Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung: Voraussetzungen der Erteilung einer Institutsermächtigung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Erteilung einer Institutsermächtigung nach § 119a SGB V setzt das Vorhandensein einer ärztlich geleiteten Abteilung voraus, d.h. das tatsächliche Vorhandensein eines Arztes. Allein der Verweis auf ein Behandlungskonzept ist nicht ausreichend.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 28.10.2015; Aktenzeichen B 6 KA 14/15 B)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 21.08.2013, Az.: S 1 KA 6/13, wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Beigeladenen zu 2) zu tragen. Die Kosten der übrigen Beigeladenen sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um eine Ermächtigung der Klägerin nach § 119a SGB V.

Die Klägerin ist eine Stiftung des öffentlichen Rechts, die nach eigenen Angaben seit mehr als 30 Jahren schwerst mehrfach behinderte blinde und sehbehinderte Kinder, Jugendliche und Erwachsene betreut, insgesamt circa 500 Personen überwiegend auch mit geistiger Behinderung. Mit mehreren Schreiben (07.11. und 06.12.2011, 10.01., 20.02., 28.03., 07.05., 19.10., 31.10., 06.11., 30.11. und 10.12.2012) beantragte die Klägerin eine Institutsermächtigung zur Teilnahme an der ambulanten ärztlichen Versorgung nach § 119a SGB V. Ärzte/innen aus der Einrichtung betreuten seit mehr als 30 Jahren die schwerst mehrfach behinderten Kinder und Jugendlichen. Nach der Schulzeit lebten erwachsene Bewohner in Wohngruppen und besuchten die Werkstatt oder Förderstätte. Alle Kinder und Jugendlichen würden gleichzeitig von Haus- und Kinderärzten betreut.

Die Ärzte im Blindeninstitut seien bisher über ein Teilungsabkommen mit dem Krankenkassen pauschal finanziert gewesen. Seitens der Krankenkassen sei dieses Teilungsabkommen nun gekündigt worden, so dass für die Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen die ärztliche Leistung wegfalle, die bisher die hausärztliche Betreuung ergänzt habe. Deshalb bestehe eine wesentliche Versorgungslücke für präventive und beratende Angebote sowie die Unterstützung und Ermöglichung kurativer Behandlungen. Diese sei jedoch weiterhin erforderlich, denn aufgrund der labilen Gesundheitssituation vieler Betreuter komme es häufig zu akuten Krisen, die eine unmittelbare ärztliche Intervention verlangten. Aufgrund der permanent labilen Gesundheitssituation bedürfe es mehrmals täglich einer Überprüfung der Vitalfunktionen, die mit den punktuell stattfindenden Hausbesuchen der niedergelassenen Vertragsärzte nicht leistbar seien. Andererseits müssten auch aufgrund akuter gesundheitlicher Krisen spontan Verordnungen angepasst werden, was nur durch den jeweiligen Institutsarzt/die Institutsärztin erfolgen könne. Aber auch aufgrund der hohen Zahl der durch Sonden ernährten Personen, dem Bedarf von schwer erkrankten Menschen mit zum Teil palliativ-medizinischer Behandlung sowie für die Sterbebegleitung sei eine ärztliche Präsenz vor Ort notwendig. Die Beratungs- und Kommunikationsfunktion zwischen der Einrichtung und den niedergelassenen Ärzten sei von großer Wichtigkeit. Nach Klinikaufenthalten und zu postoperativen Behandlungen würden die Menschen mit geistiger Behinderung und komplexen Mehrfachbehinderungen in der Regel in die Einrichtungen zurückverlegt, da bei den Reha-Einrichtungen dem besonderen Bedarf, zum Beispiel im Bereich der Kommunikation, nicht ausreichend Rechnung getragen werden könnte. Eine ärztliche Betreuung bei der Klägerin führe daher zur Vermeidung von weiteren Krankenhausaufenthalten, da die Patienten ansonsten in die Klinik zurück verlegt werden müssten. Nach dem Weggang der langjährig beschäftigten Kinderärztin (April 2012) habe man nun zum 01.10.2012 Herrn Dr. S., einen Neurologen mit der Zusatzbezeichnung Sozialmedizin und Ärztliches Qualitätsmanagement für diese Aufgabe gewinnen können, der die medizinische Abteilung leite und die fachliche Verantwortung für die medizinische Versorgung in Kooperation mit den Hausärzten trage. Er bringe aufgrund seines bisherigen beruflichen Werdeganges Erfahrung in der medizinischen Versorgung von Menschen mit Behinderung mit und absolviere die Weiterbildung "Medizin für Menschen mit geistiger Behinderung", die von der Bundesärztekammer anerkannt sei und die er im Frühjahr 2014 abschließen werde. Geplant sei die Einstellung eines zweiten Arztes, aus finanziellen Gründen könne dies jedoch erst nach Erteilung der Institutsermächtigung geschehen. Eine vollständige Aufzählung der notwendigen EBM-Ziffern sei noch nicht möglich, da diese von der jeweiligen Fachrichtung des noch einzustellenden Arztes abhängen würden.

Der Zulassungsausschuss holte Stellungnahmen der im Planungsbereich niedergelassenen Neurologen ein, die weit überwiegend im Wesentlichen durch Ankreuzen des Feldes "Ja" auf die Frage, ob eine Versorgungslücke bestehe, die beantragte Institutsermächtigung befürworteten.

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