Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Rentenversicherung: Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bei nicht vollständiger Vereinbarkeit des Umschulungsberufs mit dem Leistungsvermögen
Leitsatz (amtlich)
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben können nur gewährt werden, wenn diese erfolgversprechend sind und eine Wiedereingliederung in das Erwerbsleben auf Dauer möglich ist. Soweit jedoch der angestrebte Umschulungsberuf längerfristig mit dem Leistungsvermögen des Versicherten nicht vollständig vereinbar ist, ist es keinesfalls so, dass die beantragte Umschulung als die einzige denkbare Entscheidung des Rentenversicherungsträgers anzusehen ist.
Tenor
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 05.08.2014 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Streitig ist die Gewährung einer Umschulung zum Heilerziehungspfleger im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.
Der 1965 geborene Antragsteller beantragte am 31.01.2013 Leistungen auf Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer Umschulung zum Heilerziehungspfleger. Wegen Beschwerden im Sprunggelenk und den Knien könne er die von ihm ausgeübte Tätigkeit als Saugwagenfahrer und Kanalreiniger nicht mehr ausüben. Dies lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 13.05.2013 ab. Sie bewilligte aber auf den Widerspruch hin mit Bescheid vom 25.09.2013 Leistungen zur Teilhabe dem Grund nach. Die Umschulung zum Heilerziehungspfleger lehnte sie ab, weil bei der vorliegenden Minderbelastbarkeit des Stütz- und Bewegungsapparates des Antragstellers das Leistungsbild des Heilerziehungspflegers nicht eingehalten werden könne. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 13.01.2014 zurück.
Dagegen hat der Antragsteller Klage zum Sozialgericht (SG) Nürnberg erhoben (S 9 R 104/14).
Am 01.07.2014 hat der Antragsteller beim SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die begehrten Leistungen für die Umschulung zum Heilerziehungspfleger ab dem 01.09.2014 (Ausbildungsbeginn) zu gewähren. Mit den bei ihm bestehenden Leiden könne er ohne weiteres die konkret zu erwartenden Tätigkeiten als Heilerziehungspfleger im Raum A./W. bei den potentiellen Arbeitgebern AWO Kreisverband F. e.V., Diakonie N. und der Lebenshilfe A. bewältigen. Aus der Tätigkeitsbeschreibung Heilerziehungspfleger des AWO-Therapiezentrums C. vom 22.04.2014 werde deutlich, dass die für ihn konkret in Aussicht stehende längerfristige Anstellung als Heilerziehungspfleger einen sehr geringen Grad an körperlicher Arbeit erfordere und somit als leidensgerecht anzusehen sei. Nach Bescheinigungen der Gemeinschaftspraxis M. seien erhöhte Anforderungen an die Belastbarkeit des Stütz- und Bewegungsapparates bei der konkret beabsichtigten Ausbildung und Tätigkeit als Heilerziehungspfleger im AWO-Therapiezentrum C. nicht zu erwarten.
Die Antragsgegnerin hat unter dem 08.07.2014 ausgeführt, der Beruf des Heilerziehungspflegers sei für den Antragsteller nicht leidensgerecht, da ihm aufgrund der Minderbelastbarkeit seines Stütz- und Bewegungsapparates schweres Heben, Tragen und Stützen von behinderten Menschen nicht uneingeschränkt möglich sei. Damit stehe er einer Vermittlung auf dem Arbeitsmarkt im angestrebten Beruf nicht vollumfänglich zur Verfügung und ein Anordnungsanspruch sei nicht gegeben.
Mit Beschluss vom 05.08.2014 hat das SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Ein Anordnungsanspruch auf Gewährung der Umschulung zum Heilerziehungspfleger würde nur bestehen, wenn eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegen würde, d.h. die Umschulung zum Heilerziehungspfleger die einzige rechtlich vertretbare Entscheidung der Antragsgegnerin sei. Nach summarischer Prüfung sei nicht von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen. Denn das Leistungsbild des Heilerziehungspflegers sehe laut Berufenet schweres Heben und Tragen (z.B. Menschen mit Behinderung heben, stützen oder umbetten) vor, da Heilerziehungspfleger bettlägerigen oder kranken Menschen bei der Körperpflege sowie beim An- und Auskleiden (Grundpflege) helfen würden. Aus diesem Grund erfordere die Arbeit mit Menschen mit schwerer Behinderung häufig hohen Körpereinsatz, der sehr mühsam und körperlich anstrengend sein könne. Beim Antragsteller bestünden Probleme beim Sprunggelenk und den Knien sowie bei der Halswirbelsäule. Aus diesem Grunde habe Dr. E. in seiner arbeitsmedizinischen Stellungnahme vom 08.03.2013 eine negative Prognose für die körperlich schwere Tätigkeit als Saugwagenfahrer und Kanalreiniger abgegeben. Die Ärztinnen der Antragsgegnerin hätten jedoch in ihren Stellungnahmen vom 05.08.2013 und 06.08.2013 sowie 13.09.2013 festgestellt, dass eine Umschulung zum Heilerziehungspfleger aus somatischer Sicht bei der vorliegenden Minderbelastbarkeit des Stütz- und Bewegungsapparates nicht leidensgerecht sei. Zwar habe der Antragsteller vorgebracht, es gebe vielfältige Einsatzmöglichkeiten für den Heil...