Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Nachzahlung von Krankengeld nicht für den Monat des Zuflusses. einmalige oder laufende Einnahme
Leitsatz (amtlich)
Eine Krankengeldnachzahlung ist im SGB II regelmäßig als einmalige Einnahme zu behandeln.
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Antragsgegners und Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 17. Januar 2022 aufgehoben und der Antrag des Antragstellers und Beschwerdegegners auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt.
II. Der Antragsgegner und Beschwerdeführer hat dem Antragsteller und Beschwerdegegner keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
Der Antragsteller und Beschwerdegegner (künftig: Bg) begehrt vom Antragsgegner und Beschwerdeführer (künftig: Bf) im Wege des Eilrechtsschutzes Leistungen nach dem SGB II in Höhe des Regelbedarfs ohne Anrechnung von zwei im Oktober 2021 zugeflossen Krankengeldzahlungen.
Der 1982 geborene Bg, der mietfrei im Haus der Mutter wohnt, beantragte beim Bf am 25.10.2021 Leistungen nach dem SGB II, nachdem ihm am 06.10.2021 Krankengeld iHv 2253,40 EUR für die den Zeitraum vom 24.08.2021 bis zum 01.10.2021 und am 11.10.2021 letztmalig Krankengeld iHv 415,10 EUR für die Zeit vom 02.10.2021 bis 08.10.2021zugeflossen war.
Mit Bescheid vom 24.11.2021 bewilligte der Bf dem Bg Leistungen in Höhe des Regelbedarfs für die Zeit vom 01.10.2021 bis 30.09.2022, wobei er im Oktober 2021 das am 11.10.2022 zugeflossene Krankengeld bereinigt iHv 402,63 EUR anrechnete und Leistungen iHv 43,47 EUR bewilligte. Die Zahlung vom 06.10.2021 iHv 2.253,40 EUR teilte der Bf auf sechs Monate auf und rechnete bereinigt einen Betrag iHv 293,61 EUR je Monat für die Zeit von November 2021 bis April 2022 an, so dass für die Monate November 2021 bis April 2022 Leistungen lediglich iHv von monatlich 152,39 EUR gewährt wurden. Von Mai 2022 bis einschließlich September 2022 wurden Leistungen in Höhe des vollen Regelbedarfs ohne Einkommensanrechnung bewilligt. Mit Änderungsbescheid vom 27.11.2021 wurde für die Zeit ab Januar 2022 der Regelbedarf angepasst; es wurden dem Bg für die Monate Januar bis April 2022 Leistungen iHv 155,39 EUR monatlich bewilligt, danach der ab 01.01.2022 geltende Regelbedarf iHv 449 EUR monatlich.
Gegen die Bescheide vom 24.11.2021 und 27.11.2021 erhob der Bg mit Schreiben vom 22.12.2021 Widerspruch, über den nach Aktenlage noch nicht entschieden ist.
Am 30.12.2021 stellte der Bg beim Sozialgericht Landshut Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz
Durch die laufende Minderung seines Auszahlungsanspruchs drohten dem Antragsteller existenzielle Nachteile, welche er aus eigener Kraft nicht abwenden könne. Die Zahlung vom 06.10.2021 sei bereits verbraucht. Bis auf die Leistungen des Bf iHv von monatlich 152,39 EUR bzw. 155,39 EUR verfüge er über keinerlei finanzielle Mittel und sei somit auf die ungekürzten Leistungen nach dem SGB II zur Existenzsicherung angewiesen.
Rücklagen finanzieller Art bestünden nicht
Zu Unrecht habe der Bf Einkommen angerechnet. Die Zahlung vom 06.10.2021 stelle Vermögen dar, nicht Einkommen, und sei daher nicht auf die laufenden Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II anzurechnen. Die Antragstellung sei am 25.10.2021 erfolgt, so dass der bereits am 06.10.2021 erfolgte Zufluss als Vermögen zu werten sei. Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Anspruch des Bg auf Auszahlung des Krankengeldes bereits vor dem 01.10.2021 bestanden habe und damit diese Forderung des Bg seinem Vermögen zuzurechnen wäre. Allenfalls handele es sich bei Krankengeld um laufendes Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 2 SGB II, welches nach § 11 Abs 2 Satz 1 SGB II im Monat des Zuflusses in voller Höhe zu berücksichtigen sei mit der Folge, dass der Bg zwar im Oktober 2021 keinen Anspruch auf Leistungen gehabt hätte, aber in der Folge kein Einkommen mehr habe angerechnet werden dürfen.
Mit Beschluss vom 17. Januar 2022 verpflichtete das Sozialgericht Landshut im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes den Bf, dem Bg für die Zeit vom 30.12.2021 bis 30.04.2022 (für Dezember 2021 anteilig) dem Grunde nach Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ohne Berücksichtigung von Einkommen zu gewähren und lehnte den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz im Übrigen ab.
Soweit der Bf Leistungen für die Zeit vor Antragstellung bei Gericht am 30.12.2021 im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes begehre, sei der Eilantrag unbegründet, da es an einem Anordnungsgrund fehle. Einstweiliger Rechtsschutz diene dem Ziel, gegenwärtige oder unmittelbar bevorstehende Notlagen zu beheben bzw. zu verhindern, aber grundsätzlich nicht dazu, Leistungen für die Vergangenheit zu erhalten (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 14. November 2016 - L 7 AS 683/16 B ER).
Im Übrigen sei der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz begründet. Aufgrund einer "summarischen Prüfung" könne "mit hinreichender Wahrscheinlichkeit gesagt werden", dass der Bg "einen höheren...