Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsunfall. Versicherungsschutz. arbeitnehmerähnliche Tätigkeit. Bodenarbeit mit einem fremden Reitpferd. Stallgemeinschaft
Leitsatz (redaktionell)
Ist die zum Unfall führende Bodenarbeit mit dem fremden Pferd von der Stallgemeinschaft im Reiterhof und der Ausübung eines gemeinsamen Hobbys geprägt, handelt es sich nicht um eine nach § 2 Abs. 2 SGB VII versicherte Tätigkeit unter konkret arbeitnehmerähnlichen Umständen.
Normenkette
SGB VII § 2 Abs. 2 S. 1, § 8
Tenor
I. Auf die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 21.07.2005 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 25.04.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 29.09.2003 abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Unfall der Beigeladenen am 20.09.2001 als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen ist.
Die Klägerin ist Besitzerin eines Reitpferdes, "S.", das auf dem Reiterhof "P." in S. untergebracht ist. Die Beigeladene ist ebenfalls Eigentümerin eines Pferdes, das dort eingestellt ist.
Am 20.09.2001 führte die Beigeladene aufgrund einer zwei Tage vorher getroffenen telefonischen Vereinbarung mit der Klägerin "S." gegen 17.30 Uhr am Führstrick vom Stall auf den Reitplatz und anschließend mehrfach um die Reitbahn. Als sie das Pferd nach ca. zehn Minuten wieder in den Stall führen wollte, riss es sich los, schlug mit den Hufen nach hinten aus und traf die Beigeladene im Gesicht. Diese erlitt eine komplette Trümmerfraktur des Mittelgesichts, eine Oberkiefer-Sagittalfraktur und einen Abriss des Gesichtsschädels von der Schädelbasis.
Die Beigeladene stellte am 29.08.2002 einen Leistungsantrag bei der Beklagten. Sie trug vor, dass sie die Klägerin seit etwa sieben Jahren kenne und mit ihr Anfang September im Hinblick auf einen Umschulungskurs der Klägerin "unter Reitersleuten" vereinbart habe, dass sie deren Pferd gelegentlich bewegen werde.
Zur Aufklärung des Sachverhaltes befragte die Beklagte die Klägerin. Nach deren Angaben handelte es sich bei der Tätigkeit der Beigeladenen um eine einmalige Hilfe, die zwei Tage vor dem Unfall vereinbart worden war. Die Tätigkeit sei aus Gefälligkeit ohne Bezahlung erfolgt.
Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 25.04.2003 eine Entschädigung des Unfalles vom 20.09.2001 als Arbeitsunfall ab. Die Beigeladene habe sich bereit erklärt, das Pferd der Klägerin aufgrund der guten freundschaftlichen Beziehung gelegentlich zu bewegen. Zwei Tage vor dem Unfall sei die Bodenarbeit zwischen der Klägerin und der Beigeladenen vereinbart worden. Für derartige Tätigkeiten aufgrund familiärer oder freundschaftlicher Gefälligkeit bestehe kein Versicherungsschutz. Aufgrund der Tatsache, dass sowohl die Klägerin als auch die Beigeladene ihre Reitpferde auf dem gleichen Reiterhof untergebracht hätten und der seit vielen Jahren bestehenden guten freundschaftlichen Beziehung sei von einer so genannten Reiterkameradschaft zwischen beiden Personen auszugehen. Die kurzzeitige Bodenarbeit mit dem Reitpferd der Klägerin könne nicht als arbeitnehmerähnliche Tätigkeit für ein fremdes Unternehmen gewertet werden.
Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.09.2003 zurück. Nach dem Gesamtbild der zu beurteilenden Tätigkeit liege eine reine Gefälligkeitsleistung der Beigeladenen unter Reiterfreunden vor. Hierfür spreche vor allem die Tatsache, dass auch unter nicht befreundeten Reiterkollegen aus Gründen der Höflichkeit und der Einhaltung angenehmer Umgangsformen gewisse Hilfsdienste zum Wohle der Pferde üblich seien.
Hiergegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben und beantragt, den Bescheid vom 25.04.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.09.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Unfall der Beigeladenen vom 20.09.2001 als Arbeitsunfall anzuerkennen und die gesetzlichen Entschädigungsleistungen zu gewähren. Es sei nicht nur einmalig eine Bodenarbeit vereinbart worden sondern während der gesamten Dauer des Umschulungskurses von Oktober 2001 bis März 2002 täglich. In der mündlichen Verhandlung des SG hat die Klägerin auf Befragen erklärt, dass die Beigeladene am Unfalltag das Pferd zum ersten Mal ausgeführt habe. Klägerin und Beigeladene haben übereinstimmend angegeben, dass sie im Reitverein und in einer Stallgemeinschaft gewesen seien.
Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 21.07.2005 verurteilt, den Unfall der Beigeladenen vom 20.09.2001 als Arbeitsunfall anzuerkennen und die gesetzlichen Entschädigungsleistungen zu gewähren. Der Charakter der zum Unfall führenden Tätigkeit als freundschaftliche Hilfeleistung schließe den Versicherungsschutz nicht aus. Solange es sich nicht um einen aufgrund konkreter sozialer Beziehungen geradezu selbstverständlichen Hilfsdienst handele bestehe Versicherungsschutz. Nachdem aufgrund der übereinstimmenden Angaben der Beteiligten davon a...