Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsanwaltsvergütung: Entstehung einer fiktiven Terminsgebühr im sozialgerichtlichen Verfahren. Anerkenntnis bei Erklärung der Bereitschaft zur Übernahme von Kosten

 

Leitsatz (amtlich)

Die Erklärung, ein Anerkenntnis abgeben zu wollen, muss stets durch den unbedingten Bindungswillen des Anerkennenden gekennzeichnet sein, und zwar auch für den Fall, dass das Anerkenntnis nicht angenommen wird. Erforderlich ist, dass sich ein darauf gerichteter Wille hinreichend deutlich aus dem gesamten Inhalt der Äußerung und aus dem Zusammenhang, in dem sie steht, ergibt (vgl. BSG, 6. Mai 2010, B 13 R 16/09 R -, m.w.N. juris).

Wird lediglich die Bereitschaft zur Übernahme von Kosten mit den Worten "können übernommen werden" erklärt, liegt ein solcher unbedingter Bindungswille nicht vor.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des SG Bayreuth vom 27.10.2016, S 10 SF 165/16 E, wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Gegenstand des Verfahrens ist die Höhe des Rechtsanwaltshonorars nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das dem Beschwerdeführer (Bf.) nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) aus der Staatskasse zusteht. Streitig ist allein die Entstehung einer (fiktiven) Terminsgebühr.

Im Klageverfahren vor dem SG Bayreuth (S 9 AS 356/14) ging es um Bedarfe für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), konkret u.a. um die Übernahme eines Nachzahlungsbetrages in Höhe von 144,67 € aus der Abrechnung der Stadtwerke B-Stadt. Die Übernahme war vom beklagten Jobcenter mangels örtlicher Zuständigkeit abgelehnt worden, da die Klägerin zwischenzeitlich nach A-Stadt verzogen war.

Der Bf. wurde mit Beschluss vom 20.07.2016 der Klägerin ab dem 30.04.2014 als Rechtsanwalt beigeordnet.

Mit Beschluss vom gleichen Tag hat das SG das Jobcenter A-Stadt nach § 75 Abs. 2 SGG beigeladen. Der Beigeladene nahm mit Schreiben vom 22.08.2016 gegenüber dem Gericht zum Verfahren Stellung und erklärte, die streitigen Heizkosten in Höhe von 144,67 € könnten von ihm übernommen werden.

Daraufhin teilte der Bf. dem SG mit, das Anerkenntnis der Beigeladenen werde angenommen und die Klage für erledigt erklärt. In der Abschlussverfügung des SG wurde ausgeführt, das Verfahren sei in der Hauptsache erledigt, da es durch den bevollmächtigten der Klägerin für erledigt erklärt worden sei.

Am 29.08.2016 beantragte der Bf., seine Vergütung für das Klageverfahren in Höhe von 702,10 € festzusetzen und setzte dabei eine Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG in Höhe von 270,00 € wegen "Verfahren vor Sozialgerichten ohne mündliche Verhandlung" an.

Mit Entscheidung vom 02.09.2016 setzte der Kostenbeamte des SG die Vergütung in Höhe von 380,80 € fest. Eine Terminsgebühr nach der VV-Nr. 3106 Ziff.. 3 zum RVG könne nicht berücksichtigt werden, da der Rechtsstreit für erledigt erklärt worden sei.

Hiergegen hat der Bf. Erinnerung eingelegt und vorgetragen, für den Anfall einer Terminsgebühr sei die Abgabe eines Anerkenntnisses keine Voraussetzung. Nach dem Wortlaut des Gesetzes sei für das Anfallen der Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 Ziff. 3 VV RVG ausreichend, wenn das Verfahren, für das eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben sei, ohne mündliche Verhandlung ende. Vorliegend habe der Beklagte den Anspruch der Klägerin durch Erlass des begehrten Bescheides anerkannt.

Mit Beschluss vom 27.10.2016 hat das SG die Erinnerung als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, weder der Beigeladene noch der Beklagte hätten eine Prozesserklärung im Sinne eines Anerkenntnisses abgegeben. Erklärt worden sei vom Beigeladenen lediglich, der Betrag von 144,67 € könne übernommen werden. Ein nicht erklärtes Anerkenntnis könne auch nicht angenommen werden. Ein Anerkenntnis im Rechtssinne sei auch nicht inzidenter im Erlass des Bewilligungsbescheides durch den Beigeladenen zu sehen. Die Erledigung der Klage sei vielmehr durch die auf die Erklärung der Beigeladenen hin von der Klagepartei abgegebene Erledigungserklärung eingetreten, mit der die Klagepartei ihrem nun nicht mehr vorhandenen Rechtsschutzbedürfnis Rechnung getragen und eine Klageabweisung als unzulässig vermieden habe.

Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 16.11.2016 Beschwerde erhoben und zu deren Begründung die bisherige Argumentation wiederholt. Ergänzend wurde ausgeführt, im sozialgerichtlichen Verfahren sei der Antrag auf Protokollierung oder Erlass eines Anerkenntnisurteils nicht erforderlich und nicht zweckmäßig. Ausreichend sei, dass der geltend gemachte Anspruch ganz oder teilweise anerkannt werde. Der Beklagte habe mit Schriftsatz vom 22.08.2016 gegenüber dem Gericht erklärt, dass die Heizkosten in Höhe von 144,67 € übernommen würden. Darin liege ein Anerkenntnis, durch das die Erledigung des Rechtsstreits herbeigeführt worden sei. Dies reiche für den Anfall der Terminsgebühr aus.

Der Beschwerdegegner (Bg.) widersprach der Auffassung des Bf., im Schreiben des Beigeladenen vom 22.08.2016 ein Anerkenntnis zu sehen. Auch habe der Beklagte darauf ...

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