Entscheidungsstichwort (Thema)
Erwerbsminderungsrente: Vorliegen einer Vielzahl von Diagnosen im krankenversicherungsrechtlichen Sinne
Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen einer Erwerbsunfähigkeitsrente.
Orientierungssatz
Allein der Umstand des Vorliegens einer Vielzahl von Diagnosen im krankenversicherungsrechtlichen Sinne begründet keine besondere Einschränkung der Leistungsfähigkeit, die einer quantitativen Leistungseinschränkung gleichzustellen wäre.
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 09.06.2011 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente aufgrund ihres Antrags vom 18.11.2008 hat.
Die 1960 geborene Klägerin hat von 1975 bis 1978 eine Ausbildung zur Industriekauffrau absolviert und war anschließend bis 1985 in diesem Beruf auch versicherungspflichtig beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete infolge Kündigung. In der Zeit von Mai 2002 bis August 2003 war die Klägerin als Sekretärin versicherungspflichtig tätig. Nach einer Zeit der Arbeitslosigkeit war sie vom 10.01.2005 bis 10.07.2005 als kaufmännische Angestellte in Teilzeit (16 Wochenstunden) beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde durch Kündigung beendet.
Am 28.11.2005 beantragte die Klägerin erstmals bei der Beklagten wegen eines im März 2000 erlittenen Bandscheibenvorfalls und zahlreicher internistischer Erkrankungen die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Nach Einholung eines orthopädischen Gutachtens von Dr. Sch. vom 10.01.2006 und eines internistischen Gutachtens von Dr. S. vom 17.01.2006 wurde der Rentenantrag mit Bescheid der Beklagten vom 03.03.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.09.2006 abgelehnt. Die hiergegen zum Sozialgericht Nürnberg erhobene Klage, die unter dem Aktenzeichen S 14 R 4423/06 geführt wurde, wurde nach Einholung eines orthopädischen Gutachtens von Dr. M. vom 12.04.2007 und eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens von Dr. J. vom 12.06.2007 in der mündlichen Verhandlung vom 28.08.2007 zurückgenommen.
Am 29.09.2007 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme, die ihr auch bewilligt wurde. Aus der Maßnahme, die vom 05.12.2007 bis 23.12.2007 im Reha-Zentrum B. A. absolviert wurde, wurde die Klägerin als arbeitsfähig entlassen, jedoch mit einem Leistungsbild von drei bis weniger sechs Stunden täglich sowohl für die letzte Tätigkeit als auch für den allgemeinen Arbeitsmarkt. Im Entlassungsbericht der Klinik vom 04.01.2007 wurde auf diverse bestehende Behandlungsoptionen ausdrücklich hingewiesen.
Am 18.11.2008 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung von Erwerbsminderungsrente, nachdem sie vom 04.08.2008 bis 13.10.2008 als Telefonistin geringfügig beschäftigt gewesen war. Seit 30.09.2008 bestand Arbeitsunfähigkeit.
Die Beklagte holte ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. Z. ein, die am 05.02.2009 zu dem Ergebnis gelangte, dass die Klägerin sowohl die letzte Tätigkeit als auch Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes aus nervenärztlicher Sicht noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne. Des Weiteren holte die Beklagte ein chirurgisches Gutachten von Dr. St. L. vom 05.02.2009 ein, der zu dem Ergebnis gelangte, dass die letzte Tätigkeit und Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes drei bis unter sechs Stunden täglich verrichtet werden könnten. Im Rahmen einer prüfärztlichen Stellungnahme wurde das sozialmedizinische Ergebnis des Gutachtens Dr. St. L. beanstandet. Die festgestellte quantitative Leistungsminderung sei nicht ausreichend begründet und nicht nachvollziehbar.
Die Beklagte lehnte daraufhin mit streitgegenständlichem Bescheid vom 05.06.2009 eine Rentengewährung ab. Hiergegen wurde mit der Begründung Widerspruch eingelegt, dass der Sachverständige Dr. St. L. die Klägerin herabwürdigend behandelt habe. Sie habe ihm dann ihre Schmerzen nicht mehr so mitgeteilt, wie dies erforderlich gewesen wäre. Es sei für die Klägerin unfassbar, dass der Sachverständige ihre gesundheitliche Verfassung - unter der sie sehr leide - einem schauspielerischen Talent zuordne. Vorgelegt wurden weitere Arztbriefe der Klägerin sowie ein Bescheid des Zentrum Bayern Familie und Soziales - ZBFS - Region Mittelfranken vom 27.11.2008, wonach der Klägerin ab 31.10.2008 ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 zuerkannt wurde. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchbescheid vom 06.10.2009 als unbegründet zurück. Aus dem zusätzlich eingeholten Befundbericht des behandelnden Orthopäden Dr. H. vom 29.07.2009 hätten sich keine neuen Erkenntnisse ergeben. Die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung qualitativer Leistungen noch mindestens sechs Stunden täglich tätig sein. Ebenso sei ihre letzte versicherungspflichtige Tätigkeit als Industriekauffrau noch mindestens sechs Stun...