Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. Berücksichtigung des Rückkaufwerts einer Kapitallebensversicherung
Orientierungssatz
1. Der Rückkaufswert einer Kapitallebensversicherung zählt zum einsetzbaren Vermögen, wobei ein Einsatz auch in Form einer Beleihung zur Aufbringung von Prozesskosten möglich ist.
2. Soweit erworbenes Vermögen wieder weggegeben bzw wieder verbraucht worden ist, kommt eine fiktive Zurechnung in Betracht, wenn von einer selbstverschuldeten Hilfsbedürftigkeit der Partei auszugehen ist.
Tatbestand
Die Antragstellerin (Ast.) wendet sich gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe (PKH) für die Durchführung eines erstinstanzlichen einstweiligen Rechtsschutzverfahrens vor dem Sozialgericht Leipzig (SG).
Das SG hat mit Beschluss vom 05. November 2007 den Antrag der Ast. auf Bewilligung von PKH mit der Begründung abgelehnt, der auf die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) gerichtete Eilantrag habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 07. November 2007 zugestellten Beschluss hat die Ast. am 09. November 2007 Beschwerde beim Sächsischen Landessozialgericht eingelegt, der das SG nicht abgeholfen hat. Die Ast. ist der näher begründeten Auffassung, dass entgegen der Ansicht des SG der Antrag im einstweiligen Rechtsschutzverfahren hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das SG hat die Bewilligung von PKH im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
Nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO besteht ein Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, wenn ein Beteiligter die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Vorliegend ist die Ast. nicht bedürftig im Sinne des § 115 ZPO (i.V.m. § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG). Sie ist zwar nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung mit ihrem Einkommen zu decken bzw. mit ihrem Einkommen zur Deckung der Kosten beizutragen (§ 115 Abs. 1 ZPO); sie kann jedoch die voraussichtlichen Verfahrenskosten durch Verwertung ihres Vermögens selbst aufbringen. Gemäß § 115 Abs. 3 ZPO hat ein Beteiligter zur Deckung der Verfahrenskosten nämlich auch sein Vermögen einzusetzen, soweit dies nach Maßgabe des § 90 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) zumutbar ist.
Die Ast. verfügte über Vermögen aus einer Kapitallebensversicherung bei der X Lebensversicherungs AG mit einem Rückkaufswert von 2.527,35 €. Nach Kündigung der Lebensversicherung wurde ihrem Prozessbevollmächtigten der Rückkaufswert nach Abzug von Kapitalertragssteuer und Solidaritätszuschlag ausweislich des Schreibens der Versicherung vom 28. Januar 2008 in Höhe von 2.460,58 € ausgezahlt. Nach Angaben ihres Prozessbevollmächtigten im Schriftsatz vom 15. Februar 2008 hat dieser nach Verrechnung mit einer offenen Kostennote an die Ast. am 13. Februar 2008 einen Betrag von 1.925,08 € ausgekehrt.
Der Rückkaufwert einer Kapitallebensversicherung zählt ohne weiteres zum einsetzbaren Vermögen, wobei ein Einsatz auch in Form einer Beleihung zur Aufbringung der Prozesskosten möglich ist (SächsLSG, Beschluss vom 25.09.2003, Az.: L 2 B 78/03 U-PKH; Beschluss vom 14.02.2006, Az.: L 3 B 148/04 AL-PKH; Beschluss vom 17.08.2006, Az.: L 4 B 174/06 R-PKH; Beschluss vom 15.03.2007, Az.: L 6 B 249/06 R-KN PKH). Zum Vermögen gehört erst Recht das nach Kündigung der Lebensversicherung und Auszahlung des Guthabens vorhandene Geldvermögen. Dieses belief sich im Zeitpunkt seiner Auszahlung an den Prozessbevollmächtigten der Ast. auf 2.460,58 €.
Dass die Klägerin dieses Vermögen nachfolgend durch Tilgung von Verbindlichkeiten gegenüber ihrem Prozessbevollmächtigten teilweise verbraucht hat, steht seiner Berücksichtigung im Rahmen der Prozesskostenhilfe nicht entgegen. Soweit erworbenes Vermögen wieder weggegeben bzw. verbraucht worden ist, kommt eine fiktive Zurechnung in Betracht, wenn von einer selbstverschuldeten Hilfsbedürftigkeit der Partei auszugehen ist (Philippi, in: Zöller, ZPO, 26. Auflage 2007, § 120 Rn. 25). Eine solche ist dann anzunehmen, wenn die Partei sich in vorwerfbarer Weise ihres Vermögens entäußert. Diese Entäußerung ist nicht zwingend auf das Vergeuden oder das Beiseiteschaffen von Vermögenswerten beschränkt. Vielmehr hat die Partei ihre finanziellen Dispositionen auf die durch die Prozessführung entstandenen Kosten auszurichten; darf also nur solche Ausgaben machen, die erforderlich sind. Wer dem mutwillig nicht nachkommt und so seine Bedürftigkeit herbeiführt, ist nicht schutzwürdig (Philippi, in: Zöller, a.a.O., § 115 Rn. 72 m.w.N.; Sächsisches LSG, Beschluss vom 13. Februar 2007 - L 7 B 359/06 R-PKH; Beschluss vom 26. November 2007 - L 4 B 501/07 R-PKH). Dass vorliegend eine berechtigte und fällige Forderung ihres Prozessbevollmächtigten bestand, auf die die Ast. zu leisten verpflichtet war, ist weder vorgetrag...