Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. unzulässige Klage. Beigeladene. potenzielle Schädigerin. Feststellung eines Arbeitsunfalls. keine Prozessführungsbefugnis. gesetzliche Unfallversicherung. Unfallversicherungsschutz. Wie-Beschäftigung gem § 2 Abs 2 S 1 iVm Abs 1 Nr 1 SGB 7. Handlungstendenz. eigenwirtschaftliches Interesse. fremdwirtschaftliches Interesse. freundschaftliche Beziehung. Gefälligkeit. Trockenreiten des Pferdes einer Bekannten
Leitsatz (amtlich)
Abgrenzung zwischen arbeitnehmerähnlicher Tätigkeit und Gefälligkeit bei einem Reitunfall.
Orientierungssatz
Zur Unzulässigkeit der Klage einer Beigeladenen als potenziellen Schädigerin bzw Ersatzpflichtigen auf Feststellung des Vorliegens eines Arbeitsunfalls der verunglückten Klägerin, wenn diese bereits selbst das gerichtliche Verfahren betreibt.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 10. Januar 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist das Vorliegen eines Arbeitsunfalles.
Die 1967 geborene Klägerin stürzte am 11. Juni 2001 beim Reiten des Pferdes F. der Beigeladenen und verletzte sich schwer. Ihr Bevollmächtigter erklärte am 13. November 2001 in einem Schreiben an die Privatversicherung der Beigeladenen, die Klägerin habe nicht ausschließlich in ihrem eigenen Interesse gehandelt, sondern das Pferd für die Beigeladene reiten wollen. Die Beigeladene gab in den Schreiben vom 1. Juli und 5. August 2002 an, die Klägerin und sie seien gute Bekannte, sie hätten zusammen Reitunterricht gehabt. In der Unfallanzeige vom 29. Juli 2002 gab sie an, sie habe die Klägerin, wie schon öfter, gebeten, das Pferd, das Bewegung gebraucht habe, zu reiten. Es habe sich um eine Gefälligkeit gehandelt. Bei Weigerung der Klägerin hätte sie einen anderen Reiter fragen müssen.
Mit Urteil vom 30. September 2002 wies das Landgericht T. die Klage der Klägerin gegen die Beigeladene (dort: Beklagte) wegen Schadenersatz ab. Nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten habe die Klägerin im Interesse der Beigeladenen aus Gefälligkeit gehandelt, weil das Pferd bewegt werden musste. Der Ausritt habe daher nicht nur der Wahrnehmung des Reithobbys gedient, sondern sei als Arbeitsunfall zu werten. Die Berufung der Klägerin wies das Oberlandesgericht M. mit Urteil vom 30. April 2003 zurück. Die Klägerin habe zwar eingewandt, sie habe das Pferd vorwiegend zum eigenen Vergnügen bewegt. Dies stehe aber der objektiven Zielsetzung der Tätigkeit, nämlich dem Tier Bewegung zu verschaffen, nicht entgegen. Die Handlungstendenz der Klägerin sei in erster Linie dahin gegangen, den Zwecken der Beigeladenen zu dienen. Der BGH hob die Urteile wegen Vorgreiflichkeit der sozialgerichtlichen Entscheidung gemäß § 108 des Siebten Sozialgesetzbuches (SGB VII) auf.
Die Klägerin erklärte im Schreiben vom 28. August 2003, der Unfallritt habe maßgeblich dem Interesse der Beigeladenen als Pferdehalterin gedient, die sie gebeten habe, das Pferd zu bewegen. Die Klägerin übersandte das Protokoll des Landgerichts T. vom 30. September 2002. Darin gab die Klägerin an, neben den Reitstunden habe sie ab und zu das Pferd S. der Beigeladenen geritten und zwar zwischen Juni und August 2000 circa achtmal. Die Beigeladene habe sie jeweils darum gebeten, da sie nach der anstrengenden Reitstunde das Pferd nicht trocken reiten wollte. Das Pferd F. habe die Beigeladene im April 2001 gekauft. Nach 3-4 Wochen habe sie auch dieses Pferd geritten und zwar insgesamt etwa zehnmal bis zum Unfall. Manchmal habe die Beigeladene gebeten, dass sie das Pferd reite, manchmal habe sie es ihr auch angeboten. Die Beigeladene gab an, sie habe die Klägerin immer zur Reitstunde im Auto mitgenommen. Am Unfalltag hätten sie gewusst, dass die Reitstunde ausfällt, aber auch gewusst, dass das Pferd bewegt werden müsse. Sie habe die Klägerin "bekniet", dass sie reite, da sie selbst sich nicht wohl gefühlt habe.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 23. September 2003 die Entschädigung des Unfalls ab, da ein Arbeitsunfall nicht vorgelegen habe. Nach den Gesamtumständen sei davon auszugehen, dass die Klägerin das Pferd aus Eigeninteresse am Reiten bewegt habe und nicht, um eine Arbeitsleistung für die private Reittierhaltung der Beigeladenen zu erbringen. Das Motiv für das Ausreiten sei somit im eigenwirtschaftlichen Bereich der Klägerin zu sehen.
Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2003 zurück.
Sowohl die Klägerin als auch die Beigeladene erhoben Klagen zum Sozialgericht München.
Im Klageverfahren der Beigeladenen erklärte sie im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 10. Januar 2007, sie habe die Klägerin als Patientin in ihrer psychotherapeutischen Praxis kennen gelernt. Gegen Ende der Therapie hätten sie begonnen, sich anzufreunden. Sie hätten sich zum Zeitpunkt des Unfalls nahe gestanden. Die Klägerin sei stundenweise bei ihr im Haushalt tätig gewese...