Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. keine Gleichstellung zwischen Bewährungserlaubnis und Approbation. sozialgerichtliches Verfahren. Streichung. Arztregister. besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug. kein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit

 

Leitsatz (amtlich)

Die Erlaubnis zur Ausübung des ärztlichen Berufs ("Bewährungserlaubnis") nach § 8 BÄO ist einer Approbation iS von § 95a Abs 1 Nr 1 SGB 5, § 3 Abs 2 Buchst a Ärzte-ZV nicht gleichzustellen.

 

Orientierungssatz

1. Bei der Streichung aus dem Arztregister besteht ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug.

2. Die Streichung aus dem Arztregister stellt noch keinen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit dar.

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts München vom 21.5.2010 aufgehoben. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.

 

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin begehrt die Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts München vom 21.5.2010, mit dem dieses die Anordnung des Sofortvollzugs vom 1.3.2010 hinsichtlich des Bescheides vom 31.3.2008 (Streichung des Antragstellers aus dem Arztregister) aufgehoben hat.

Dem mit Beschluss vom 4.11.1992 als Nervenarzt zugelassenen Antragsteller wurde durch Beschluss des Zulassungsausschusses Ärzte Oberpfalz vom 6.12.2000 die Zulassung wegen vorsätzlicher gröblicher Pflichtverletzung entzogen. Er habe in Fällen, in denen er psychiatrische Rentengutachten für die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) erstellt habe, Leistungen zulasten der vertragsärztlichen Versorgung abgerechnet, wie sich bei der für die Quartale 1/1996-4/1999 durchgeführten Plausibilitätsprüfung ergeben habe. Ferner habe er Leistungen ohne Einlesen der Krankenversicherungskarte abgerechnet, ohne dass die Voraussetzungen der Abrechnungsfähigkeit vorlagen. Gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns habe er einen Schaden von 185.877 DM anerkannt und zurückbezahlt. Den Widerspruch des Antragstellers wies der zweite Berufungszuschuss für Ärzte in der Sitzung am 19.2.2002 ab. Die hiergegen eingelegte Klage zum Sozialgericht München hatte Erfolg. Das SG hob den Bescheid des Berufungsausschusses vom 19.2.2002 auf. Die Berufung der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns ist unter dem Az.: L 12 KA 21/08 anhängig.

Mit rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts A-Stadt vom 5.11.2002 wurde der Antragsteller wegen 60 tatmehrheitlich begangener Fälle des Betrugs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 12 Monaten auf Bewährung und einer Geldbuße von 15.000 € verurteilt. Mit Bescheid vom 9.9.2003 widerrief die Regierung von Oberpfalz die Approbation des Antragstellers. Diese Entscheidung ist seit 25.2.2008 bestandskräftig (Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts). Am 6.3.2008 beantragte der Antragsteller bei der Regierung von Oberbayern die Wiedererteilung der Approbation und stellte am 7.3.2008 beim Verwaltungsgericht A-Stadt einen Antrag, ihm im Wege der einstweiligen Anordnung die Approbation vorläufig wieder zu erteilen. Diesen Antrag lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht A-Stadt mit Beschluss vom 3.4.2008 ab. Die dagegen eingelegte Beschwerde des Antragstellers wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 10.6.2008 zurück. Die Klage auf Wiedererteilung der ärztlichen Approbation wies das Verwaltungsgericht A-Stadt mit Urteil vom 16.3.2009 ab.

Nachdem die Antragsgegnerin von der Regierung der Oberpfalz informiert worden war, dass der Widerruf der Approbation vom 9.9.2003 bestandskräftig war, strich sie den Antragsteller durch Bescheid vom 31.3.2008 mit Wirkung vom 7.3.2008 aus dem Arztregister. Der Antragsteller erfülle die Eintragungsvoraussetzungen nicht mehr, da er nicht im Besitz einer ärztlichen Approbation sei. Den Widerspruch wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 23.7.2008 zurück. Hiergegen legte der Antragsteller Klage zum Sozialgericht München ein. Das Sozialgericht München hat mit Urteil vom 25.11.2010 die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 31.3.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.7.2008 verpflichtet, die Streichung des Klägers aus dem Arztregister rückgängig zu machen.

Mit Bescheid vom 29.1.2010 erteilte die Regierung von Oberbayern auf Vorschlag des Verwaltungsgerichts A-Stadt dem Antragsteller gemäß § 8 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 der BÄO eine jederzeit widerrufliche Erlaubnis zur Ausübung des ärztlichen Berufes für den Zeitraum vom 1.2.2010 bis 31.1.2012. Unter Bezugnahme auf diese Erlaubnis teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Bescheid vom 28.2.2010 mit, dass er im Wege einer Teilabhilfe seine Tätigkeit als Nervenarzt in seiner Vertragsarztpraxis nicht unverzüglich einzustellen habe. Sie stellte fest, dass er seit 1.2.2010 berechtigt sei, bis auf weiteres von seiner Zulassung am bisherigen Praxissitz Gebrauch zu machen.

Mit Schreiben vom 1.3.2010 ordnete die Antragsgegnerin ...

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