Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren: Entscheidung über die Auferlegung von Verschuldenskosten
Leitsatz (amtlich)
Sofern in einem Urteil Verschuldenskosten nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG verhängt werden, muss auch in dem Urteil eine Entscheidung über die Höhe der Verschuldenskosten getroffen werden.
Eine Aufsplittung der Entscheidung über die Verhängung von Missbrauchskosten nach § 192 Abs. 1 Satz 1 SGG in eine Kostengrundentscheidung mittels Urteil (mit Beisitzern), und die Festsetzung der Höhe der Kosten durch Beschluss außerhalb der mündlichen Verhandlung (ohne Beisitzer) ist bei der einheitlich zu treffenden Ermessensentscheidung, auch im Hinblick auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 Grundgesetz, nicht zulässig.
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 22. Juni 2017, mit dem dem Kläger wegen rechtsmissbräuchlicher Prozessführung Gerichtskosten in Höhe von 600,00 Euro auferlegt wurden, aufgehoben.
II. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers im Beschwerdeverfahren trägt die Staatskasse.
Gründe
I.
Der Kläger wendet sich gegen die Auferlegung von Verschuldenskosten.
Im Rahmen eines Klageverfahrens auf die Gewährung von Erwerbsminderungsrente vor dem Sozialgericht Augsburg fand am 14.06.2017 eine mündliche Verhandlung vor dem Sozialgericht in der Streitsache statt. Der Kläger war mit seinem Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung anwesend. In der mündlichen Verhandlung wurde der Kläger von der Vorsitzenden darauf hingewiesen, dass nach Auffassung des Sozialgerichts Augsburg die Fortsetzung des Klageverfahrens rechtsmissbräuchlich sei und vom Gericht beabsichtigt sei, von der Möglichkeit der Kostenauferlegung nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG Gebrauch zu machen. Dies wurde in der mündlichen Verhandlung noch näher begründet (vgl. Niederschrift zur öffentlichen Sitzung am 14.06.2017).
Nachdem der Kläger trotz des gerichtlichen Hinweises sein Klagebegehren weiter verfolgte, verkündete das Gericht ein klageabweisendes Urteil unter dessen Ziffer III des Tenors ausgeführt wurde:
"Der Kläger trägt die Kosten nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG wegen der Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung in noch festzusetzender Höhe".
Mit Beschluss vom 22.06.2017 setzte das Sozialgericht Augsburg die vom Kläger wegen rechtsmissbräuchlicher Prozessführung zu tragenden Gerichtskosten auf 600,00 Euro fest. In dem Beschluss wurde darauf verwiesen, dass mit Urteil vom 14.06.2017 das Gericht dem Grunde nach darüber entschieden habe, dass der Kläger die Kosten nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG wegen der Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung in noch festzusetzender Höhe zu tragen habe. Der Kläger habe ohne nachvollziehbare Gründe den Rechtsstreit fortgeführt, obwohl das Gericht ihm die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt hätte und auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung der Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen habe. Der Kostenbetrag von 600,00 Euro bestimme sich nach einer überschlägigen Schätzung nach § 202 SGG i.V.m. § 287 ZPO. Bei der Schätzung der Höhe der Gerichtskosten seien neben der Abfassung der schriftlichen Entscheidung entstehende Kosten des Richters und der Mitarbeiter auch allgemeine Gerichtshaltungskosten miteingeflossen.
Gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 14.06.2017 wurde am 27.07.2017 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht erhoben, über die noch nicht entschieden ist (Az.: L 14 R 468/17).
Unter dem gleichen Datum wurde gegen den Beschluss vom 22.06.2017 bezüglich der Festsetzung der Höhe der Verschuldens- und Missbrauchskosten Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht erhoben. Die Auferlegung der Kosten wegen Rechtsmissbräuchlichkeit sei aufzuheben, da dieser Beschluss rechtswidrig sei und den Kläger in seinen Rechten verletze.
Zur Ergänzung der Sachverhaltswiedergabe wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die Gerichtakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
II.
Die Beschwerde des Klägers ist zulässig und begründet.
Die Beschwerde ist statthaft.
Die Beschwerde an das Bayer. Landessozialgericht findet nach § 172 Abs. 1 SGG gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte statt, so weit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. Zwar hätte vorliegend die Entscheidung über die Höhe der Mutwillenskosten nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG mit der verfahrensbeendenden Entscheidung (hier: Urteil, vgl. dazu die Ausführungen weiter unten) getroffen werden müssen. Nachdem das Sozialgericht Augsburg jedoch mittels Beschluss vom 22.06.2017 die Höhe der Mutwillenskosten festgesetzt hat, handelt es sich um eine Entscheidung im Sinne des § 172 Abs. 1 SGG.
Die Beschwerde ist auch nicht ausgeschlossen. Die Auferlegung von Verschuldenskosten ist eine Entscheidung des Gerichts und unterfällt damit nicht dem Ausschluss von Beschwerden gegen Verfügungen des Vorsitzenden nach § 172 Abs. 2 SGG. Die weiteren Ausschlus...