Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufschiebende Wirkung einer Klage gegen die Widerlegung der von einem Krankenhausträger abgegebenen Mindestmengenprognose für komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas für Erwachsene
Leitsatz (amtlich)
Die Landesverbände der Krankenkassen und der Verband der Ersatzkassen stehen im Hinblick auf die Widerlegung der von einem Krankenhausträger abgegebenen Mindestmengenprognose in notwendiger Streitgenossenschaft. Neben einer formal in einem Bescheid zusammengefassten gleichlautenden Entscheidung stellt auch die von den Landesverbänden der Krankenkassen und dem Verband der Ersatzkassen in getrennten Verwaltungakten erfolgte Widerlegung der Prognose eine nicht zu beanstandende Vorgehensweise dar. Zur Widerlegung der Prognose hinsichtlich der erforderlichen Mindestmenge bei Unterschreiten der Leistungszahlen im vorausgegangenen Kalenderjahr bei summarischer Prüfung. Zur notwendigen Anhörung des Krankenhausträgers vor Erlass des Widerlegungsbescheids.
Normenkette
SGB V § 136b Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 3, Abs. 4 Sätze 6, 11, Abs. 5 Sätze 1-4, 6, 9, 11; SGB X §§ 8, 18, 24 Abs. 1; GG Art. 20 Abs. 3; SGG § 54 Abs. 1, §§ 74, 78, 86a Abs. 2, § 113 Abs. 1, § 142 Abs. 2 S. 3, § 173 S. 1, §§ 177, 197a Abs. 1 S. 1; ZPO § 62; VwGO § 154 Abs. 1
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 30.11.2023, Az. S 15 KR 2249/23 ER, wird zurückgewiesen.
Auf die Beschwerden der Antragsgegnerinnen zu 2) bis 6) werden die Beschlüsse des Sozialgerichts Heilbronn vom 22.12.2023 ( S 11 KR 2377/23 ER), vom 10.01.2024 ( S 5 KR 2376/23 ER), vom 04.12.2023 ( S 16 KR 2379/23 ER), vom 11.12.2023 ( S 10 KR 2375/23 ER) und vom 29.12.2023 ( S 15 KR 2378/23 ER) aufgehoben und die Anträge der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung der Klage vom 03.11.2023 ( S 15 KR 2264/23) gegen die mit Bescheiden vom 04.10.2023 ergangene Widerlegung der Mindestmengenprognose für komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas für Erwachsene im Jahr 2024 anzuordnen, abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten der Antragsverfahren der Antragsgegnerinnen zu 2) bis 6) und die Kosten der Beschwerdeverfahren.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten im Zusammenhang mit der Widerlegung einer Mindestmengenprognose für das Jahr 2024 darüber, ob die Klage der Antragstellerin aufschiebende Wirkung hat.
Die Antragstellerin ist Rechtsträgerin eines zur Behandlung von Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen zugelassenen Krankenhauses in M1.
Am 03.08.2023 übermittelte die Antragstellerin im Zusammenhang mit der anzustellenden Prognose zur Erreichung der vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) festgesetzten jährlichen Mindestmenge von komplexen Eingriffen am Organsystem Pankreas für Erwachsene den Landesverbänden der Krankenkassen (Antragsgegnerinnen zu 1 bis 4 und 6) und dem Verband der Ersatzkassen (Antragsgegnerin zu 5) in digitaler Form einen Datensatz über die insoweit stationären Fälle. Daraus geht hervor, dass die Antragstellerin im Jahr 2022 insgesamt sechs Eingriffe und in den beiden letzten Quartalen des Jahres 2022 und den ersten beiden Quartalen des Jahres 2023 ebenfalls sechs Eingriffe durchgeführt hat.
Mit Anhörungsschreiben vom 24.08.2023, in dessen Briefkopf alle Antragsgegnerinnen aufgeführt waren, wurde gegenüber der Antragstellerin ausgeführt, die bislang durchgeführte Anzahl an Eingriffen entspreche nicht den Vorgaben der Mindestmengenregelung des G-BA, welche mindestens 15 solcher Behandlungen pro Jahr vorsehe. Wörtlich heißt es in dem Schreiben weiter: „Die Landesverbände der Krankenkassen und der Verband der Ersatzkassen beabsichtigen auf der Basis der bisher vorliegenden Informationen, die Leistung im Jahr 2024 nicht mehr zu vergüten. […] Die Landesverbände der Krankenkassen und der Verband der Ersatzkassen geben Ihnen hiermit die Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 13.09.2023.“ Die erste Seite des Schreibens enthielt oben links die Namen und Anschriften der Antragsgegner zu 1) bis 6), wobei angegeben wurde, dass die Antragsgegnerin zu 2) durch die Antragsgegnerin zu 3) vertreten werde. Als Gesprächspartner/in war eine Mitarbeiterin der Antragsgegnerin zu 1) angegeben. Die zweite Seite enthielt am Ende eine Grußformel sowie den Zusatz „ohne Unterschrift gültig“ und unter Nennung der Antragsgegnerinnen zu 1) sowie 3) bis 6) jeweils eine Namenswiedergabe mit dem vorangestellten Zusatz „gez.“.
Hierauf führte die Antragstellerin mit einem an die im Anhörungsschreiben genannte Mitarbeiterin der Antragsgegnerin zu 1) gerichteten Schreiben vom 04.09.2023 aus, im Jahr 2022 seien bei ihr bedingt durch die abklingende Covid-Pandemie Patienten in fortgeschrittenen Stadien des Pankreaskarzinoms zur Vorstellung gekommen, bei denen eine kurative Resektion schlichtweg nicht mehr möglich gewesen sei. Des Weiteren sei es durch den Weggang zweier Kollegen zu einer personellen - und damit auch fachlichen - Unterbesetzung der Gastroenterologie gekommen. Dem hätte durch eine Neubesetzung, konkret einem Se...