Leitsatz (amtlich)
Keine Aussetzung der Vollstreckung wenn keine Darlegung und Glaubhaftmachung des Nachteils durch den Vollstreckungsschuldner erfolgt.
Tenor
I. Der Antrag des Antragstellers, die Vollstreckung aus dem Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 13.10.2011 - S 13 AS 1149 /11 ER - auszusetzen, wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat der Antragsgegnerin die außergerichtlichen Kosten des Aussetzungsverfahrens zu erstatten.
Gründe
I.
Das Sozialgericht Bayreuth hat den Antragsteller im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragsgegnerin für die Zeit ab 16.09.2011 bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, längstens jedoch bis zum 31.12.2011, vorläufig Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende in Höhe von 321,00 € monatlich zu gewähren. Dagegen hat die Antragstellerin Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Die Antragsgegnerin würde mit ihren Kindern eine Bedarfsgemeinschaft zusammen mit Herrn B. und dessen Kind bilden und hätte deshalb keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes.
Zudem hat die Antragstellerin beantragt die Vollstreckung aus dem Beschluss des SG auszusetzen. Die Antragsgegnerin habe einen befristeten Arbeitsvertrag vom 02.11.2011 bis 01.05.2012 geschlossen für einander - Einstehen finde statt. Das SG sei unzutreffend vom Vorliegen eines Anordnungsgrundes ausgegangen, denn die Antragsgegnerin erhalte tatsächliche Unterstützung von Herrn B., ein für einander Einstehen finde tatsächlich statt. Unter diesen Umständen sei es nicht gerechtfertigt, vor der Entscheidung über die Beschwerde die im angefochtenen Beschluss festgelegte Zahlung zu erbringen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten der Antragstellerin sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Der statthafte Aussetzungsantrag ist zulässig.
Gemäß § 199 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann, wenn ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat, der Vorsitzende des Gerichts, das über das Rechtsmittel zu entscheiden hat, die Vollstreckung durch einstweilige Anordnung aussetzen. Ein vollstreckbarer Titel im Sinne des § 199 Abs 1 SGG liegt vor.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth hat keine aufschiebende Wirkung (§175 Satz 1 SGG). Der Antragsteller ist daher verpflichtet, die sich aus dem Beschluss des SG ergebenden Beträge auszuzahlen, die aber ggfs wieder zu erstatten sind.
Der Aussetzungsantrag ist jedoch nicht begründet.
Bei der Entscheidung über die Aussetzung ist eine Interessen- und Folgenabwägung vorzunehmen (BSG, Beschluss vom 05.09.2001 - B 3 KR 47/01 R -; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9.Auflage § 199 Rdnr 8), wobei der in § 175 SGG zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers zu beachten ist, dass Beschwerden nur dann aufschiebende Wirkung haben, wenn sie die Festsetzung eines Ordnungs- oder Zwangsmittels zum Gegenstand haben. Eine Aussetzung kommt daher nur in Ausnahmefällen in Betracht (Leitherer aaO Rdnr 8a; BSG, Beschluss vom 28.10.2008 - B 2 U 189/08 B -).
Ob ein solcher Ausnahmefall vorliegt, ist im Rahmen einer Interessen- und Folgenabwägung zu prüfen. Dabei können die Erfolgsaussichten der Beschwerde ausnahmsweise dann eine Rolle spielen, wenn diese offensichtlich fehlen (vgl. auch BSG, Beschluss vom 05.09.2001 - B 3 KR 47/01 R -) oder offensichtlich bestehen (BSGE 12, 138). Sind die Erfolgsaussichten jedoch nicht in dieser Weise eindeutig abschätzbar, ist im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung insbesondere zu berücksichtigen, ob dem Antragsteller - über den Nachteil hinaus, der mit jeder Zwangsvollstreckung als solcher verbunden ist - ein im nachhinein nicht mehr zu ersetzender Schaden entstehen würde (BSG, Beschluss vom 05.09.2001 - B 3 KR 47/01 R -). Maßgeblich sind dabei die Umstände des Einzelfalles, die vom Vollstreckungsschuldner glaubhaft vorzutragen sind (BSG SozR 3-1500 § 199 Nr 1). Der Hinweis auf Sonderfälle, unter denen eine im Ergebnis rechtswidrig gezahlte Leistung vom Begünstigten nicht zurückgefordert werden dürfe, genügt hierzu nicht, wenn nicht Anhaltspunkte dafür benannt werden, beim Begünstigten könne ein solcher "Härtefall" bestehen (vgl. BSG, Beschluss vom 28.08.2007 - B 4 R 25/07 R -). Zudem darf ein überwiegendes Interesse des Vollstreckungsgläubigers nicht entgegenstehen (BSG, Beschluss vom 28.08.2007 - B 4 R 25/07 R -; vgl. hierzu auch die § 86b SGG zu entnehmenden Rechtsgedanken).
Vorliegend bestehen keine offensichtlichen Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens (Beschwerde im einstweiligen Rechtsschutzverfahren) zu Gunsten des Antragstellers. Zwar spricht vieles für seine Auffassung, jedoch können die Ausführungen des SG derzeit nicht außer Acht gelassen werden. Es sind weitere Überlegungen erforderlich, die dem Senat im Rahmen des Hauptsacheverfahrens vorbehalten bleiben müssen. Daher kann der Rechtsstreit lediglich als offen angesehen werden. Es kann auch nicht berücksichtigt werden, dass die Antragsgegne...