Entscheidungsstichwort (Thema)
Erlaß einer einstweiligen Anordnung über eine vorläufige Zulassung zur Ausübung der Tätigkeit einer Psychotherapeutin
Leitsatz (amtlich)
1. Im Verfahren um eine einstweilige Anordnung über eine vorläufige Zulassung zur Ausübung der Tätigkeit einer Psychotherapeutin ist bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens eine vorläufige Regelung durch das Gericht nur notwendig, wenn der Antragstellerin unter Berücksichtigung sowohl ihrer Interessen als auch der öffentlichen Interessen oder der Interessen anderer Personen nicht zuzumuten ist, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten.
2. Hierfür ist eine Folgenabwägung vorzunehmen, die sowohl den Fall einbezieht, dass die beantragte einstweilige Anordnung unterbleibt, als auch den Fall, dass diese ergeht.
Tatbestand
In diesem Beschwerdeverfahren geht es um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes.
Die Beschwerdegegnerin (Bgin.) ist seit 1990 als Diplom-Psychologin beim Sozialpsychiatrischen Dienst "Krisendienst HORIZONT-Hilfe für Selbstmordgefahr" in R mit 30 Wochenstunden beschäftigt. Daneben behandelte sie seit 1993 im Wege des Delegationsverfahrens Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen psychotherapeutisch und zwar zwischen dem 3. Quartal 1994 und dem 2. Quartal 1997 ein bis fünf Patienten pro Quartal. Ihr dafür erzieltes Honorar lag pro Quartal zwischen DM 345,84 und DM 5.365,00. In der Folgezeit war sie weiterhin am Delegationsverfahren beteiligt.
Am 15. Dezember 1998 stellte die Bgin. einen Antrag auf Erteilung einer bedarfsunabhängigen Zulassung als psychologische Psychotherapeutin. Mit Bescheid vom 26. März 1999, ergangen aufgrund der Sitzung vom 8. März 1999, lehnte der Zulassungsausschuss für Ärzte-Oberpfalz den Antrag der Bgin. auf Zulassung als psychologische Psychotherapeutin für R ab und ermächtigte sie zur Weiterbehandlung der bei ihr zum Zeitpunkt der Zustellung dieses Bescheides in Behandlung stehenden Patienten. Laut den Folgebescheiden waren dies 17 Patienten. Diese Ermächtigung wurde befristet bis zum Ende der vom Kostenträger genehmigten Behandlungsdauer, längstens bis zum Zeitpunkt des Erhalts einer bedarfsabhängigen Zulassung. Die die bedarfsunabhängige Zulassung ablehnende Entscheidung wurde darauf gestützt, dass die Bgin. keine ausreichende besitzwahrende Vortätigkeit nachweisen könne, da sie in einem 6-- bis 12-monatigen Zeitraum maximal nur I20 Behandlungsstunden bei gesetzlichen Versicherten durchgeführt habe anstelle der von den Beigeladenen geforderten 250 Behandlungsstunden. Da die Bgin. in einem Beschäftigungsverhältnis mit wöchentlich 30 Stunden stehe, habe sich die ambulante psychotherapeutische Behandlung auf maximal zwei bis drei Stunden wöchentlich beschränkt. Damit hätte kein Erwerbseinkommen erzielt werden können, das eine bedarfsunabhängige Zulassung rechtfertige. Die Nichtzulassung stelle keine unbillige Härte dar, da die Bgin. in ungekündigter Stellung mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden tätig sei. Kindererziehungszeiten könnten nicht angerechnet werden, da die Bgin. ohne Unterbrechung psychotherapeutische Leistungen im Delegationsverfahren erbracht habe, wenn auch nur im eingeschränkten Umfang.
Gegen den sie beschwerenden Teil dieses Bescheides rief die Bgin. mit Schriftsatz vom 21. April 1999 durch Widerspruch den Antragsgegner an.
Mit weiterem Schriftsatz vom 23. April 1999, eingegangen am 26. April 1999, ließ sie beim Sozialgericht München beantragen, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, sie vorläufig als psychologische Psychotherapeutin zuzulassen. Es bestehe ein Anordnungsanspruch, denn andernfalls drohten ihr schwere, nicht anders abwendbare Nachteile, die durch einen Erfolg in der Hauptsache nicht ausgeglichen werden könnten. Der Bescheid des Zulassungsausschusses sei zudem rechtswidrig. Ihr sei am 4. Januar 1998 die Approbation erteilt worden. Sie habe auch in der Zeit vom 25. Juni 1994 bis 24. Juli 1997 an der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen im Delegationsverfahren teilgenommen. Dabei habe sie auch Honorare erzielt. Ihr sei daher die bedarfsunabhängige Zulassung zu erteilen. Soweit sich der Zulassungsausschuss auf das Rundschreiben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vom 18. August 1998 stütze, so sei dieses nicht bindend. Es sei auch keine auslegungsfähige und -bedürftige Gesetzeslücke zu erkennen. Auf einen zahlenmäßig bestimmten Mindestumfang der Vortätigkeit komme es nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht an, sondern es reiche eine entsprechende Tätigkeit aus. Bei Übergangsregelungen fordere das Rechtsstaatsprinzip Verlässlichkeit und Vertrauensschutz. Zudem werde die berufliche Tätigkeit berührt. Durch die Anwendung des Rundschreibens werde in dieses Grundrecht unverhältnismäßig eingegriffen. Der Gesetzgeber habe bei Berufszugangsregelungen die gesetzlichen Vorgaben selbst zu treffen. Es könne auch nicht auf das Bestehen eines anderweitigen Beschäftigungsverhältnisses abgestellt...