Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswert. Vertragszahnarzt. wirtschaftliches Interesse. Disziplinarmaßnahme. Anordnung des Ruhens der Zulassung
Orientierungssatz
Zur Festsetzung des Gegenstandswertes der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes bei einer Streitigkeit über das Ruhen von kassenzahnärztlicher Ermächtigung und vertragszahnärztlicher Beteiligung zur Durchführung von kieferorthopädischen Behandlungen für einen Zeitraum von 6 Monaten.
Tatbestand
Die Antragsgegnerin (Ag) zu 2. hat mit Disziplinarbescheid vom 07.11.1989 gegenüber der Ag zu 1. hauptsächlich wegen nicht fachgerechter Planung und Durchführung von Behandlungen das Ruhen von deren kassenzahnärztlichen Ermächtigung und vertragszahnärztlichen Beteiligung zur Durchführung kieferorthopädischer Behandlungen (§ 31 Abs. 2 ZO-ZÄ i.V.m. 10 a Abs. 1 BMV-Z bzw. § 2 Abs. 2 EKV-Z) für den Zeitraum vom 01.04. bis 30.09.1990 verfügt. Hiergegen richtete sich die Klage der Ag zu 1. vom 07.12.1989 (S 33/38/42 Ka 1526/89.Z), in deren Verlauf sie die Antragsteller (ASt) zu ihren Prozeßbevollmächtigten bestellte. Diese beantragten in den Schriftsätzen vom 14. und 19.02.1990 zusätzlich, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen oder aber den Vollzug des Disziplinarbescheids einstweilen auszusetzen.
Die 38. Kammer des Sozialgerichts München gab mit Beschluß vom 30.03.1990 (S 38 VR 5026/90.Ka) dem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz teilweise statt, indem sie die Vollziehung der Ruhensanordnung für den vertragszahnärztlichen Bereich (Ersatzkassen) einstweilen aussetzte. Die gegen diese Entscheidung von beiden Seiten eingelegte Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht erledigte sich in der Hauptsache durch Zeitablauf (vgl. Kostenbeschluß L 12 B 88/90.Ka-VR vom 09.09.1991), da die Ag zu 1. in den Quartalen II und III/90 nur noch Patienten der Ersatzkassen behandelte.
Mit Schreiben vom 22.10.1991 beantragten die ASt die gerichtliche Feststellung des Gegenstandswertes für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes und regten an, einen Betrag nicht unter 1.000.000,-- DM festzusetzen. Da durch die Ruhensanordnung der Bestand der gesamten Praxis der Ag zu 1. gefährdet gewesen sei, müsse der Gegenstandswert gem. § 19 Abs. 1 Satz 1 KostO nach dem gemeinen Wert der Praxis, also dem bei ihrer Veräußerung erzielbaren Preis, bestimmt werden oder es sei der Barwert aller zukünftig zu erzielenden Einnahmenüberschüsse zugrundezulegen (vgl. auch Schriftsätze vom 07.01. und 10.04.1992).
Die Ag zu 1. bezifferte im Schreiben vom 18.11.1991 den Gegenstandswert aus ihrer Sicht und ohne nähere Begründung auf 150.000,-- DM.
Die Ag zu 2. beantragte in den Schriftsätzen vom 18.12.1991 und 10.03.1992, den Gegenstandswert auf höchstens 42.576,83 DM festzusetzen. Sie ermittelte diesen Betrag als Unterschiedsbetrag zwischen den in den Quartalen II und III/1988 einerseits und den Quartalen II und III/1990 andererseits im Primär- und Ersatzkassenbereich tatsächlich bzw. mutmaßlich (bezüglich der Direktabrechnung 1990) erzielten Umsätzen, wobei ein Kostenanteil von 68% in Abzug gebracht wurde.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der ASt und des Ag zu 2. wird auf den Inhalt der genannten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
1. Die 42. Kammer des Sozialgerichts München ist nunmehr für die Festsetzung des Gegenstandswertes der anwaltlichen Tätigkeit im erstinstanzlichen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gem. § 10 Abs. 1 BRAGO zuständig, da in den Geschäftsverteilungsplänen des Sozialgerichts München (§ 21 e Abs. 1 GVG i.V.m. § 6 SGG) ab dem 01.01.1991 die Streitsachen der Kassenzahnärzte mit der Endnummer 26 diesem Spruchkörper zugewiesen wurden.
2. Der gemäß § 10 Abs. 2 Sätze 1 und 2 i.V.m. § 16 Satz 2 und § 116 Abs. 2 Nr. 1 BRAGO zulässige Antrag auf Gegenstandswertfestsetzung ist nur in Höhe von 162.220,93 DM begründet.
2.1 Da im sozialgerichtlichen Verfahren keine Wertvorschriften für Gerichtsgebühren bestehen (vgl. §§ 183, 184 SGG), ist der Gegenstandswert nach den Vorschriften des § 8 Abs. 2 BRAGO zu ermitteln (§ 8 Abs. 1 Satz 3 BRAGO). Gegenstand des Verfahrens war ein Recht, d.h. die Frage, ob die Ag zu 1. eine 6-monatige Unterbrechung ihrer Berechtigung zur Durchführung kieferorthopädischer Behandlungen im System der kassen- und vertragszahnärztlichen Versorgung hinnehmen mußte.
Hierfür enthalten die gem. § 8 Abs. 2 Satz 1 BRAGO zunächst sinngemäß anzuwendenden Vorschriften der Kostenordnung (KostO) keine Regelungen. Insbesondere der von den ASt herangezogene § 19 KostO ist nicht anwendbar, da die kieferorthopädische Praxis der Ag zu 1. als solche (d.h. als eigentumsgleiches Bündel verschiedenster Rechte und unkörperlicher Vermögenswerte, vgl. Art. 14 GG) nicht Verfahrensgegenstand war (unberührt blieb die Möglichkeit der Privatbehandlung und der Veräußerung), sondern lediglich die Betätigungsmöglichkeit der Ag zu 1. in dieser Praxis für den Bereich der kassen- und vertragszahnärztlichen Versorgung (vgl. Art. 12 GG). D...