Entscheidungsstichwort (Thema)

sozialgerichtliches Verfahren. Gegenstandswert. anwaltliche Tätigkeit. Vertragsarztrecht. Wirtschaftlichkeitsprüfung. Arzneikostenregress. unwirtschaftliche Verordnungsweise. Honorarkürzung. voller Regressbetrag

 

Orientierungssatz

Das wirtschaftliche Interesse eines Arztes, der sich mit entsprechenden Einwendungen gegen Regresse oder Honorarkürzungen wegen unwirtschaftlicher Verordnungs- oder Behandlungsweise wendet, ist in der Regel auf Feststellung der Wirtschaftlichkeit und ersatzlose Aufhebung des Regress- bzw Kürzungsbescheids gerichtet, zumal die Feststellung der Unwirtschaftlichkeit bei Permanenz disziplinarische oder andere, noch weitergehende Folgen haben kann. Es ist deshalb der gesamte Regress-(Kürzungs-)Betrag als Gegenstandswert anzusetzen.

 

Tatbestand

Mit Bescheiden vom 17. Juni 1996, 22. Januar 1997 und 17. Oktober 1997 sprach der Beschwerdeausschuss Ärzte-Unterfranken bei den Arzneiverordnungskosten der Beschwerdegegner (Bg.) jeweils einen Regress wegen unwirtschaftlicher Verordnungsweise für die Quartale 1/95, 2/95 und 4/95 aus. Das Sozialgericht München verband die dagegen erhobenen Klagen (Az.: S 32 KA 0281/97, S 32 KA 1181/97, S 32 KA 1015/969) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung. Mit rechtskräftigem Urteil vom 3. Dezember 1997 hob es die Bescheide auf und verurteilte den Beschwerdeausschuss, über die Widersprüche der Bg. erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

Am 7. Juli 1998 beantragten die Bevollmächtigten der Bg., den Streitwert festzusetzen.

Das SG München setzte mit Beschluss vom 1. Oktober 1998 den Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit im Klageverfahren für das Quartal 1/95 auf DM 13.200,--, für das Quartal 3/95 auf DM 11.778,-- und für das Quartal 4/95 auf DM 11.772,--, insgesamt DM 36.750,-- fest.

Hiergegen hat die Beigeladene zu 1) am 13. November 1998 Beschwerde zum SG München eingelegt. Die Beschwerdeführerin (Bf.) wies zur Begründung darauf hin, dass der Vertragsarzt gegen den Beklagten lediglich einen Anspruch auf pflichtgemäßen Ermessensgebrauch geltend machen könne. Dies sei bei der Bemessung des Gegenstandswerts zu berücksichtigen.

Das SG München half der Beschwerde nicht ab (Beschluss vom 25. März 1999) und legte sie dem Senat zur Entscheidung vor.

 

Entscheidungsgründe

Die nach §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist unbegründet. Nach Auffassung des Senats ist die Festsetzung des Gegenstandswertes für die Klageverfahren in dem Beschluß des Sozialgericht vom 1. Oktober 1998 nicht zu beanstanden.

In den Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit aufgrund der Beziehungen von Ärzten, Zahnärzten, Krankenhäusern und Krankenkassen sowie deren Vereinigungen (Kassenarztrecht) erhalten Rechtsanwälte anstelle der in § 116 Abs. 1 BRAGO grundsätzlich vorgesehenen Rahmengebühren Gebühren entsprechend dem 3. Abschnitt der BRAGO (§ 116 Abs.2 Nr.1 BRAGO i.V.m. § 51 Abs.2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes -- SGG). Diese sind nach dem Gegenstandswert zu berechnen. Das Nähere regelt § 8 BRAGO.

Eine Bemessung aufgrund der für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften und eine sinngemäße Anwendung der Vorschriften der Kostenordnung kommt hier nicht in Betracht, weil für das Verfahren vor den Sozialgerichten von Streit- und Gegenstandswert abhängige Gerichtsgebühren nicht vorgesehen sind (§§ 183, 184 SGG) und die in § 8 Abs.2 Satz 1 BRAGO genannten Vorschriften keinen den Gegenstandswert des anhängigen Rechtsstreits ähnlichen Sachverhalt betreffen. Der Gegenstandswert ist deshalb hier nach § 8 Abs.2 Satz 2 BRAGO nach billigem Ermessen und unter Beachtung der wirtschaftlichen Interessen der Klägerin an der gerichtlichen Entscheidung festzustellen. In Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nicht vermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert auf DM 8.000,00, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über DM 1.000.000,00 anzunehmen. Ergänzend ist § 13 Gerichtskostengesetz (GKG) heranzuziehen (vgl. BSG SozR 3-1930 § 8 Nr. 1). Demnach ist der Gegenstandswert nach der sich aus dem Antrag der Klägerin ergebenden Bedeutung der Sache zu bemessen. Die Bedeutung der Sache entspricht in der Regel dem wirtschaftlichen Interesse an der erstrebten Entscheidung und ihren Auswirkungen.

In den anhängig gewesenen und verbundenen Klageverfahren ging es um Arzneikostenregresse wegen unwirtschaftlicher Verordnungsweise. Die vom Sozialgericht angenommenen Beträge von DM 13.200,-- für das Quartal 1/95, von DM 11.778,-- für das Quartal 3/95 und von DM 11.772,-- für das Quartal 4/95 (insgesamt DM 36.750,--), die der Beklagte mit den Bescheiden vom 17. Juni 1996, 22. Januar 1997 und vom 17. Oktober 1997 als Regress aussprach, ist der Gegenstandswertfestsetzung zugrunde zu legen, denn maximales Klageziel der Bg. ist auch bei einer wegen der Beurteilungs- und Ermessensspielräume des Beklagten bean...

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