Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliges Rechtsschutzverfahren. Rechtsanwaltsvergütung gem Teil 3 Vorbem 3 Abs 3 iVm RVG-VV Nr 3106. fiktive Terminsgebühr

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Rechtsanwaltsvergütung in sozialgerichtlichen Eilverfahren: Das Entstehen der sogenannten "fiktiven" Terminsgebühr nach der Vorbemerkung 3 Abs 3 iVm Nr 3106 VV RVG ist in sozialgerichtlichen Eilverfahren nicht deswegen ausgeschlossen, weil in solchen Eilverfahren eine mündliche Verhandlung nur in Ausnahmefällen fakulativ durchgeführt wird (§ 124 Abs 3 SGG).

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 22.11.2006 wird der Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 09.11.2006 - S 10/5 AS 488/06 ER Ko. - aufgehoben. Dem Beschwerdeführer sind 201,02 Euro an Rechtsanwaltsvergütung nachzuentrichten.

 

Gründe

I.

In dem Antragsverfahren S 5 AS 488/06 ER der C. K. gegen ARGE Arbeitsagentur - Landkreis B. hat das Sozialgericht Bayreuth mit Beschluss vom 22.06.2006 der Antragstellerin Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt A. (den hiesigen Beschwerdeführer), dem bereits am 07.06.2006 Prozessvollmacht erteilt worden war, beigeordnet. Im Folgenden hat das Sozialgericht Bayreuth mit Beschluss vom 18.08.2006 die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Verbindlichkeiten der Antragstellerin für Strom bei der E.ON Bayern in Höhe von 1.674,06 EUR darlehensweise zu übernehmen und den Antrag im Übrigen zurückgewiesen. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin sind der Antragsgegnerin zu einem Drittel auferlegt worden.

Am 06.09.2006 hat der Beschwerdeführer die Kostenerstattung für Prozesskostenhilfe in Höhe von 406,93 EUR beantragt, welche sich wie folgt aufschlüsseln:

- Verfahrensgebühr für Verfahren vor Sozialgericht mit vorausgegangenem Verwaltungsverfahren, § 2 RVG in Verbindung mit Nr.3102, 3103 VV RVG

 220,00 EUR

- Terminsgebühr, § 2 RVG in Verbindung mit Nr.3106 VV RVG

260,00 EUR

- Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen Nr.7002 VV RVG

20,00 EUR

- 58 Ablichtungen aus der Verwaltungsakte, § 2 RVG in Verbindung mit Nr.7000 VV RVG

26,20 EUR

- 16 % Umsatzsteuer, Nr.7008 VV RVG

84,19 EUR

610,39 EUR

Hiervon 2/3

406,93 EUR

Am 10.10.2006 hat der Kostenbeamte des Sozialgerichts Bayreuth die an den Beschwerdeführer zu zahlenden außergerichtlichen Kosten wie folgt festgesetzt:

- Verfahrensgebühr, §§ 3, 14 in Verbindung mit der Anlage 1 zu § 2 Abs.2 RVG, VV Nr.3102

220,00 EUR

- Auslagenpauschale, VV Nr.7002

20,00 EUR

- Fotokopiekosten, VV Nr.7000

26,20 EUR

- 16 % Umsatzsteuer, VV Nr.7008

42,59 EUR

308,79 EUR

hiervon 2/3 gemäß Beschluss vom 18.08.2006

205,86 EUR

Das Sozialgericht Bayreuth hat die Erinnerung des Beschwerdeführers vom 11.10.2006 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 10.10.2006 mit Beschluss vom 09.11.2006 zurückgewiesen. Dem Erinnerungsführer stehe die streitige Terminsgebühr nach Nr.3106 VV RVG nicht zu. Es habe sich um ein Antragsverfahren im Sinne von § 86b des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gehandelt, das mit Beschluss ohne mündliche Verhandlung einer Erledigung zugeführt worden sei (vgl. § 124 Abs.3 SGG). Die Entstehung der Terminsgebühr nach Nr.3106 VV RVG setze im Regelfall ein Verfahren voraus, das die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vorsehe. Die Gebühr entstehe zwar auch, wenn in einem Verfahren, für das eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben sei, im Einvernehmen mit den Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden werde, nach § 105 Abs.1 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden werde oder das Verfahren nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung ende. Keine der vorstehenden Voraussetzungen für das Entstehen der Terminsgebühr Nr.3106 VV RVG seien hier erfüllt. Der Antragsteller könne sich auch nicht auf die Vorbemerkung 3 Abs.2 und 3 RVG berufen. Soweit Telefonate mit den Mitarbeitern der damaligen Antragsgegnerin und dem Stromlieferanten geführt worden seien, habe es sich nicht um Besprechungen zur Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gehandelt.

Zur Begründung der hiergegen gerichteten Beschwerde hob der Beschwerdeführer hervor, es könne dahin gestellt bleiben, ob die Voraussetzungen der Nr.3106 VV RVG erfüllt seien oder nicht. Denn auf jeden Fall sei die Gebühr gemäß Vorbemerkung 3 Abs.3 VV RVG angefallen. Danach genüge die Mitwirkung an auf die Erledigung gerichteten Besprechungen. Die Terminsgebühr könne selbst dann anfallen, wenn das Verfahren noch nicht anhängig, aber bereits ein unbedingter Prozessauftrag wie hier erteilt worden sei. Die Antragstellerin habe den Unterzeichner damit beauftragt, eine Entscheidung über die darlehensweise Übernahme rückständiger Stromzahlungen herbeizuführen. Der Auftrag zur gerichtlichen Geltendmachung sei unbedingt erteilt gewesen. Um ein gerichtliches Verfahren zu vermeiden, habe der Unterzeichner mit der Antragsgegnerin telefoniert. Der Sachverhalt sei gerade erörtert worden, um einen Rechtsstreit zu vermeiden. Wie das Sozialge...

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