Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Beschwerde gegen Nichtzulassung der Berufung. Unzulässigkeit bei kraft Gesetzes statthafter Berufung. Verwerfungsentscheidung. Aufhebung des Ausspruchs über Nichtzulassung. Erforderlichkeit einer gesonderten Berufungseinlegung. Prozesskostenhilfe. keine Bewilligung aufgrund mangelnder Erfolgsaussicht. Kostenentscheidung. Berücksichtigung der fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung durch das SG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Nichtzulassungsbeschwerde nach § 145 SGG ist unzulässig, wenn die Berufung bereits kraft Gesetzes statthaft ist.

2. Die Aufhebung des Ausspruchs über die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts ist nicht erforderlich. In der Entscheidung über die Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig ist jedoch klarstellend festzustellen, dass die Berufung bereits kraft Gesetzes statthaft ist.

3. Mangels (analoger) Anwendbarkeit von § 145 Abs 5 S 1 SGG ist die Berufung binnen der Jahresfrist des § 66 Abs 2 SGG gesondert einzulegen.

4. Prozesskostenhilfe für eine unzulässige Nichtzulassungsbeschwerde kann mangels hinreichender Erfolgsaussicht nach § 73a SGG iVm § 114 ZPO nicht bewilligt werden.

5. Bei fehlerhafter Rechtsmittelbelehrung ist in entsprechender Anwendung des § 193 SGG und unter Heranziehung des Rechtsgedankens aus § 154 Abs 4 VwGO ausnahmsweise die Auferlegung der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers im Beschwerdeverfahren auf die Staatskasse geboten.

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts München vom 24. Januar 2019 wird als unzulässig verworfen.

II. Es wird festgestellt, dass die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 24.01.2019 (S 45 AY 237/18) kraft Gesetzes statthaft ist.

III. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Beschwerdeverfahren werden der Staatskasse auferlegt.

IV. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt B., B-Straße, A-Stadt, für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Der Kläger (die Bezeichnung der Beteiligten aus dem erstinstanzlichen Verfahren wird beibehalten) wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts München (SG) vom 24.01.2019.

Streitgegenständlich in der Sache ist die Gewährung höherer Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) für die Zeit ab 01.02.2018.

Der nach eigenen Angaben am 04.02.1992 geborene Kläger ist nigerianischer Staatsangehöriger. Er reiste Ende 2015 / Anfang 2016 in die Bundesrepublik Deutschland ein und wurde laut Erstregistrierung unter dem Namen A., registriert. Der Kläger wurde zum 26.01.2016 dem Beklagten zugewiesen und erhielt dort seither Leistungen nach dem AsylbLG, zunächst nach § 3 AsylbLG, ab 01.06.2017 nach § 2 AsylbLG.

Mit Bescheid vom 06.05.2017 lehnte das BAMF den Asylantrag des Klägers vom 31.05.2016 ab. Die dagegen am 12.05.2017 erhobene Klage ist noch am Verwaltungsgericht München anhängig (M 21 K 17.39889).

Am 09.12.2017 wurde der Kläger bei einer Grenzkontrolle in Salzburg durch die Bundespolizei aufgegriffen. Der Kläger wies sich mit einem abgelaufenen italienischen Reisepass (gültig vom 16.10.2015 bis 09.10.2017) sowie einer abgelaufenen italienischen Aufenthaltserlaubnis (gültig vom 09.10.2015 bis 09.10.2017) aus. Beide Dokumente waren auf den Familiennamen B. und den Vornamen G. ausgestellt, Geburtsdatum 01.04.1995. Die INPOL-Abfrage ergab die Identität des Aufgegriffenen mit dem unter den Namen A. bzw. A., geboren am 04.02.1992, registrierten Kläger.

Der Beklagte hörte den Kläger mit Schreiben vom 11.01.2018 dazu an, dass ihm wegen der Verwendung des ALIAS-Namens G. B. "der § 2 AsylbLG zum 01.02.2018 entzogen" werde. Mit Bescheid vom 23.01.2018 bewilligte der Beklagte dem Kläger ab 01.01.2018 bis auf weiteres monatlich 356,65 Euro gemäß § 2 AsylbLG. Mit Bescheid vom 24.01.2018 widerrief der Beklagte die Gewährung von Leistungen nach § 2 AsylbLG ab 01.02.2018 und bewilligte Leistungen nach § 3 AsylbLG in Höhe von 320,14 Euro monatlich. Der Kläger habe seinen Aufenthalt rechtsmissbräuchlich durch die Benutzung eines ALIAS- Namens beeinflusst. Außerdem habe sich der Kläger von April 2017 bis Dezember 2017 in Italien aufgehalten, so dass von einer wesentlichen Unterbrechung des Aufenthalts in Deutschland ausgegangen werden könne.

Den Widerspruch des Klägers vom 20.02.2018 wies die Regierung von Oberbayern mit Widerspruchsbescheid vom 28.05.2018 zurück.

Der Kläger verfolgte mit der am 21.06.2018 beim Sozialgericht München erhobenen Klage sein Begehren weiter. In der mündlichen Verhandlung vom 24.01.2019 trug der Klägerbevollmächtigte vor, dass sich der Name des Klägers aus dem Vornamen A., dem Familiennamen A., dem weiteren Vornamen des Vaters G. und dem Familiennamen des Vaters B. zusammensetze. Er habe bei der Erstaufnahme/Registrierung der Daten am 07.12.2015 als Familiennamen A. und den Vornamen angegeben, damit der ...

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