Entscheidungsstichwort (Thema)
Entschädigung für die Nachteile bei der Haushaltsführung. Bezug von Erwerbsersatzeinkommen
Leitsatz (amtlich)
Der Bezug von Erwerbsersatzeinkommen oder Lohnersatzleistungen steht bis zum Inkrafttreten des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes einer Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung gem. § 21 JVEG nicht entgegen.
Normenkette
SGG § 191; JVEG § 4 Abs. 1, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 Sätze 1-2, § 5 Abs. 1, § 21 S. 1, § 20
Tenor
Die Entschädigung der Antragstellerin für die Wahrnehmung des Gerichtstermins am 01.07.2013 wird auf 130,- € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt eine Entschädigung wegen der Teilnahme an einem Gerichtstermin nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG).
In dem am Bayerischen Landessozialgericht (Bayer. LSG) unter den Aktenzeichen
L 11 AS 75/13 u.a. geführten Rechtsstreitigkeiten der Antragstellerin fand am 01.07.2013 eine mündliche Verhandlung statt; das persönliche Erscheinen der Antragstellerin war angeordnet. Die auf 13.20 Uhr terminierte mündliche Verhandlung dauerte von 14.15 Uhr bis 15.07 Uhr.
Mit Entschädigungsantrag vom 01.07.2013 beantragte die Antragstellerin die Entschädigung für das Erscheinen beim Gerichtstermin. Sie machte neben Fahrtkosten für öffentliche Verkehrsmittel (22,- €) eine Entschädigung für die terminsbedingte Abwesenheit von 9.10 Uhr (Abreise von zu Hause) bis zur Rückkehr um ca. 18.00 Uhr geltend, da sie einen eigenen Haushalt für zwei Personen führe.
Mit Schreiben vom 03.07.2013 bewilligte die Kostenbeamtin des Bayer. LSG als Entschädigung die geltend gemachten Fahrtkosten in Höhe von 22,- € sowie eine Entschädigung für Zeitversäumnis gemäß § 20 JVEG für 9 Stunden zu je 3,- €, also in Höhe von 27,- €, damit insgesamt in Höhe von 49,- €.
Mit Schreiben vom 21.07.2013 hat sich die Antragstellerin gegen die Abrechnung der Kostenbeamtin insofern gewandt, als ihr nur eine Entschädigung für Zeitversäumnis gewährt worden sei, ihr aber ihrer Ansicht nach eine Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung zustehe.
II.
Die Festsetzung der Entschädigung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier die Berechtigte mit Schreiben vom 21.07.2013 sinngemäß die richterliche Festsetzung beantragt.
Die Entschädigung für die Wahrnehmung des Gerichtstermins am 01.07.2013 ist auf 130,- € festzusetzen.
Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Berechnung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Kostenfestsetzung durch den Kostenbeamten handelt es sich um eine lediglich vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung hinfällig wird (vgl. Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.1968, Az.: RiZ (R) 4/68). Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos (ständige Rechtsprechung, vgl. Meyer/Höver/Bach, JVEG, 25. Aufl. 2011, Rdnr. 4.12 - m.w.N.). Das Gericht hat daher eine vollumfassende Prüfung des Entschädigungsanspruchs vorzunehmen, ohne auf Einwände gegen die im Verwaltungsweg erfolgte Kostenfestsetzung beschränkt zu sein. Die vom Gericht festgesetzte Entschädigung kann daher auch niedriger ausfallen, als sie zuvor vom Kostenbeamten festgesetzt worden ist; das Verbot der reformatio in peius gilt nicht (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Bayer. LSG, Beschluss vom 29.05.2007, Az.: L 14 R 401/98; vgl. auch Meyer/Höver/Bach, a.a.O., Rdnr. 4.12 - m.w.N).
Beteiligte eines gerichtlichen Verfahrens sind gemäß § 191 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wie Zeugen zu entschädigen, sofern es sich - wie hier - um ein gerichtskostenfreies Verfahren im Sinne des § 183 SGG handelt. Die Entschädigung ergibt sich aus dem JVEG. Die Entschädigungstatbestände (für einen Zeugen) sind in § 19 JVEG aufgelistet.
1. Anzuwendendes Recht
Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall auch nach Erlass des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz -
2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl I S. 2586, 2681 ff.) gemäß der Übergangsvorschrift des § 24 JVEG die Regelungen des JVEG in der bis zum 31.07.2013 geltenden Fassung. Denn die Antragstellerin als Berechtigte ist vor dem gemäß Art. 55
2. KostRMoG am 01.08.2013 erfolgten Inkrafttreten des 2. KostRMoG herangezogen worden.
2. Fahrtkosten
Der Antragstellerin sind Fahrtkosten in Höhe von 22,- € zu erstatten.
Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 JVEG werden einem Beteiligten im sozialgerichtlichen Verfahren bei Benutzung von öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Beförderungsmitteln die tatsächlich entstandenen Auslagen bis zur Höhe der entsprechenden Kosten für die Benutzung der ersten Wagenklasse der Bahn einschließlich der Auslagen für Platzreservierung und Beförderung des notwendigen Gepäcks ersetzt.
Die von der Antragstellerin geltend gemachten und nachgewiesenen Kosten in Höhe von 22,- € bewegen sich in diese...