Entscheidungsstichwort (Thema)
Statthaftigkeit einer Beschwerde gegen einen nichtigen Beschluss
Leitsatz (amtlich)
Die Statthaftigkeit einer Beschwerde gegen einen nichtigen Beschluss beurteilt sich nicht anders als die einer solchen gegen einen nicht nichtigen Beschluss.
Orientierungssatz
1. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kann eine Beschwerde bei Nichterreichen des Mindestwertes für eine Beschwerde nicht zugelassen werden. Auch eine Nichtzulassungsbeschwerde ist bei Nichterreichen des Beschwerdewertes nicht statthaft.
2. Ein gerichtlicher Antrag eines Empfängers von Versorgungsleistungen auf vorläufige Gewährung von Sachleistungen zur medizinischen Versorgung im Wege des einstweiligen Rechtschutzes ist mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig, wenn der Betroffene zuvor nicht beim zuständigen Versorgungsträger die Leistungsgewährung beantragt hat. Dabei ersetzt ein Antrag auf Versorgung bei der Krankenkasse nicht die Antragstellung beim Versorgungsträger, soweit der Träger der Versorgungsleistungen zur Leistungserbringung verpflichtet ist.
3. Hat ein Sozialgericht im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht über alle im Verfahren gestellten Anträge entschieden, so kann das Beschwerdegericht dann über die bisher nicht entschiedenen Anträge im Beschwerdeverfahren erstmals entscheiden, wenn das Sozialgericht bewusst über ein bestimmtes im Verfahren vorgetragenes Begehr nicht entschieden hat. Dagegen ist das Beschwerdegericht dann nicht zur Entscheidung über in der Ausgangsinstanz nicht entschiedene Anträge befugt, wenn das Sozialgericht nicht lediglich versehentlich nicht über die Anträge entschieden hat, obwohl es den Streitgegenstand zutreffend bestimmte. In diesem Fall ist das erstinstanzliche Gericht nochmals mit der Sache zu befassen.
4. Einzelfall zur Auslegung eines Antrags auf Versorgung mit Sachleistungen durch den Träger von Versorgungsleistung (hier: Antrag auf vorläufige Gewährung einer künftigen kostenfreien Versorgung mit Inkontinenzartikeln).
Tenor
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 24. September 2015 wird als unzulässig verworfen, sofern die Aufhebung dieses Beschlusses beantragt wird.
II. Im Übrigen wird auf die Beschwerde hin der Antrag auf Verpflichtung des Beschwerdegegners zur Lieferung der verordneten Inkontinenzvorlagen im Weg des einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller und jetzige Beschwerdeführer (im Folgenden: Beschwerdeführer) begehrt im Weg des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung des Beschwerdegegners zur Versorgung mit Inkontinenzartikeln als (zuzahlungsfreie) Sachleistung im Rahmen der Heil- und Krankenbehandlung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Der Beschwerdeführer hat als Schwerbeschädigter im Sinn des § 31 Abs. 2 BVG Anspruch auf umfassende Heil- und Krankenbehandlung durch den Beschwerdegegner. Diese umfasst, vom Beschwerdegegner unbestritten, bei Vorliegen einer ärztlichen Verordnung und der medizinischen Voraussetzungen auch die Versorgung mit Inkontinenzvorlagen als Sachleistung, wobei der Beschwerdeführer darauf hingewiesen worden ist, dass bei einer Versorgung mit einem Festbetragshilfsmittel anders als bei einem gesetzlich Versicherten eine Eigenbeteiligung (Zuzahlung) nicht erforderlich sei (vgl. Schreiben des Beschwerdegegners an den Beschwerdeführer vom 27.04.2012).
Am 08.07.2015 übersandte der Beschwerdeführer der Krankenkasse, der er gemäß § 18 c Abs. 2 Satz 1 BVG zugewiesen ist, eine neue Verordnung für Inkontinenzvorlagen wegen seiner seit Jahren bestehenden Inkontinenz. Er bat die Krankenkasse, ihren Lieferanten entsprechend zu informieren. Mit einem wiederum an die Krankenkasse gerichteten Schreiben vom 27.07.2015 teilte der Beschwerdeführer dieser mit, dass deren Lieferant mit der Lieferung der Inkontinenzvorlagen für den Monat Juli 2015 in Verzug sei und die Lieferung der verordneten Inkontinenzvorlagen von einer Zuzahlung in Höhe von 42,- € für 84 Stück abhängig gemacht worden sei.
An den Beschwerdegegner wandte er sich wegen der Versorgung mit Inkontinenzartikeln in diesem Zusammenhang nicht.
Mit Schreiben vom 29.08.2015 hat der Beschwerdeführer sowohl in eigener Sache als auch in Sachen seiner Ehefrau zum Sozialgericht (SG) München Klagen auf Heil- und Krankenbehandlung nach dem BVG gegen die Krankenkasse und den Beschwerdegegner erhoben und gleichzeitig "Eilantrag nach § 86 b SGG" gestellt. Dabei hat er, soweit nicht seine Ehefrau betroffen ist, beantragt:
"1. Den Antragsgegner zu verpflichten, ersatzweise zu verurteilen, dem Antragsteller die Versorgung nach § 11, Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 in Verbindung nach § 18 Abs. 1 Satz 1 und 2 BVG, als kostenfreie Sachleistung zu gewähren.
...
3. Der Eilantrag nach § 86 b; Abs: 2 Satz 2 SGG auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, wird zur Abwendung gesundheitlicher Nachteile des Antragstellers gestellt."
In seinem Schreiben hat der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass sich der Lieferant...