Leitsatz (amtlich)
Die Anhörungsrüge ist unbegründet, wenn das Gericht auf das für das Verfahren wesentliche und entscheidungserhebliche Vorbringen eingegangen ist (Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung).
Tenor
I. Die Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Senats vom 15. September 2010 im Verfahren L 2 U 290/10 B PKH wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt im Klageverfahren vor dem Sozialgericht München die Übernahme der weiteren Behandlungskosten und die Gewährung von Verletztengeld aufgrund eines Unfalls vom 23. November 2006. Den gestellten Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 9. April 2009 abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 15. September 2010 zurückgewiesen und u.a. ausgeführt, dass die Stellung eines Antrags auf Begutachtung nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht dazu führe, dass die hinreichende Erfolgsaussicht der Klage anzunehmen sei.
Mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2010 hat die Antragstellerin eine Verletzung des rechtlichen Gehörs gerügt. Das Sozialgericht sei nämlich bereits von Amts wegen verpflichtet gewesen, das nach § 109 SGG beantragte Gutachten auf kinetischem Fachgebiet einzuholen. Der Antrag nach § 109 SGG stelle damit nur einen Formalantrag dar. Da der Ausgang dieses Gutachtens weder aus dem Verfahrensverlauf noch aus dem bisherigen Gutachten prognostizierbar sei, hätte Prozesskostenhilfe gewährt werden müssen. Diese Umstände habe der Beschluss nicht berücksichtigt.
II.
Die zulässige Anhörungsrüge ist nicht begründet. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor.
Gemäß § 178 a Abs. 1 S. 1 SGG ist auf Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Zweck der Anhörungsrüge ist jedoch nicht die Fortführung des Verfahrens unter Berücksichtigung weiteren Vorbringens oder zur erneuten rechtlichen und tatsächlichen Würdigung, sondern allein die Überprüfung des verfassungsrechtlich abgesicherten Anspruchs auf rechtliches Gehör (Bundessozialgericht BSG, Beschluss vom 08.11.2006, Az.: B 2 U 5/06 C). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundessozialgerichts soll der Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 2 Grundgesetz, §§ 62, 128 Abs. 2 SGG verhindern, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten, und sicherstellen, dass ihr Vorbringen vom Gericht in seine Erwägungen mit einbezogen wird. Dabei ist es aber ausreichend, wenn sich die Begründung der Entscheidung auf das für das Verfahren wesentliche und nach Rechtsauffassung des Gerichts entscheidungserhebliche Vorbringen eingeht (siehe z.B.: Bayer. LSG vom 01.09.2009, Az.: L 2 KN 1/09 B RG; LSG Berlin-Brandenburg vom 29.09.2010, Az.: L 20 AS 1711/10 B RG). Ein Verstoß gegen die Pflicht zur Berücksichtigung von Vorbringen ist nur dann anzunehmen, wenn sich dies aus den besonderen Umständen des Falles ergibt (BSG SozR 4-1500 § 178 a Nr. 6 Rdnr. 4).
Die Antragstellerin rügt, dass der Senat die Erfolgsaussicht der Klage im Rahmen der summarischen Prüfung verneint hat, obwohl ein - nach § 109 SGG beantragtes - Gutachten auf kinetischem Fachgebiet einzuholen sei. Im Rahmen der Beschwerdebegründung hatte die Antragstellerin durch ihren Prozessbevollmächtigten zu der Problematik der Begutachtung nach § 109 SGG lediglich vorgebracht, dass das Sozialgericht einen Beschluss auf Einholung des Sachverständigengutachtens erlassen habe und deshalb Prozesskostenhilfe zu gewähren sei. Hierzu hat der Senat in dem Beschluss klargestellt, dass zum einen das Sozialgericht mit Beschluss vom 27. Mai 2010 die Einholung eines Gutachtens des Dr. S. gemäß § 109 SGG von der Zahlung eines Kostenvorschusses abhängig gemacht hat - wobei die Antragstellerin gebeten habe, zunächst über die Beschwerde gegen den ablehnenden Prozesskostenhilfebeschluss zu entscheiden -, zum anderen dass die Annahme einer hinreichenden Erfolgswahrscheinlichkeit nicht durch die Stellung eines Antrags nach § 109 SGG gesteuert werden kann. Damit ging der Beschluss auf das für das Beschwerdeverfahren wesentliche und nach Rechtsauffassung des Gerichts entscheidungserhebliche Vorbringen ein. Mit dem Vorbringen im Rahmen der Anhörungsrüge bezweckt die Antragstellerin eine Fortführung des Verfahrens unter Berücksichtigung weiteren Vorbringens bzw. begehrt eine erneute rechtlichen Würdigung. Dies ist, wie dargelegt, nicht vom Zweck der Anhörungsrüge gedeckt. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt damit nicht vor.
Dieser Beschluss ist gemäß § 178 a Abs. 4 S. 3 SGG unanfechtbar.
Fundstellen
Dokument-Index HI270821... |