Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe. Schmerzensgeldzahlung als einzusetzendes Vermögen

 

Leitsatz (amtlich)

Einem Versicherten, der einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung geltend macht, und dessen Vermögen auf einer Schmerzensgeldzahlung beruht, darf Prozesskostenhilfe jedenfalls dann nicht versagt werden, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem geltend gemachten Anspruch und dem durch das Schmerzensgeld entschädigten Gesundheitsschaden besteht.

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 16. Juli 2008 aufgehoben und der Klägerin Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung ab April 2008 bewilligt und Rechtsanwalt B. W., A-Stadt, beigeordnet.

 

Tatbestand

Streitig ist ein Anspruch der 1953 geborenen Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des beauftragten Rechtsanwalts für ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht Landshut (SG).

Am 27. November 2007 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Bewilligung von Rente wegen Erwerbsminderung. Mit Bescheid vom 11. Februar 2008 (Widerspruchsbescheid vom 18. März 2008) lehnte die Beklagte diesen Antrag ab. Zwar sei die Erwerbsfähigkeit der Klägerin nach den Untersuchungsergebnissen durch eine depressive Entwicklung, eine anhaltende Schmerzstörung mit psychovegetativer Überlagerung bei Wirbelsäulen- und Gelenkbeschwerden, eine Gehbehinderung bei Zustand nach Operation an den Zehen I und II rechts, Bluthochdruck und eine Funktionsbehinderung im Versorgungsgebiet des linken Ellennerven beeinträchtigt, wodurch sich in qualitativer Hinsicht Leistungseinschränkungen auf nur leichte Arbeiten ohne Absturzgefahr, in wechselnder Körperhaltung, ohne Zwangshaltung, Überkopfarbeiten, Schicht- bzw. Nachtschicht und ohne besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit sowie ohne längere Wegstrecken ergeben würden. Einschränkungen der zumutbaren Gehstrecke in rentenrechtlich relevantem Umfang bestünden aber nicht. Für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verfüge sie über ein zeitliches Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich. Berufsunfähigkeit liege nicht vor, da vom Beruf einer Küchenhilfe auszugehen sei und die Klägerin somit sozial zumutbar auf alle ungelernten Tätigkeiten verwiesen werden könne. Die Beklagte stützte sich im Wesentlichen auf die vorliegenden ärztlichen Befunde der Jahre 2005 und 2006, den Entlassungsbericht zur medizinischen Rehabilitationsmaßnahme vom 11. April 2007 bis 16. Mai 2007, Befundberichte der Fachärzte für Allgemeinmedizin Dres. D., I. und G. vom 7. Januar 2008 mit beigefügten Facharzt- und Krankenhausberichten sowie auf das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. vom 1. Februar 2008.

Hiergegen hat die Klägerin am 3. April 2008 Klage zum SG erhoben. Sie sei aufgrund einer Fibromyalgie sowie einer massiven Beeinträchtigung durch eine verunglückte Operation der Zehen nicht mehr leistungsfähig. Die fehlgeschlagene Operation der Großzehe und der daneben liegenden Zehe, welche weitere Operationen nach sich gezogen habe, sei dafür verantwortlich, dass das Gangbild massiv beeinträchtigt sei. Damit einhergehend bestünden Beschwerden der Wirbelsäule. Die durch die Operationen am Fuß bestehende ständige Schmerzbelastung wirke sich auf die Psyche aus. Derzeit sei ihr der Arbeitsmarkt verschlossen.

Zur Begründung eines Anspruchs auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe legte die Klägerin die Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen vor, wonach sie über keine Einkünfte verfüge. Sie wohne bei ihrer sehr kranken Mutter, die die Miete zahle und für den sonstigen Lebensunterhalt aufkomme. Sie sei als Hausfrau tätig, lebe von ihrem Ehemann getrennt und beziehe keine Unterhaltsleistungen. Aufgrund eines Behandlungsfehlers bei einer Operation an ihrem Fuß habe sie ein Schmerzensgeld in Höhe von 30.000 EUR erhalten, von welchem ca. 5.000 EUR für Kosten aufzuwenden seien. Sie habe wegen dieses Behandlungsfehlers mehrere Folgeoperationen über sich ergehen lassen müssen. Der Heilungsverlauf habe sich über mehrere Jahre hingezogen. Sie könne auch heute noch nicht richtig laufen. Ein Betrag in Höhe von 30.000 EUR sei nicht angemessen, das erlittene Leid und die Schmerzen abzugelten. Gleichzeitig sei das Landgericht A-Stadt (LG) bestrebt, die Prozesskosten, welche sich auf ca. 650 EUR belaufen würden, ebenfalls von dem Betrag abzuziehen.

Einer Verfügung der Vorsitzenden der zuständigen Kammer des SG ist zu entnehmen, Prozesskostenhilfe stehe dem Grunde nach zu, da eine Beweiserhebung erforderlich sei. In einem späteren Vermerk heißt es, die Ausführungen der Klägerin würde die Meinung verstärken, dass das Schmerzensgeld nicht zweckgebunden gezahlt worden sei, weil auch das LG die Anrechnung anstrebe. Mit Beschluss vom 16. Juli 2008 lehnte das SG den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ab. Die Klägerin könne die voraussichtlich entstehenden Anwaltskosten von insgesamt 559,30 EUR aus ihrem vorhande...

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