Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. Antrag eines Krankenhausträgers auf Feststellung der Leistungsberechtigung nach § 136b Abs 4 SGB 5. nicht statthafter Feststellungsantrag. vorbeugender Rechtsschutz. Vorliegen eines qualifizierten Rechtsschutzbedürfnisses

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Krankenhausträger kann in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht die Feststellung erreichen, dass er im Fall einer künftigen rechtskräftigen Abweisung einer Klage gegen eine Entscheidung nach § 136b Abs 4 S 6 SGB V von den Krankenkassen geleistete Vergütungen für entsprechende Leistungen, die vor Abschluss des Klageverfahrens erbracht wurden, nicht zu erstatten hat. Die Frage, ob die aufschiebende Wirkung einer solchen Klage rückwirkend oder nur ex nunc entfällt, ist zu klären, wenn Krankenkassen derartige Erstattungsansprüche tatsächlich geltend machen.

2. Ein Feststellungsantrag ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht statthaft.

3. Vorbeugender Rechtsschutz kann in zulässiger Weise nur in Anspruch genommen werden, wenn hierfür ein besonderes oder qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis besteht. Ein qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis für vorbeugenden Rechtsschutz besteht nur, wenn die Verweisung auf nachträglichen Rechtsschutz - einschließlich des vorläufigen Rechtsschutzes - unzumutbar ist. Dies gilt in besonderem Maße für das Begehren nach vorläufigem vorbeugenden Rechtsschutz.

 

Tenor

18.02.2019 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin hat auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 248.500,-- Euro festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin begehrt im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens die Feststellung, dass sie im Kalenderjahr 2019 bis längstens zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache berechtigt sei, bei Versicherten der Krankenkassen der Antrags- und Beschwerdegegnerinnen gegen Vergütung Leistungen aus dem Leistungsbereich "Komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas" gemäß der Mindestmengenregelung (Mm-R) des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zu erbringen.

Die von der Antragstellerin getragene chirurgische Klinik ist mit insgesamt 170 Planbetten der Fachrichtung Chirurgie in den Krankenhausplan des Freistaats Bayern aufgenommen. Sie erbringt nach ihrem eigenen Vortrag seit mindestens 10 Jahren Eingriffe am Organsystem Pankreas. In der am 20.06.2018 zwischen den Beteiligten nach § 11 Abs. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und § 11 Abs. 1 Bundespflegesatzverordnung (BPflV) geschlossenen Pflegesatzvereinbarung haben die Parteien unter § 19 Nr. 7 Folgendes vereinbart: "Die Voraussetzung (Fallzahl) für die Mindestmengenregelung Pankreas kann in 2018 nicht erfüllt werden und kann somit von der Klinik auch nicht zur Abrechnung gebracht werden."

Am 10.07.2018 hat die Antragstellerin den Antragsgegnerinnen mittels elektronischer Übermittlung des Formulars für die Prognosedarlegung im Jahr für 2019 ihre Prognose für das Leistungsjahr 2019 u.a. in dem Leistungsbereich "Komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas" mitgeteilt. Hierfür hat sie die Leistungsmenge gemäß §§ 3 und 4 Mm-R im Jahr 2017 mit 5 und die Leistungsmenge in den letzten 2 Quartalen 2017 und in den ersten 2 Quartalen 2018 mit insgesamt 6 beziffert. In der Spalte "Prognose der Leistungsmenge für 2019" hat sie "10" angegeben. Mit Schreiben vom 13.07.2018 hat die Antragstellerin diese Prognosedarlegung näher begründet und ausgeführt, insgesamt seien für 2018 eine Gesamtzahl von ≫6 OPS-relevanten Eingriffen am Organsystem Pankreas zu erwarten. Gestützt werde diese Annahme durch die aktuelle, auch digitale Ausweitung der interdisziplinären Tumorkonferenz und die Akquise von neuen Einweisern mit onkologischem Schwerpunkt. Darüber hinaus seien Anfang 2018 auch erstmals Fortbildungen zum Thema neoadjuvante Chemotherapie und Downgrading beim Pankreaskarzinom mit der Frage der Operabilität in Zusammenarbeit mit dem Onkologen-Netzwerk und dem RPTC erfolgt. Aus diesen Gründen gehe die Antragstellerin für 2019 von der Erreichung der Mindestmengen für Eingriffe am Pankreas aus.

Mit Bescheid vom 09.08.2018 befanden die Antragsgegnerinnen, dass sie aufgrund der mit Schreiben der Antragstellerin vom 13.07.2018 mitgeteilten Mindestmengen-Prognose für das Leistungsjahr 2019 unter Abwägung aller Umstände zu dem Ergebnis gekommen seien, dass eine berechtigte mengenmäßige Erwartung der erforderlichen Mindestmenge in Höhe von 10 komplexen Eingriffen am Organsystem Pankreas nicht vorliege. Deshalb dürfe die Antragstellerin ab 01.01.2019 entsprechende Leistungen nicht bewirken. Würden solche Leistungen dennoch bewirkt, bestehe gemäß § 136b Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB V und § 4 Abs. 4 Mm-R kein Vergütungsanspruch. Zur Begründung der Entscheidung haben die Antragsgegnerinnen im Wesentlichen ausgeführt, die erforderliche Mindestmenge von 10 Eingriffen werde in den beiden in § 4 Abs. 2 Nummer 1 und 2 Mm-R als prognoserelevant festgelegte...

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