Tenor

I. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 25. August 2006 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller auch die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der 1998 geborene, bei der Antragsgegnerin familienversicherte Antragsteller leidet unter anderem an einer chronischen Ateminsuffizienz bei Undine-Syndrom mit 24-stündiger Beatmungspflicht; außerdem traten Krampfanfälle auf. Er ist in die Pflegestufe III eingestuft.

Der Antragsteller lebt mit zwei Geschwistern (einer einjährigen Schwester und einem zwölfjährigen Bruder) im Haushalt der Eltern. Er wird nach Angaben im Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Bayern (MDK) vom 01.10.2004 durch einen ambulanten Pflegedienst täglich 20 Stunden und von den Eltern, insbesondere von seiner Mutter, etwa vier Stunden gepflegt. Der Vater des Antragstellers ist in Vollzeit berufstätig. Als Hilfsmittel sind vorhanden zwei Beatmungsgeräte, zwei Sauerstoffgeräte, zwei tragbare Sauerstoffgeräte, ein Inhalationsgerät, zwei Ambu-Beutel, ein Pulsoximeter und zwei Absauggeräte. Die Kosten der Pflege wurden bisher von der Antragsgegnerin, deren Pflegekasse und dem Sozialhilfeträger (Landkreis D.) übernommen. In einem Erstattungsrechtstreit des Sozialhilfeträgers gegen die Antragsgegnerin hat das Sozialgericht Landshut (SG) am 19.07.2006 die Antragsgegnerin verurteilt, dem Sozialhilfeträger in der Zeit vom 01.02.2002 bis 31.05.2006 die aufgewendeten Pflegekosten in Höhe von 446.593,42 Euro zu erstatten (S 10 KR 126/03 E). Hiergegen hat die Antragsgegnerin am 05.09.2006 Berufung eingelegt, die beim Senat anhängig ist (L 4 KR 267/06).

Die Antragsgegnerin hatte mit Bescheid vom 16.01.2002 im Anschluss an eine Krankenhausbehandlung des Antragstellers dem Vater des Antragstellers mitgeteilt, als Leistungen der sozialen Pflegeversicherung würden die abrechnungsfähigen Kosten der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung (damals) in der Pflegestufe II und weiterhin die abrechnungsfähigen Kosten der Behandlungspflege als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung für vier Stunden täglich übernommen; die Betreuungs- bzw. Überwachungszeiten seien keine Leistung der Kranken- oder Pflegeversicherung. Eine Kostenübernahme hierfür sei nicht möglich. Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch machten die Eltern des Antragstellers unter Vorlage einer Bescheinigung des Klinikums der Universität M. (Kinderklinik und Kinder-Poliklinik) vom 18.01.2002 geltend, der Antragsteller benötige eine 24-stündige Beatmungspflege; die Pflege sei wegen des Widerstands des Antragstellers erheblich erschwert. Die Antragsgegnerin und der Vater des Antragstellers einigten sich am 07.03.2002 auf eine Aussetzung des Widerspruchsverfahrens bis das Klageverfahren zwischen dem Sozialhilfeträger und der Antragsgegnerin entschieden ist.

Mit Bescheid vom 18.06.2002 sagte die Antragsgegnerin unter anderem die Kostenübernahme der Behandlungspflege für fünf Stunden täglich zu und verwies bezüglich der Betreuungs- und Überwachungszeiten auf den Bescheid vom 16.01.2002. Die soziale Pflegeversicherung übernehme die abrechnungsfähigen Kosten der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung in Pflegestufe II.

Der Vater des Antragstellers hat am 01.08.2006 beim SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, mit der die Antragsgegnerin zur Kostenübernahme der Intensivpflege für den Antragsteller verpflichtet werden sollte. Nach Ansicht der Antragsgegnerin sei dieser Antrag wegen fehlender Glaubhaftmachung unzulässig und wegen der erfolgten Sicherstellung der häuslichen Pflege durch sie, die Pflegekasse und den Sozialhilfeträger zudem unbegründet.

Das SG hat mit Beschluss vom 25.08.2006 die Antragsgegnerin verpflichtet, die Kosten der notwendigen Behandlungspflege des Antragstellers im Umfang von insgesamt 19,5 Stunden täglich für die Zeit vom 01.08.2006 bis 31.12. 2006 zu übernehmen. Der Antragsteller bedürfe nach den Feststellungen des MDK der Behandlungspflege rund um die Uhr. Er könne nicht auch für nur 5 Minuten allein gelassen werden, da sonst die Gefahr des Erstickens bestehe. Er akzeptiere im wachen Zustand den Beatmungsschlauch nicht und versuche ständig, diesen wegzureißen. Der Leistungsanspruch gegen die Antragsgegnerin sei eingeschränkt durch den Zeitbedarf für die Grundpflege und auch durch die Verpflichtung der Eltern, in zumutbarem Umfang bei der Grundpflege mitzuwirken. Wie sich aus einer ärztlichen Stellungnahme aus dem Erstattungsstreitverfahren ergebe, bestehe ein doppelter Hilfebedarf bei der Grundpflege von insgesamt 471 Minuten für 202 Minuten. Nach Abzug dieses Zeitaufwands werde für die restliche Zeit des Tages Behandlungspflege geleistet, also 19,5 Stunden täglich. Da die Antragsgegnerin bisher lediglich fünf Stunden Behandlungspflege übernehme, verbleibe noch ein zusätzlicher Anspruch des Antragstellers in Höhe von 14,5 Stunden täglich. Ein Anordnungsgrund bestehe...

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