Entscheidungsstichwort (Thema)

Fremdrentenrecht

 

Leitsatz (amtlich)

1. Erfolgt in einem Rechtsstreit zugleich der Abzug einer fiktiv berechneten, ausländischen Rente (hier aus Rumänien), ist der statthafte Rechtsbehelf im einstweiligen Rechtsschutz der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 86b Abs. 2 SGG.

2. Zum Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 8. April 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin (Bf) begehrt bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens die Gewährung der bewilligten Altersrente ohne Abzug einer fiktiv berechneten Rente aus Rumänien.

Die 1943 geborene Bf erhält mit "Mitteilung über die vorläufige Leistung" vom 2. Januar 2009 eine Regelaltersrente, beginnend am 1. Januar 2009. Der Rentenzahlbetrag betrug ab 1. Januar 2009 monatlich 893,72 EUR. Dabei nahm die Beschwerdegegnerin (Bg) einen fiktiven Abzug in Höhe einer geschätzten rumänischen Rente in Höhe von 29,25 EUR vor. Mit Schreiben vom 14. November 2008 sei die Bf aufgefordert worden, ihre Rentenansprüche gegenüber dem rumänischen Rentenversicherungsträger geltend zu machen. Eine Mitteilung sei hierzu nicht eingegangen. Die deutsche Rente sei ab 1. Januar 2009 nach § 31 Fremdrentengesetz (FRG) um den voraussichtlich zustehenden Betrag der ausländischen Rente zu mindern. Bei Anrechnung der ausländischen Leistung auf die deutsche Rente sei die ausländische Leistung nach Anwendung von Kürzungs- bzw. Ruhensvorschriften und vor Abzug von Steuern zugrunde zu legen.

Auf den Widerspruch der Bf wies die Bg mit Schreiben vom 4. Februar 2009 hin, dass es sich bei der festgestellten Altersrente um eine Erstfeststellung handele. Die beantragte aufschiebende Wirkung komme nicht in Betracht. Insofern sei § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einschlägig. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung müsse vor dem Sozialgericht gestellt werden. Die Bg schlug das Ruhen des Widerspruchsverfahrens vor.

Am 19. Februar 2009 beantragte die Bf beim Sozialgericht München die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Die Bf habe mit dem angefochtenen Bescheid zwei Regelungen getroffen. Zum einen sei die Rente festgestellt worden; diese Regelung werde nicht angegriffen. Zum anderen sei aber eine Ruhensverfügung getroffen und die festgestellte Rente um 29,25 EUR zum Ruhen gebracht worden. Da § 31 FRG keine Rentenberechnungsvorschrift, sondern eine Ruhensvorschrift sei, die eine festgestellte Rente voraussetze, werde das Ziel der Gewährung einer Altersrente ohne Ruhensverfügung mit einer Anfechtung der Ruhensverfügung erreicht. Die Bg hätte daher im Widerspruchsverfahren die aufschiebende Wirkung des Anfechtungswiderspruchs umsetzen müssen. Der statthafte Rechtsbehelf im einstweiligen Rechtsschutz sei deshalb nicht der Erlass einer einstweiligen Anordnung, sondern die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Die von der Bg vorgenommene Ruhensentscheidung sei rechtsgrundlos ergangen. Es lägen nach wie vor die gleichen Hindernisse vor, die für den Gesetzgeber der Grund der Neuregelung gewesen seien. Es läge vor allem auch ein Anordnungsgrund vor. Die gezahlte Rente führe zu einem Leben am Rande der Armutsgrenze. Auch kürze die Bg ohne jeden Rechtsgrund einen erheblichen Betrag, der aber zur Lebensführung dringend erforderlich sei. Hierzu sowie zur Frage des Vorliegens eines Anordnungsanspruchs hat die Bf auf mehrere bislang ergangene Entscheidungen verwiesen.

Die Bg vertrat die Ansicht, es lägen weder ein Anordnungsanspruch noch ein -grund vor. Die Zulässigkeit der Minderung der nach dem FRG berechneten Rente um die der Berechtigten voraussichtlich zustehenden rumänischen Rente ergebe sich aus dem Sinn des § 31 FRG und stehe insbesondere im Zusammenhang mit § 2 FRG. § 2 S. 1 Buchst. b FRG schließe die Anwendung des FRG vollständig aus, soweit Versicherungs- und Beschäftigungszeiten nach der Verordnung 1408/71 EWG, einem bilateralen Sozialversicherungsabkommen oder den innerstaatlichen Vorschriften eines Vertragsstaates anrechnungsfähig seien. Dabei komme es nicht darauf an, ob diese Zeiten im Einzelfall tatsächlich der Berechnung der Leistung zugrunde gelegt würden. Damit werde entsprechend den Grundsätzen des über- und zwischenstaatlichen Rechts bestimmt, dass die Entschädigung der ausländischen Versicherungs- und Beschäftigungszeiten vorrangig vom Träger des Staates zu erfolgen habe, nach dessen Rechtsvorschriften sie zurückgelegt worden seien. Das FRG sei insoweit nachrangig. Die Bg verwies ferner auf das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über soziale Sicherheit vom 8. Dezember 1990 sowie auf § 2 S. 2 FRG, ferner auf die weitere Anwendung des FRG im Verhältnis zu Rumänien gemäß dem Schlussprotokoll zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Rumänien über soziale Sicherheit vom 8. April 2005 in Verbindung mit dem Eintrag im Anhang III Buchst. A...

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