Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren: Gewährung von Prozesskostenhilfe. Notwendigkeit der Einräumung rechtlichen Gehörs für die Gegenseite bei Prozesskostenhilfeantrag im einstweiligen Rechtsschutzverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Vor der Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist dem Antragsgegner auch im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens in der Regel rechtliches Gehör zu gewähren.

 

Orientierungssatz

Eine Entscheidung über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe kann auch im einstweiligen Verfügungsverfahren regelmäßig erst nach Ablauf einer der Gegenseite eingeräumten Frist zur Stellungnahme ergehen. Erledigt sich der Rechtsstreit vorher und entfällt damit das Rechtsschutzbedürfnis, kommt auch eine Bewilligung der Prozesskostenhilfe nicht mehr in Betracht.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 13.04.2016 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Streitig war im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens der Anspruch des Antragstellers auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II -) gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für April 2016 in Höhe von 1.507,96 €.

Laut den Angaben des Antragsgegners im Bescheid vom 04.04.2016 wurden dem Antragsteller samt der mit ihm in Bedarfsgemeinschaft wohnenden Personen mit Bescheid vom 14.01.2016 und 16.02.2016 unter anderem für April 2016 Alg II bewilligt, diese Leistung aber vorläufig eingestellt (Zahlungseinstellung vom 22.03.2016). Nachdem der Antragsteller Anfang April keine Zahlung des Antragsgegners erhalten hatte, hat er beim Sozialgericht Würzburg (SG) am 04.04.2016 einstweiligen Rechtsschutz dahingehend begehrt, den Antragsgegner zu verpflichten, für April 2016 Alg II in Höhe von 1.507,96 € zu zahlen. Zugleich hat er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) begehrt.

Angehört hierzu hat der Antragsgegner am 06.04.2016 dem SG mitgeteilt, mit Bescheid vom 04.04.2016 sei Alg II in Höhe von 1.507,96 € bewilligt und die vorläufige Zahlungseinstellung gelöscht worden. Eine Rückfrage des Antragstellers beim Antragsgegner am 04.04.2016 hätte genügt, um den Sachverhalt zu klären. Einer Beantragung einstweiligen Rechtsschutzes hätte es nicht bedurft. Daraufhin hat der Antragsteller das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes am 13.04.2016 für erledigt erklärt.

Mit Beschluss vom 13.04.2016 hat das SG den Antrag auf Bewilligung von PKH abgelehnt. Im Zeitpunkt der frühestmöglichen Entscheidung des SG über den Antrag auf Bewilligung von PKH - vorliegend also nach Anhörung des Antragsgegners zu diesem Antrag am 06.04.2016 - habe für das Begehren nach einstweiligen Rechtsschutz keine hinreichende Erfolgsaussicht mehr bestanden, denn der Antragsgegner hatte die geforderte Leistung bereits erbracht (Bescheid vom 04.04.2016). Für eine ausnahmsweise Entbehrlichkeit der Anhörung des Antragsgegners zur Frage der Bewilligung von PKH gebe es keinerlei Anhaltspunkte.

Dagegen hat der Antragsteller Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben. Eine Anhörung des Antragsgegners zur Bewilligung von PKH im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sei nicht erforderlich. Zudem betreffe das Verfahren allein die Beziehung zwischen dem Antragsteller und dem Staat, der Antragsgegner sei hiervon nicht betroffen. Den Bescheid vom 04.04.2016 habe er erst am 08.04.2016 erhalten.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte des Antragsgegners sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG-) ist zulässig, aber unbegründet. Mangels hinreichender Erfolgsaussicht besteht kein Anspruch auf die Bewilligung von PKH.

Nach § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält PKH ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Es reicht für die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (vgl. BSG, Urteil vom 17.02.1998 - B 13 RJ 83/97 R - SozR 3-1500 § 62 Nr.19). Diese gewisse Wahrscheinlichkeit (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. § 73a Rn.7ff.) ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Beteiligten aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit des Obsiegens des PKH- Beantragenden ebenso wahrscheinlich ist wie sein Unterliegen.

Maßgebend für die Beurteilung der Erfolgsaussichten sind grundsätzlich die Verhältnisse und der Kenntnisstand im Zeitpunkt der...

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