Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Gerichtskostenfestsetzung. Erinnerung gegen den Kostenansatz. Kosten wegen unrichtiger Sachbehandlung
Leitsatz (amtlich)
Erinnerung gegen Gerichtskostenansatz wegen falscher Sachbehandlung
Orientierungssatz
1. Mit der Erinnerung gem § 66 Abs 1 GKG 2004 gegen den Kostenansatz können nur Einwendungen erhoben werden, die sich gegen die Kostenrechnung selbst richten, also gegen den Ansatz und die Höhe einzelner Kosten oder gegen den Streitwert.
2. Nach § 21 Abs 1 S 1 GKG 2004 werden Kosten, die bei richtiger Sachbehandlung nicht entstanden wären, nicht erhoben. Dies setzt jedoch ein erkennbares Verschulden oder schwere, offensichtliche Verstöße gegen eine für die Kostenfestsetzung maßgebende Vorschrift voraus. Eine abweichende Beurteilung von Rechtsfragen reicht dafür nicht aus (vgl BGH vom 10.3.2003 - IV ZR 306/00 = NJW-RR 2003, 1294).
Tenor
Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt die Aufhebung des Kostenansatzes für Gerichtskosten des vor dem Bayer. Landessozialgericht geführten Berufungsverfahren (Az.: L 2 P 1/05).
Die Kläger zu 1) bis 3) sind Erben nach ihrem Bruder, der vom 29.08.1996 bis zu seinem Tode am 29.07.1999 in einem Heim untergebracht war, das keine Einrichtung nach § 43 des Elften Sozialgesetzbuchs (SGB XI) war, sondern eine Einrichtung nach § 43a SGB XI. Die Pflegekasse lehnte Zahlungen wegen vollstationärer Pflege ab und erklärte sich auf die Klage der Miterben vom 29.07.2003 im Rechtsstreit vor dem Sozialgericht zum Az.: S 2 P 152/03 in einem Vergleich vom 22.04.2004 bereit, für die Zeit vom 29.08.1996 bis 20.05.1999 Pflegegeld für die häusliche Pflege von monatlich 400,00 DM zu gewähren. Die Beteiligten erklärten sich darüber einig, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich in vollem Umfang erledigt sei.
Mit Schreiben vom 14.05.2004 erklärte der Kläger, die Erben wollten den Vergleich anfechten und begehrten die Fortsetzung des Verfahrens. Sie sähen eine faire Lösung, wenn die Beklagte 25 % der tatsächlichen Heimkosten übernähme, das seien ca. 1.000,00 DM pro Monat.
Mit Urteil vom 11.11.2004 stellte das Sozialgericht fest, dass der Rechtsstreit durch den gerichtlichen Vergleich vom 22.04.2004 erledigt worden ist.
Im Berufungsverfahren gegen dieses Urteil wies das Bayer. Landessozialgericht mit Urteil vom 21.11.2007 die Berufung als unbegründet zurück und änderte das erstinstanzielle Urteil im Kostenpunkt. Es hielt für beide Instanzen § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) für maßgebend, mit der Folge dass das Verfahren kostenpflichtig sei. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 29.07.2003, mit der Fortsetzung des durch den Vergleich beendeten Verfahrens begehrt wurde, hätten die Erben nicht zum privilegierten Personen nach § 183 SGG gehört. Sie seien ersichtlich auch nicht Sonderrechtsnachfolger geworden, weil sie nicht in einem gemeinsamen Haushalt mit dem verstorbenen Versicherten zum Zeitpunkt dessen Todes gelebt hatten.
Am 08.04.2008 legte der Kläger zu 1) gegen die Gerichtskostenfestsetzung des Urkundsbeamten vom 06.03.2008 Erinnerung ein nach § 66 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Er führte an, es handle sich um eine falsche Sachbehandlung durch das Bayer. Landessozialgericht, weshalb Gerichtskosten nach § 21 GKG nicht zu erheben seien. Er habe einen rechtsmissbräuchlichen, gegen die guten Sitten verstoßenden Vergleich vor dem Sozialgericht angefochten. Das Sozialgericht habe sich nicht mit seinen Einwendungen befasst. Nur deshalb habe er Berufung einlegen müssen. Jetzt solle er auch noch die Kosten des Berufungsverfahrens bezahlen. Wenn er gewusst hätte, dass Gerichtskosten in solcher Höhe anfallen würden, hätte er dankend abgelehnt.
Der stellvertretende Bezirksrevisor fasste die Erklärung als Antrag auf Nichterhebung von Gerichtskosten wegen falscher Sachbehandlung nach § 21 GKG auf. Er half der Erinnerung nicht ab. Der Kostenansatz sei nicht zu ändern.
Der Erinnerungsführer beantragt, den Kostenansatz vom 06.03.2008 aufzuheben.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts gemäß § 136 Abs. 2 SGG auf den Inhalt der Berufungs- und Erinnerungsakte Bezug genommen.
II.
Die Erinnerung gegen den Kostenansatz vom 06.03.2008 ist gemäß § 66 GKG in der Fassung vom 01.07.2004 i.V.m. § 197a SGG zulässig. Der Kostenansatz ist jedoch nicht zu beanstanden. Mit der Erinnerung gemäß § 66 Abs. 1 GKG gegen den Kostenansatz können nur Einwendungen erhoben werden, die sich gegen die Kostenrechnung selbst richten, also gegen den Ansatz und die Höhe einzelner Kosten oder gegen den Streitwert. Mit dem Einwand, die Gerichtskosten seien nicht zu erheben wegen unrichtiger Sachbehandlung durch das Gericht, kann der Kläger somit gehört werden. Nach dieser Vorschrift (§ 21 Abs. 1 Satz 1 GKG) werden Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben. Dies setzt jedoch ein erkennbares Versehen oder schwere, offensichtliche Verstöße gegen eine für die Kostenfestsetzung maßgebende Vorschrift voraus. Eine abweichend...