Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswert. Vertragszahnarzt. wirtschaftliches Interesse. Disziplinarmaßnahme. Anordnung des Ruhens der Zulassung
Orientierungssatz
1. Bei der Anordnung des Ruhens der Zulassung als Disziplinarmaßnahme ist bei der Gegenstandswertfestsetzung auf den mutmaßlichen Umsatz für den Ruhenszeitraum unter Abzug der Praxiskosten abzustellen.
2. Es ist angemessen, wenn bei der Gegenstandswertfestsetzung die Folgewirkungen der Ruhensanordnung nach billigem Ermessen mit einem Zuschlag von 25% in Ansatz gebracht werden.
Tatbestand
Die Beschwerde der Beschwerdeführerin zu 1) -- Bf. 1 -- und die Anschlußbeschwerde der Beschwerdeführer zu 2) -- Bf. 2 -- richten sich gegen einen Beschluß des Sozialgerichts München, mit dem der Gegenstandswert in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes festgesetzt würde.
Mit Disziplinarbescheid vom 07.11.1989 ordnete die Bf. 1 das Ruhen der kassenzahnärztlichen Ermächtigung und der vertragszahnärztlichen Beteiligung der Beschwerdegegnerin -- Bg. -- gemäß § 81 Abs.5 SGB V für den Zeitraum vom 01.04.1990 bis 30.09.1990 wegen einer Reihe von kassen- und vertragszahnärztlichen Pflichtverletzungen an. Dagegen erhob die Bg. am 07.12.1989 Klage und stellte zugleich den Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage bzw. die Aussetzung des Vollzugs des Bescheides der Bf. 1 anzuordnen. Mit Beschluß vom 30.03.1990 setzte das Sozialgericht München den Vollzug des Bescheides vom 07.11.1989 insoweit einstweilen aus, als das Ruhen der vertragszahnärztlichen Beteiligung vom 1. April 1990 bis 30. September 1990 angeordnet wurde. Im übrigen wurde der Antrag abgewiesen. Der Bf. 1 wurde die Hälfte der Kosten des Rechtsstreites auferlegt.
Die dagegen eingelegte Beschwerde der Bf. 1 und die Anschlußbeschwerde der Bg. wurden im Oktober 1990 wegen Zeitablaufs für erledigt erklärt, auf Antrag entschied der Senat mit Beschluß vom 9. September 1991, daß die Bf. 1 der Bg. die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten habe.
Mit Schreiben vom 22.10.1991 beantragten die Bf. 2 die gerichtliche Feststellung des Gegenstandswertes für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes und regten an, einen Betrag nicht unter 1 Million DM festzusetzen. Da durch die Ruhensanordnung der Bestand der gesamten Praxis der Bg. gefährdet gewesen sei, müsse der Gegenstandswert nach dem gemeinen Wert der Praxis, also dem bei ihrer Veräußerung erzielbaren Preis, bestimmt werden.
Die Bg. bezifferte in einem Schreiben vom 18.11.1991 den Gegenstandswert aus ihrer Sicht mit 150.000,-- DM, ohne hierfür eine nähere Begründung abzugeben.
Die Bf. 1 beantragte mit ihrem Schriftsatz vom 18.12.1991 den Gegenstandswert auf höchstens 42.576,83 DM festzusetzen. Sie ermittelte diesen Betrag als Unterschiedsbetrag zwischen denen im Quartal II und III 1988 und den in den Quartalen II und III 1990 im Primär- und Ersatzkassenbereich tatsächlich bzw. mutmaßlich erzielten Umsätzen, wobei ein Kostenanteil von 68 % in Abzug gebracht wurde.
Mit Beschluß vom 31. August 1992 setzte das Sozialgericht München den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auf 162.220,93 DM fest. Gegenstand in dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sei nicht die kieferorthopädische Praxis der Bg. als solche gewesen, sondern lediglich die Betätigungsmöglichkeit der Bg. in dieser Praxis für den Bereich der kassen- und vertragszahnärztlichen Versorgung. Die Wertfestsetzung sei deshalb nach billigem Ermessen aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte im Wege der Schätzung vorzunehmen gewesen. Das wirtschaftliche Interesse der Bg. habe darin bestanden, für den Zeitraum von 6 Monaten die Möglichkeit der Gewinnerzielung aufgrund ihrer freiberuflichen Tätigkeit als Kieferorthopädin zu behalten sowie Ertragsminderungen für die Zeit danach abzuwenden. Es seien deshalb bei der Schätzung die mutmaßlichen Umsätze der Bg. im 2. und 3. Quartal 1990 aus der kassen- und vertragszahnärztlichen Tätigkeit zugrunde zu legen. Anhaltspunkt hierfür seien die von der Bf. 1 genannten Umsatzzahlen desselben Zeitraumes im Jahre 1988. Dieser Wert von 185.485,74 DM sei mit der Steigerungsrate des Punktwertes im Zeitraum II, III 1989 bis II, III 1990 zu vervielfältigen. Dies ergebe einen fiktiven Umsatz von 196.631,45 DM. Von diesem geschätzten Umsatz im Primär- und Ersatzkassenbereich dürften im Gegensatz zur Auffassung der Bf. 1 die tatsächlich von April bis September 1990 erzielten Umsätze, die nur aufgrund des teilweisen Erfolges des Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz möglich gewesen seien, nicht in Abzug gebracht werden. Die Ruhensanordnung, gegen deren Vollziehung sich der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz richtete, habe den Primär- und Ersatzkassenbereich betroffen und der Gegenstandswert sei unabhängig vom Ausgang des Verfahrens zu bestimmen. Es sei unbillig, im Falle einer kurzzeitigen Ruhensanordnung von nur 6 Monaten die gesamten Praxiskosten in Abzug zu bringen. Bei einer 6-monatige...