Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Prozesskostenhilfe. Vergütung des beigeordneten Rechtsanwalts. Ausschluss der Rückforderung bei Zahlung auf einen verjährten Vergütungsanspruch
Leitsatz (amtlich)
Nach § 214 Abs 2 BGB kann das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete nicht zurückgefordert werden, auch wenn in Unkenntnis der Verjährung geleistet worden ist. Das gilt auch für die Vergütung, die von der Staatskasse im Rahmen der Prozesskostenhilfe an einen Rechtsanwalt ausgezahlt wurde.
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des SG Landshut vom 29.12.2016, S 8 SF 13/15 E, aufgehoben und die Erinnerung des Erinnerungsführers zurückgewiesen.
II. Im Übrigen wird die Beschwerde der Beschwerdeführerin zurückgewiesen.
Gründe
I.
Das Beschwerdeverfahren betrifft die Vergütung als beigeordnete Rechtsanwältin, die der Beschwerdeführerin gegen die Staatskasse zusteht.
Im Hauptsacheverfahren S 13 AS 389/07 wurde der dortigen Klägerin mit Beschluss vom 03.03.2008 Prozesskostenhilfe bewilligt und die Beschwerdeführerin beigeordnet. Das Hauptsacheverfahren endete am 26.11.2008 in mündlicher Verhandlung mit dem Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs. Ziffer III. des Vergleichs lautete wie folgt:
"Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass die unter II. genannten Rechtsstreitigkeiten mit dieser Vereinbarung ihre vollständige Erledigung gefunden haben."
Unter Ziffer II. war u.a. das Verfahren S 13 AS 389/07 genannt.
Mit einer am 17.02.2015 beim SG eingegangenen Kostennote vom 16.02.2015 beantragte die Beschwerdeführerin, die aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung auf 785,40 € festzusetzen.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Sozialgerichts wies die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 23.02.2015 darauf hin, dass die Verfahrensgebühr nicht, wie beantragt, nach Nr. 3102 VV RVG in Höhe von 250 € zu vergüten sei, sondern wegen der Vorbefassung im Widerspruchsverfahren nach Nr. 3103 VV RVG nur in Höhe von 170 €; es würden daher insgesamt 690,20 € auf das in der Kostennote angegebene Konto überwiesen.
Mit Datum vom 23.02.2015 ist dieser Betrag zur Zahlung auf das Konto der Beschwerdeführerin angewiesen worden.
Hiergegen wandte sich der Erinnerungsführer und jetzige Beschwerdegegner und machte mit Erinnerung vom 11.03.2015 die Einrede der Verjährung geltend. Der am 17.02.2015 eingegangene Vergütungsantrag der Erinnerungsgegnerin (jetzige Beschwerdeführerin) sei verjährt. Die Vergütung des Rechtsanwalts werde mit Beendigung des Rechtszuges fällig. Der Anspruch wegen Gebühren und Auslagen verjähre gem. § 195 BGB in 3 Jahren. Die Verjährung beginne mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 BGB). Der Anspruch auf die PKH-Vergütung sei daher zum 01.01.2012 verjährt. Die zu Unrecht gezahlte Vergütung sei zurückzuerstatten.
Das SG hat der Erinnerung mit Beschluss vom 29.12.2016 stattgegeben. Es hat die Kostenfestsetzung vom 23.02.2015 wegen Verjährung aufgehoben, die Vergütung der Beschwerdeführerin auf 0,- € festgesetzt und die Beschwerdeführerin zur Rückerstattung der gezahlten Vergütung in Höhe von 690,20 € verpflichtet.
Die Verjährung des Vergütungsanspruchs richte sich nach §§ 8 Abs. 1 RVG, 194 ff BGB.
Danach sei im vorliegenden Fall der Anspruch mit dem wirksamen Vergleich vom 26.11.2008 beendet worden. Die Verjährung beginne somit gem. § 199 BGB am 31.12.2008. Der Anspruch sei damit gem. § 195 BGB nach 3 Jahren zum 01.01.2012 verjährt. Die Einwendungen der Beschwerdegegnerin seien nicht überzeugend, insbesondere sei ein Ermessensfehlgebrauch der Einrede der Verjährung durch den Beschwerdegegner für die Kammer nicht nachvollziehbar gewesen. Die auf dem am 17.02.2015 eingegangenen Vergütungsantrag festgestellte und mit Datum vom 23.02.2015 an die Beschwerdeführerin ausgezahlte Vergütung sei an die Staatskasse zurückzuerstatten.
Gegen den Beschluss des SG hat die Beschwerdeführerin am 18.01.2017 Beschwerde eingelegt und diese im Wesentlichen unter eingehender Darstellung des dem Hauptsacheverfahren S 13 AS 389/07 zu Grunde liegenden Rechtsstreits begründet. Der Freistaat könne sich aufgrund der Gesamtsituation nicht auf Verjährung berufen. Im Übrigen werde der nicht ausgezahlte Differenzbetrag in Höhe von brutto 95,20 € geltend gemacht. Dieser Betrag sei nicht festgesetzt worden, so dass sich auch die Einrede der Verjährung nicht auf diesen Betrag beziehen könne. Es könne nicht sein, dass eine Anwaltskanzlei ein gerichtliches Verfahren ohne die Zahlung von Anwaltskosten durchführen müsse.
Der Beschwerdegegner hatte Gelegenheit, sich zu äußern.
Im Übrigen wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens sowie des Erinnerungsverfahren und die Akten mit dem Aktenzeichen S 13 AS 389/07 verwiesen.
II.
Die Beschwerde hat teilweise Erfolg.
Zuständig für die Entscheidung ist der Einzelrichter gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG.
Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall gemäß der Übergangsvorschrift des § 60 Abs. 1 RVG