Entscheidungsstichwort (Thema)

Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Abwägung. Maßgeblicher Zeitpunkt. Effektiver Rechtsschutz. Glaubhaftmachung

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung scheidet aus, wenn sie sich auf einen Zeitraum bezieht, der im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nahezu vollständig abgelaufen ist.

 

Normenkette

SGG § 86b Abs. 1

 

Tenor

Die Beschwerden gegen den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 20. November 2008 werden zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten wegen der Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Im Einzelnen wendet sich der Antragsteller und Beschwerdeführer (Bf.) gegen einen Wegfall seiner Leistungen nach § 31 SGB II für den Zeitraum November 2008 bis Januar 2009.

Die Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin (Bg.) hatte den Wegfall der Leistungen festgestellt, weil der Bf. sich auf einen Vermittlungsvorschlag hin nicht beim potentiellen Arbeitgeber vorgestellt hatte. Der Bf. bringt vor, er habe einen entsprechenden Vermittlungsvorschlag nicht erhalten. Dass die Bg., so der Bf. weiter, eine Postzustellungsurkunde besitze, welche die persönliche Übergabe des Vermittlungsvorschlags an ihn dokumentiere, könne nicht das Gegenteil beweisen. Denn am vermeintlichen Übergabetag, dem 16.08.2008, habe er sich überhaupt nicht in A-Stadt, sondern vielmehr bei seiner Freundin (im Landkreis Donau-Ries) aufgehalten. Das belege deren eidesstattliche Versicherung.

In der Angelegenheit ist inzwischen eine Klage beim Sozialgericht Regensburg anhängig. Am 07.11.2008 hat der Bf. beim Sozialgericht beantragt, die aufschiebende Wirkung seines vorangegangenen Widerspruchs anzuordnen. Zudem hat er beantragt, ihm Prozesskostenhilfe (PKH) zu bewilligen und ihm seinen Prozessbevollmächtigten beizuordnen.

Mit Beschluss vom 20.11.2008 hat das Sozialgericht den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt. An der Rechtmäßigkeit der von der Bg. getroffenen Regelung, so das Sozialgericht zur Begründung, bestünden keine ernstlichen Zweifel. Mit der Postzustellungsurkunde liege ein Nachweis für den Zugang des Vermittlungsvorschlags vor. Der Vortrag des Bf., er habe sich vom "15.08.2008 bis 17.02.2008" bei seiner Freundin aufgehalten, sei nicht geeignet, die Richtigkeit der Postzustellungsurkunde in Frage zu stellen. Mit gleichem Beschluss hat das Sozialgericht den Antrag auf Bewilligung von PKH und Anwaltsbeiordnung abgelehnt.

Gegen den Beschluss des Sozialgerichts - und zwar sowohl gegen die Ablehnung einstweiligen Rechtsschutzes als auch von PKH - hat der Bf. Beschwerde eingelegt. Für das Beschwerdeverfahren hat der Bf. keinen PKH-Antrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Bg. sowie auf die Akten des Sozialgerichts und des Bayerischen Landessozialgerichts verwiesen. Diese waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.

II.

Die Beschwerde ist zwar zulässig, jedoch nicht begründet.

Im Hinblick auf die Beschwerde gegen die Ablehnung von einstweiligem Rechtsschutz prüft der Senat nicht, ob das Sozialgericht nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen am 20.11.2008 eine richtige Entscheidung getroffen hat. Vielmehr kommt es allein darauf an, ob die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage zum Zeitpunkt seiner Entscheidung geboten ist (vgl. dazu Senatsbeschlüsse vom 06.03.2007 - L 7 B 884/06 AS ER, vom 15.05.2007 - L 7 B 234/07 AS ER, vom 30.05.2007 - L 7 B 394/07 AS ER, vom 21.06.2007 - L 7 B 344/07 AS ER). Gemessen daran ist die Beschwerde schon deshalb unbegründet, weil der streitgegenständliche Zeitraum praktisch abgelaufen ist.

Im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung, ob die aufschiebende Wirkung anzuordnen ist, fällt nämlich zu Lasten des Bf. maßgeblich ins Gewicht, dass sein Rechtsschutzbegehren - weil eben der streitige Zeitraum nahezu abgelaufen ist - einer besonderen Dringlichkeit entbehrt. Dieser Umstand ist nicht nur bei der einstweiligen Anordnung (Anordnungsgrund) relevant (vgl. § 86 b Abs. 2 SGG), sondern verkörpert auch einen wichtigen Parameter bei der Gesamtabwägung im Rahmen von § 86 b Abs. 1 SGG. Zwar unterscheiden sich die materiellen Prüfungsmaßstäbe im Verfahren der Anordnung der aufschiebenden Wirkung einerseits und beim Erlass einer einstweiligen Anordnung andererseits grundlegend; so wird im Rahmen der Prüfung, ob die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs anzuordnen ist, regelmäßig in erster Linie auf dessen Erfolgsaussichten abgestellt. Eine derartige Handhabung hat in Fällen, in denen man es mit einem Entzug einer Rechtsposition im Sinn einer "klassische Eingriffskonstellation" zu tun hat, ihre uneingeschränkte Berechtigung.

Im vorliegenden Fall liegt der Sachverhalt anders. Zwar war dem Bf. zunächst mit Leistungsbescheid vom 29.07.2008 eine Rechtsposition dahingehend zuerkannten worden, er habe einen - betragsmäßig festgelegten - Leistungsanspruch u.a. für die Monate November 2008 bis Janu...

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