Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Aufforderung zur Rentenantragstellung. Verwaltungsaktqualität des Aufforderungsschreibens
Leitsatz (amtlich)
Bei der Aufforderung eines Leistungsberechtigten nach dem SGB II, einen Rentenantrag zu stellen, handelt es sich um einen Verwaltungsakt, der im Ermessen des Jobcenters steht.
Vor erfolglosem Ablauf der im Aufforderungsschreiben gesetzten Frist zur Rentenantragstellung durch den Leistungsberechtigten kann der Jobcenter nicht selbst einen Rentenantrag für den Leistungsberechtigten stellen.
Orientierungssatz
1. Wurde in einem Sozialverwaltungsakt eines Grundsicherungsträgers bestimmt, dass ein Empfänger von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende innerhalb von zwei Wochen ab Zugang des Schreibens einen Antrag auf Gewährung von Altersrente beim Rentenversicherer zu stellen hat und kommt der Grundsicherungsempfänger der Verpflichtung nicht fristgemäß nach, so erledigt sich die Verfügung nicht nach Ablauf der gesetzten Frist. Vielmehr bleibt die verfügte Verpflichtung zur Rentenantragstellung weiter bestehen.
2. Auch schon bezüglich einer Aufforderung zur Stellung eines Rentenantrags hat der Grundsicherungsträger pflichtgemäßes Ermessen auszuüben. Dazu sind im Rahmen der Entscheidung die relevanten Interessen zu ermitteln, zu berücksichtigen und abzuwägen.
Tenor
I. Die Beschwerde gegen Ziffer I. des Beschlusses des Sozialgerichts Bayreuth vom 11.03.2015 wird zurückgewiesen.
II. Ziffer II. des Beschlusses des Sozialgerichts Bayreuth vom 11.03.2015 wird aufgehoben und der Antragsgegner verpflichtet, seinen mit Schreiben vom 02.12.2014 für den Antragsteller bei der Deutschen Rentenversicherung Bund gestellten Rentenantrag zurückzunehmen.
III. Ziffer III. des Beschlusses des Sozialgerichts Bayreuth vom 11.03.2015 wird aufgehoben und dem Antragsteller Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung für das erstinstanzliche Antragsverfahren bewilligt sowie Rechtsanwältin P., A-Stadt, beigeordnet.
IV. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller 1/3 seiner außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
V. Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwältin P., A-Stadt, beigeordnet.
Gründe
I.
Streitig ist im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens eine Aufforderung zur Stellung eines Rentenantrages sowie die Rücknahme eines vom Antragsgegner (Ag) gestellten Rentenantrages.
Der 1951 geborene Antragsteller (ASt) hat einen Grad der Behinderung (GdB) von 50 und bezog seit 01.01.2005 (ab 01.11.2008 vom Antragsgegner - Ag) mit Unterbrechung vom 01.01.2011 bis 31.05.2011 wegen einer selbständigen Tätigkeit als Versicherungsvertreter (01.01.2011 bis 14.06.2011) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Zuletzt wurde ihm Alg II für die Zeit bis 31.05.2015 iHv 745,13 € bewilligt (Änderungsbescheid vom 23.12.2014). Eine vom ASt bezogene Rente nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) wurde bei der Leistungsgewährung nicht in Anrechnung gebracht.
Im Antrag vom 07.06.2011 hatte er angegeben, über keine Vermögenswerte zu verfügen. In den Folgeanträgen erklärte er hierzu jeweils, es seien keine Änderungen in den Vermögensverhältnissen eingetreten. Mit Bescheid vom 05.05.2015 lehnte der Ag die Bewilligung von Alg II für die Zeit ab 01.06.2015 ab und verwies auf die Möglichkeit des ASt, eine Altersrente und ggf. aufstockende Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) in Anspruch nehmen zu können.
Im Hinblick auf eine Rentenauskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) vom 21.03.2013, wonach der ASt ab 01.08.2014 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen ohne Abschläge iHv 599,59 € in Anspruch nehmen könne, forderte der Ag den ASt mit Schreiben vom 02.12.2014 auf, innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Schreibens einen entsprechenden Rentenantrag zu stellen. Eine Abwägung seiner Interessen mit dem Interesse an der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung von Leistungen nach dem SGB II sei die Beantragung dieser vorrangigen Leistung zur Beseitigung bzw. Verringerung der Hilfebedürftigkeit zumutbar. Gleichzeitig wandte sich der Ag mit einem weiteren Schreiben vom 02.12.2014 an die DRV und stellte dort vorsorglich für den Fall, dass der ASt noch keinen Rentenantrag gestellt habe, einen entsprechenden Antrag. Mit Schreiben vom 07.01.2015 teilte der Ag der DRV weiter mit, er verfolge die vorsorgliche Antragstellung weiter und bitte um Verbescheidung und Zusendung des Rentenbescheides.
Mit seinem Widerspruch gegen die Aufforderung zur Rentenantragstellung trug der ASt vor, diese sei ihm nicht zumutbar. Es sei nach wie vor bemüht, Arbeit zu finden, und habe mit dem Ag eine Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen. Bei Beantragung einer Rente würde er keine Arbeitsförderdung mehr bekommen. Auch würde die Rente den Unterhaltsbedarf nicht decken. Im Rahmen der dann notwendigen Leistungen nach d...