Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren: Rechtsschutzbedürfnis für eine einstweilige Anordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung.

 

Orientierungssatz

1. Grundsätzlich besteht ein Rechtsschutzbedürfnis für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nur dann, wenn sich der Antragsteller zuvor an die zuständige Behörde gewandt hat und dieser die Möglichkeit offen gestanden ist, sich als Leistungsträger mit dem Begehren des Antragstellers zu befassen.

2. Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes dient nicht dazu, unter Abkürzung des Hauptsacheverfahrens die geltend gemachte materielle Rechtsposition vorab zu realisieren (vgl. LSG Berlin-Potsdamm, 8. März 2013, L 13 VE 43/12 B ER).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 02.02.2017; Aktenzeichen B 9 V 1/17 S)

 

Tenor

I. Der Antrag im Schreiben vom 18.10.2016 auf Verpflichtung des Antragsgegners zur Versorgung des Antragstellers mit verordneten Inkontinenzeinlagen als kostenfreie Sachleistung sowie zur Gewährung von Leistungen der Heil- und Krankenbehandlung an die Ehefrau des Antragstellers als Sachleistung im Weg einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung des Antragsgegners, im Rahmen des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) die Versorgung mit den ihm verordneten Inkontinenzeinlagen als kostenfreie Sachleistung zu erbringen sowie seiner Ehefrau Leistungen der Heil- und Krankenbehandlung als Sachleistung zu gewähren.

Zu diesem Zweck hat er mit Schreiben vom 29.08.2015 Klage zum Sozialgericht (SG) München erhoben.

Während des Klageverfahrens beantragte der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Verpflichtung des Antragsgegners zur Versorgung mit den ihm verordneten Inkontinenzwindeln als Sachleistung ohne Zuzahlung. Das SG traf mit Beschluss vom 24.09.2015, Az.: S 30 VK 4/15 ER, eine ablehnende Entscheidung, wobei es den Antrag des Antragstellers unzutreffend auslegte und daher in der Sache keine Entscheidung traf. Auf die daraufhin eingelegte Beschwerde entschied der Senat mit Beschluss vom 19.01.2016, Az.: L 15 VK 14/15 B ER, selbst in der Sache und lehnte den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung ab. Begründet wurde dies damit, dass dem Antrag das Rechtsschutzbedürfnis fehle, weil der Antragsteller zuvor keinen entsprechenden Antrag beim Antragsgegner gestellt habe.

Mit Schreiben vom 20.03.2016 hat der Antragsteller im Klageverfahren das SG um die Anberaumung eines Termins zu mündlichen Verhandlung gebeten, in dem - so der Antragsteller - beantragt werde, "den Antragsgegner zu verpflichten, ersatzweise zu verurteilen, dem Antragsteller die Versorgung nach § 11, Abs. 1 Satz 1 Nr.4 in Verbindung nach § 18 Abs. 1 Satz 1 und 2 BVG, als kostenfreie Sachleistung zu gewähren" (Seite 10 des Schreibens), wobei er anschließend auf S. 12 klar gestellt hat: "Richtig ist § 11 Abs. 1 BVG Nr. 8. Versorgung mit Hilfsmitteln." Konkret hat der Antragsteller "die Versorgung mit den ihm ärztlicherseits verordneten Inkontinenzvorlagen im Weg der Sachleistung für die Zukunft sicherstellen" (S. 14 des Schreibens) erreichen wollen. Den Antrag, seiner Ehefrau Leistungen der Heil- und Krankenbehandlung als Sachleistung nach dem BVG zu gewähren, hat er nicht mehr gestellt.

Gleichlautend wiederholt hat der Antragsteller seinen Antrag auf kostenfreie Versorgung mit Inkontinenzartikeln in seinem Schreiben vom 08.08.2016 (dort Seite 13).

Erneut hat der Antragsteller den vorgenannten Antrag im Schreiben vom 20.08.2016 (dort Seite 2) und zudem den Antrag, seiner Ehefrau Leistungen der Heil- und Krankenbehandlung als Sachleistung zu gewähren, der schon im Schreiben vom 29.08.2015, aber nicht mehr in den Schriftsätzen vom 20.03.2015 und 08.08.2016 enthalten war, gestellt.

Die Klage ist mit Gerichtsbescheid vom 16.09.2016, Az.: S 30 VK 5/15, als unzulässig abgewiesen worden. Der Klage fehle - so das SG - das Rechtsschutzbedürfnis, da der umfassende Heilbehandlungsanspruch des Antragstellers vom Träger der Versorgungsverwaltung (Beklagter) und der gesetzlichen Krankenkasse (Beigeladene) nie in Frage gestellt worden sei. Für die abstrakte und pauschale Zuerkennung eines nicht bestrittenen Anspruchs fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Zum Antrag, der Ehefrau des Antragstellers Leistungen der Heil- und Krankenbehandlung als Sachleistung zu gewähren, enthält der Gerichtsbescheid keine Ausführungen.

Mit Schreiben vom 18.10.2016 hat der Antragsteller Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Er beantragt, den Antragsgegner zur Erbringung von "Versorgung nach § 11, Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 in Verbindung nach § 18 Abs. 1 Satz 1 und 2 BVG, als kostenfreie Sachleistung" und zur Gewährung von "Leistungen der Heil- und Krankenbehandlung nach § 10, Abs. 4 BVG auch für seine Ehefrau als Sachleistung" zu verpflichten. Gleichzeitig hat er "Eilantrag nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG auf E...

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