachträglich i.S.d. § 381 Abs. 1 Satz 3 Zivilprozessordnung (ZPO) genügend entschuldigt habe.

Der Bf. hat sich mit Schreiben vom 09.04.2021 und unter Vorlage zweier Atteste der psychologischen Psychotherapeutin P vom 21.01.2020 und 28.01.2021 an das SG gewendet, nachdem das SG die Klage des Bf. mit Urteil vom 25.02.2021 abgewiesen hatte.

Dem "psychologischen Attest" vom 21.01.2020, welches an das Arbeitsgericht Bamberg adressiert ist, ist insbesondere zu entnehmen, dass der Bf. auch weiterhin unter einer psychischen Störung leide, durch die er seit längerem in seiner Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit deutlich eingeschränkt sei. Mit der Erledigung von Schriftverkehr, Finanzen und Terminen sei er aufgrund seiner Störung weitgehend überfordert, eine gesetzliche Betreuung sei eingerichtet. Wegen der ausgeprägten psychischen Destabilisierung sei er derzeit nicht in der Lage, an der Güterverhandlung am 24.01.2020 teilzunehmen. Im "psychologischen Attest" vom 28.01.2021 weist die psychologische Psychotherapeutin P erneut darauf hin, dass der Bf. unter psychischen Störungen leide und sich nicht in der Lage fühle, die für Güteverhandlungen erforderlichen Papiere vorzubereiten. Wegen der ausgeprägten psychischen Destabilisierung sei er weiterhin nicht in der Lage, an Verhandlungsterminen teilzunehmen.

Das SG hat mit Beschluss vom 20.12.2021 den Antrag auf Aufhe...

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