Leitsatz (amtlich)
Die Schwellengebühr von 240 Euro kann im sozialgerichtlichen Verfahren bei unterdurchschnittlicher Tätigkeit eines Prozessbevollmächtigten unterschritten werden. Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des BSG.
Die Frage, ob die Kriterien zur Bewertung der Tätigkeit eines Prozessbevollmächtigten vom erstinstanzlichen Gericht zutreffen festgestellt wurden, ist im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht zu klären.
Tenor
I. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 22. Februar 2011 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Streitig sind um insgesamt 185,64 EUR höhere Gebühren für ein Kostenfestsetzungswiderspruchsverfahren.
Eine SGB-II-Angelegenheit endete im Widerspruchsverfahren mit einer Kostengrundentscheidung nach § 63 Sozialgesetzbuch (SGB) X teilweise zugunsten der anwaltlich vertretenen Widerspruchsführer.
Gegen den nachfolgenden Kostenfestsetzungsbescheid des Beklagten vom 09.02.2010, in dem auf der Grundlage der Kostengrundentscheidung die Höhe der zu erstattenden Gebühren festgelegt wurde, legte der Bevollmächtigte der Kläger mit Schreiben vom 09.02.2010 Widerspruch ein; wegen der Mehrzahl der Kläger sei die Gebühr um 0,3 zu erhöhen.
Aufgrund einer entsprechenden Entscheidung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 21.12.2009, B 14 AS 83/08 R), half der Beklagte dem Widerspruch zugunsten der Widerspruchsführer in vollem Umfang ab. Im Abhilfebescheid traf der Beklagte eine Kostengrundentscheidung dahingehend, dass die im Kostenfestsetzungswiderspruchsverfahren entstandenen Kosten durch den Beklagten in vollem Umfang erstattet würden.
Der Prozessbevollmächtigte der Kläger beantragte als Kosten des Kostenfestsetzungswiderspruchsverfahrens einen Betrag in Höhe von 480,76 EUR, wobei er eine Schwellengebühr in Höhe von 240,00 EUR ansetzte.
Mit Bescheid vom 07.06.2010 bewilligte der Beklagte Kosten für das Kostenfestsetzungswiderspruchsverfahren in Höhe von 252,28 EUR; es könne nur eine Schwellengebühr in Höhe von 120,00 EUR statt der beantragen 240,00 EUR anerkannt werden. Die Tätigkeit des Rechtsanwaltes habe hinsichtlich des Umfangs und der Schwierigkeit deutlich unter dem Durchschnittsfall gelegen, nachdem die Rechtsfrage betreffend die Erhöhung um 0,3 bei einer Mehrzahl von Klägern bereits vom Bundessozialgericht entschieden war.
Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 07.06.2010 wies der Beklage mit Widerspruchsbescheid vom 21.09.2010 zurück.
Die hiergegen erhobene Klage wies das Sozialgericht Augsburg mit Gerichtsbescheid vom 22. Februar 2011 als unbegründet ab. Nach § 14 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) bestimme der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände nach billigem Ermessen. Nach Nr. 2400 der VV zum RVG könne eine Gebühr von mehr als 240,- EUR nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig gewesen sei. Nur bei durchschnittlichem Umfang und bei einer durchschnittlichen Schwierigkeit stehe dem Bevollmächtigten die sogenannte Schwellengebühr in Höhe von 240,- EUR zu. Daraus folge aber auch, dass bei deutlich unterdurchschnittlichem Umfang und geringerer Schwierigkeit auch nur eine niedrigere Gebühr verlangt werden könne; Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit seien nach objektiven Kriterien zu beurteilen (BSG Urteil vom 05.05.2010, B 11 AL 14/09 R und Urteil vom 01.07.2009, B 4 AS 21/09 R). Die im vorliegenden Fall zu berücksichtigenden Kriterien rechtfertigten bei Anwendung dieser Grundsätze keine höhere Gebühr.
Hiergegen haben die Kläger Nichtzulassungsbeschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Zulassungsgründe nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) lägen vor. Das SG habe in seinem Urteil die falschen Rückschlüsse aus den Entscheidungen des BSG gezogen (BSG Urteil vom 05.05.2010, B 11 AL 14/09 R und Urteil vom 01.07.2009, B 4 AS 21/09 R). Aus diesen Entscheidungen könne nicht gefolgert werden, dass bei unterdurchschnittlichem Umfang und geringerer Schwierigkeit nur eine niedrigere Schwellengebühr verlangt werden könne. Das BSG habe mehrfach betont, dass die Schwellengebühr die Mittelgebühr nicht ersetzt habe. Die Einführung der Schwellengebühr habe zur Folge, dass die in einem ersten Schritt ausgehend von der Mittelgebühr zu bestimmende Gebühr in einem zweiten Schritt in Höhe des Schwellenwertes gekappt werde, wenn weder der Umfang noch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit mehr als durchschnittlich seien. Die Regelung der Nr. 2400 VV RVG, dass eine höhere Gebühr als 240,- EUR nur dann gefordert werden könne, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig gewesen sei, mache die Mittelgebühr damit nicht hinfällig. Sie führe entgegen der Auffassung des Sozialgerichts auch nicht dazu, dass nur mehr der Durchschnittsfall bei der Schwellengebühr anzusiedeln sei. Mit der Einschränkung sei vielmehr gemeint, dass Umfang oder Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit über dem...