Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Krankenversicherung: Genehmigungsfiktion für die Versorgung mit Medizinal-Cannabisblüten

 

Leitsatz (amtlich)

Der Eintritt der Genehmigungsfiktion für die Versorgung mit Cannabis setzt eine ärztliche Verordnung voraus.

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 02.03.2018 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Streitig ist Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes ein Anspruch der Antragstellerin auf Versorgung mit Medizinal-Cannabisblüten.

Die Antragstellerin, geb. 1950, leidet u.a. an einer rheumatischen Erkrankung und steht deshalb seit Jahren in medikamentöser Behandlung. Am 31.03.2017 ging bei der Antragsgegnerin Telefax ein Antrag ein auf Kostenübernahme für eine Therapie mit Cannabisblüten. Die Antragstellerin trug vor, dass sie mittels eines Privatrezepts die Wirkung der Cannabisblüten getestet habe. Es habe sich eine positive Wirkung gezeigt, allerdings könne sie von ihrer Rente diese Therapie nicht finanzieren und bitte deshalb um Kostenübernahme. Beigefügt war eine Liste von bisher eingenommenen Schmerzmitteln und Rheuma-Medikamenten sowie ein "Arztfragebogen der Krankenkassen zu Cannabinoiden", ausgefüllt und unterzeichnet durch den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. R. am 31.03.2017nannte als Therapieziel die Schmerzlinderung. Übermittelt wurde auch die ärztliche Hilfsmittel-Verordnung eines "mighty medic" Verdampfers.

Unter dem 10.04.2017 unterrichtete die Antragsgegnerin die Antragstellerin über die Prüfung des Antrages durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Dieser führte in seiner Stellungnahme vom 13.04.2017 aus, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Behandlung mit Cannabisblüten bei der rheumatoiden Arthritis der Klägerin nicht zwanglos bestätigt werden können. Zur Behandlung der Erkrankung stünden leitliniengestützte Behandlungsoptionen zur Verfügung, eine schwerwiegende Erkrankung könne nicht bestätigt werden.

Die Antragsgegnerin lehnte daraufhin mit Bescheid vom 24.04.2017 den Antrag auf Versorgung mit Cannabisblüten ab.

Auf den hiergegen gerichteten Widerspruch teilte die Antragsgegnerin am 27.07.2017 mit, dass der angeforderte Bericht des Rheumatologen und eine konkrete Darstellung der bisherigen Schmerztherapie nicht vorgelegt worden seien. Daher werde keine Möglichkeit gesehen, dem Widerspruch abzuhelfen. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.09.2017 wies die Antragsgegnerin schließlich den Widerspruch zurück.

Die Antragstellerin hat daraufhin Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben unter dem Az. S 2 KR 536/17. Am 09.02.2018 hat sie außerdem einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt und geltend gemacht, dass eine Genehmigungsfiktion eingetreten sei. Sie leide an einer schwerwiegenden Erkrankung, die mit erheblichen Schmerzen und Einbußen der Lebensqualität verbunden sei. Aufgrund der nun häufiger auftretenden Krankheitsschübe werde sie mit Cortison behandelt, das sie nicht gut vertrage. Sie lebe in einer Sozialwohnung von zwei kleine Renten.

Das Sozialgericht hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt mit Beschluss vom 02.03.2018 und seine Entscheidung darauf gestützt, dass weder eine Genehmigungsfiktion eingetreten, noch ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht worden sei.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 02.03.2018 aufzuheben und die Antragsgegnerin vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu verpflichten, die Klägerin mit medizinischem Cannabis in max. Tagesdosis von 3,5 g und einem Vier-Wochenbedarf von max. 100 g zu versorgen.

Die Beschwerdegegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin waren Gegenstand der Entscheidungsfindung. Ergänzend wird hierauf Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht erfolgreich. Das Sozialgericht hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz mit Beschluss vom 21.02.2018 im Ergebnis zutreffend abgelehnt.

Nach § 86b Abs 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Da die Antragstellerin die Versorgung mit Cannabisblüten als Arzneimittel begehrt, richtet sich die Gewährung des einstweiligen Rechtsschutzes auf den Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs 2 Satz 2 SGG. Die Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in d...

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