Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. Anordnungsgrund. hier: Nichtvorliegen von Eilbedürftigkeit wegen gewährleisteter Existenzsicherung der Antragstellerin
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage des Vorliegens eines Anordnungsgrundes bei einer einstweiligen Anordnung.
Tenor
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 17.05.2010 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Erteilung einer Arbeitsberechtigung-EU nach § 284 Abs. 5 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) i.V.m. § 12 a Arbeitsgenehmigungsverordnung (ArGV) im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes.
Die 1957 geborene rumänische Antragstellerin (ASt) ist am 01.12.2009 zu ihrem Sohn (N) nach Deutschland verzogen. Sie ist im Besitz einer Bescheinigung über das gemeinschaftliche Aufenthaltsrecht nach § 5 Freizügigkeitsgesetz/EU (BGBl I, 2004, 1950). Nach ihren Angaben lebe N seit 01.04.2004 berechtigt in Deutschland, seit 08.02.2007 sei er im Besitz einer unbefristeten Arbeitserlaubnis für berufliche Tätigkeiten.
Am 25.01.2010 beantragte sie die Erteilung einer Arbeitsberechtigung-EU, da sie beabsichtige, ab 15.02.2010 unbefristet als Haushaltshilfe bei T. B. (B) 4 Stunden die Woche für eine monatliche Vergütung von 150.- € (brutto) tätig zu sein. Nach der Stellungnahme des B umfasse die Tätigkeit das Reinigen der Wohnung und Bügeln der Wäsche und erfordere keine weiteren Kenntnisse oder Fertigkeiten. Er sei auch bereit, andere bevorrechtigte Arbeitnehmer einzustellen.
Mit Bescheid vom 18.02.2010 lehnte die Antragsgegnerin (Ag) die Bewilligung einer Arbeitsberechtigung-EU ab. Die Prüfung des Arbeitsmarktes durch den Arbeitgeber-Service der Arbeitsagentur A-Stadt habe ergeben, dass für die von der ASt beabsichtigte Beschäftigung deutsche und ihnen gleichgestellte Arbeitnehmer zur Verfügung stünden.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Ag mit Widerspruchsbescheid vom 26.04.2010 zurück. Für die von der ASt angestrebte Beschäftigung stünden geeignete bevorrechtigte Arbeitnehmer zur Verfügung. Allein der Wunsch eines Arbeitgebers zur Beschäftigung eines Ausländers sei nicht maßgebend für die Erteilung einer Arbeitsgenehmigung. Eine Ausnahme nach § 12 a oder § 12 b ArGV sei im Falle der ASt nicht vorzunehmen, da diese eine Verwandte in aufsteigender Linie zu ihrem Sohn sei. Die Versagung begründe auch keine besondere Härte nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 ArGV. Hiergegen hat die ASt am 03.05.2010 Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben, über die nach Aktenlage noch nicht entschieden ist.
Gleichzeitig hat die ASt im Wege einer einstweiligen Anordnung die vorläufige Erteilung einer Arbeitsberechtigung-EU beantragt. §§ 12a und 12 b ArbGV seien auch anwendbar, wenn es sich um einen Familienangehörigen in aufsteigender Linie handle, wenn diesem Familienangehörigen Unterhalt gewährt werde. Da der Sohn der ASt seit 01.04.2010 arbeitsuchend sei, habe sich deren finanzielle Situation verschärft.
Mit Beschluss vom 17.05.2010 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Es sei weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund erkennbar. Eine Arbeitserlaubnis-EU habe nicht erteilt werden können, da bei summarischer Prüfung eine genügende Anzahl bevorrechtigter Arbeitnehmer zur Verfügung gestanden hätten. Die von der Ag zu § 12a und § 12b ArGV gemachten Ausführungen seien nicht zu beanstanden, eine abweichende Auslegung nach § 3 Freizügigkeitsgesetz/EU könne nicht erfolgen. Gleiches gelte für die Ablehnung einer Arbeitserlaubnis-EU aus Härtegesichtspunkten nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 ArGV.
Hiergegen hat die ASt Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt. N sei seit dem 07.06.2010 wieder in Arbeit. Sie selber sei gänzlich ohne Einkommen und beziehe keine staatlichen Leistungen zum Lebensunterhalt. Ihr werde von N Unterhalt gewährt. Neben der Übernahme von Kosten für Unterkunft und Heizung decke er notgedrungen auch ihren täglichen Bedarf (Lebensmittel etc.). Diese Zuwendungen lägen aber unter dem in Deutschland festgelegten Existenzminimum von 364.- € monatlich.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Akten der Ag, sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerechte Beschwerde ist zulässig, §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG), in der Sache jedoch nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt.
Rechtsgrundlage für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist vorliegend § 86 b Abs. 2 S. 2 SGG, denn die ASt begehrt die vorläufige Bewilligung einer Arbeitsberechtigung/EU.
Nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG ist eine einstweilige Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn dem ASt ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr ...